"Solidarisierungen" mit dem PDS-Fraktionschef Porsch gegen den Stasi-Bewertungsausschuss des Sächsischen Landtages
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Sachsens PDS-Fraktionschef Peter Porsch
droht die Aberkennung seines Landtagsmandats, wenn sich der Vorwurf der
Stasi-Tätigkeit bestätigen sollte.
Dass er mit der Staatssicherheit je zusammengearbeitet haben soll, wurde von Porsch selbst immer bestritten. Er habe keine Verpflichtungserklärung unterschrieben und keine unterschriebenen Berichte angefertigt. Lediglich die Möglichkeit, dass er unwissentlich "abgeschöpft" worden sei, wird von Porsch natürlich eingeräumt. Diese Strategie ist bewährt und bekannt. Auch Manfred Stolpe behauptete erst einmal, er sei lediglich eine sogenannte "Quelle" des MfS gewesen, also vollkommen unbeteiligt "abgeschöpft" worden. Später gab IM "Sekretär" dann Entlastungszeugen an, die aber selbst in der Mehrheit inoffizielle Mitarbeiter des MfS gewesen waren. Danach gab der ehemalige Konsistorialpräsident humanitäre Gründe vor, die seine Stasi-Tätigkeit rechtfertigen sollten, doch auch sie ließen sich nicht nachweisen. Das Vorhandensein einer schriftlichen Verpflichtungserklärung ist für die Mitarbeit bei der Staatssicherheit nicht zwingend erforderlich gewesen, im Falle Porschs, dem HVA-Tätigkeit angelastet wurde, ohnehin nicht. Der Germanist und ehemalige Professor an der Uni Leipzig Porsch stammt aus Wien und war 1973 in die DDR gekommen. Infolge seiner Stasi-Tätigkeit wurde er vor einem Jahr vom Wissenschaftsministerium Sachsens fristlos entlassen. Vor drei Monaten einigte man sich jedoch auf einen Vergleich. Demnach sei Porschs Arbeitsverhältnis rückwirkend zum 31. Mai durch ordentliche Kündigung beendet worden. Zugleich ließ das Ministerium im juristischen Vergleich den Vorwurf der Stasi-Mitarbeit fallen. Verteidigen lässt sich Porsch von Peter-Michael Diestel. Dieser gehörte 1990 zu den führenden Mitgliedern der DSU, der Deutschen Sozialen Union, und wurde zum letzten DDR-Innenminister. Auch zu den Mitbegründern des (gescheiterten) "Komitees für Gerechtigkeit" gehörte das heutige CDU-Mitglied in den 90er Jahren. Die Empfehlung des zuständigen Landtags-Ausschusses nennt Diestel eine politische Entscheidung, die nicht von rechtsstaatlichen Grundsätzen getragen sei. Durch verfrühte Veröffentlichung sei das Verfahren zur "Farce" geworden. Dass die Empfehlung des Gremiums an die Öffentlichkeit gelangt sei, obwohl dessen Mitglieder zur Verschwiegenheit verpflichtet seien, beweise für ihn, "wes Geistes Kind diese Entscheidung ist". Auch Diestel wiederholte, dass Porsch zu keiner Zeit als inoffizieller Mitarbeiter der DDR-Staatssicherheit tätig gewesen sei. Die Rechte von Porsch seien auf das Gröblichste verletzt worden, denn eine Einsicht in die Akten sei erst einen Tag vor Ende der Frist für eine Stellungnahme möglich gewesen. Rechtsanwalt Peter-Michael Diestel spricht von einem "verfassungsrechtlichen Kasperletheater". Das voraussichtlich anstehende Verfahren vor dem Verfassungsgericht werde er nutzen, um das Mandat Porschs zu verteidigen. Bei der PDS stößt die Entscheidung des parlamentarischen Bewertungsausschusses auf heftige Kritik. Landesvorsitzende Cornelia Ernst erklärte, wieder werde "die Stasi-Keule gegen einen angesehenen linken Politiker" geschwungen, um "von eigenem politischen Versagen abzulenken". Der Sächsische Landtag muss nun über die Empfehlung des Bewertungsausschusses in nicht öffentlicher Sitzung beschließen. Findet sich eine Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Abgeordnetenklage, so wird beim Verfassungsgericht ein Verfahren zur Mandatsaberkennung beantragt. (Nach