|
||||||
Glauben... Glauben ist sehr wichtig. Doch glauben Sie jetzt bitte nicht, uns gehe es beim Glauben etwa um die Rettung von Eingeborenen vor bösen Kondomen, nein, (auch) daran glauben wir nicht - wir widmen uns dem zunehmenden Glauben an (Wider-)Sinn in unserem Land. Glauben ist wichtig - und Glauben macht auch Sinn. Aber Glauben bekommt man nicht geschenkt - den muss man sich nehmen. Besitzt man bspw. keine Seife, so nimmt man sich Bimsstein; ist man erwerbslos, so nimmt man den Glauben, echter Deutscher zu sein; hat man erneut weniger in der Lohntüte oder ist am 14./15. des Monats das ALG II bereits verbraucht, so nimmt man sich den Glauben an den diätetischen Sinn von Agenda 2010 und Hartz. - Man muss nur an daran GLAUBEN. Ob nun geizige RentnerInnen, Kranke, StudentInnen, ob faule Arbeitslose oder die nimmersatten ArbeiterInnen und Angestellten - bitte glauben auch Sie daran! In Deutschland ist endlich wieder ein tiefes Bedürfnis nach Glauben auch an den Sinn vorhanden. - Und nun hat der Sinn gar einen Namen bekommen: Hans Werner. Dieser Hans (mit dem Bart des Wirtschaftspropheten) besitzt eine kleine Pfarrei in München und einer großen Gemeinde - dem Ifo-Institut. Dort liest Hohepriester Sinn seine Messen und anschl.stellt er dem Faktum zum Trotze (auch dass Deutschland Exportweltmeister ist) seine apokalyptische Frage: "Ist Deutschland noch zu retten?" Das haben wir nun vom heiligen Sinn, wobei diese sinnige Sinn-Glaubensfrage auch vom Staat definiert wird. Und der Staat, das ist ja fast