Paragraph 1 des Abgeordnetengesetzes Sachsens und Artikel 118 der Sächsischen Verfassung, welcher eine Abgeordnetenanklage vorsieht, wenn wegen Verstoß gegen die Menschlichkeit oder wegen einer Tätigkeit für das MfS die "fortdauernde Innehabung" des Mandats "untragbar" erscheint.) Die rechtsstaatliche Hürde ist also hoch angelegt, um so mehr verwundert die Kritik der PDS. Gerade angesichts des Wahlerfolges der Linkspartei.PDS auf Bundesebene mit Oskar Lafontaine ist das Bedienen alter Reflexe in den Medien nicht nur strategisch überaus dumm. Ob Porsch die Solidarität der PDS nun nötig hat oder nicht – in beiden Fällen bedient die PDS das mit ihr verbundene übliche Cliché, die Verbrechen von einst zu verteidigen. Auf diese Weise disqualifiziert sie sich aber selbst hinsichtlich notwendiger Kritik an den politischen Verhältnissen der Gegenwart. Neben der PDS zeigen sich auch andere mit Porsch nachdrücklich solidarisch. So ziehen gegen seinen drohenden Landtags-Ausschluss auch die sogenannten "Kundschafter des Frieden" ins politische Feld. Ehemalige Mitarbeiter des DDR-Auslandsnachrichtendienstes hatten diese Organisation gegründet, um Forderungen nach Rehabilitierung und Entschädigung für ihre Aufklärerdienste zu stellen. Ihre Begründung: "Wir haben der Sache des Friedens und des Sozialismus gedient." Das Hauptziel dieser "Kundschafter des Friedens" benennt einer ihrer Wortführer - Dieter Popp – sehr klar: "Gemeinsam treten wir gegen die Verfolgung aller Funktionsträger der DDR ein." Dabei wird auf die Solidarität hingewiesen, die sie von der PDS und der DKP erfahren. Ausdrücklich wird dabei die Position der Rechtswidrigkeit von Strafverfolgung grundsätzlich geteilt. Dem nach 1990 verabschiedeten SED-Unrechtsbereinigungsgesetz unterstellen die "Kundschafter des Friedens" eine ideologisch verengte Betrachtungsweise. Das Gesetz greife auch zum "Mittel des Völkerrechtsverstoßes". Zitat der Kundschafter: "Die ehemalige Souveränität der DDR und das angebliche SED-Unrecht machen diesen Gesetzesakt unhaltbar. Mit ihm wird der DDR das Recht eines jeden Staates abgesprochen." Die Geschichtsbetrachtung der Kundschafter ist durchaus originell. Entscheidend seien ihre vielfältigen Motivationen gewesen: "national-politische", "kommunistische", "pazifistische" und "antiimperialistische", so die Kundschafter. Wer das Wörterbuch des MfS kennt, wird hierbei (auch belustigt) einen geistigen Wandel konstatieren dürfen. Ein Ziel aber habe alle Kundschafter geeint: "Den Frieden zu erhalten!" Klar ist z.B. auch die Wertung dieser Kundschafter, wenn es um den Sturm auf das MfS-Hauptgebäude in Berlin vom 15. Januar 1990 geht: "Ohne Bedenken" habe damals das "Neue Forum" die "sogenannte Aktionskundgebung" organisiert Stellen die Kundschafter auch dabei infrage, ob das "Neue Forum" wirklich davon überzeugt war, Exzesse verhindern zu können - so antworten sie gleich selbst: "Kaum zu glauben!" Und da jegliche "Exzesse" ausblieben... stellen sie fest: Zitat: "Eine randalierende Meute rüttelte am Haupttor... dann drangen die Bürgerrechtler gewaltsam in das Gebäude ein, um anschließend die Einrichtung demolieren zu können." Die mehreren tausend Demonstranten bezeichnen die "Kundschafter des Friedens" als aufgeputschte Plünderer und Randalierer... Zur Porsch-Problematik bleibt aber festzustellen, dass außer der PDS ALLE Vertreter der sächsischen Fraktionen gegen Porsch gestimmt haben – also AUCH die SPD... Und das ist mehr als erstaunlich, wenn man bedenkt, dass in Gerhard Schröders Regierung ERSTMALS ein IM des MfS zum Bundesminister ernannt worden ist: Manfred Stolpe. |
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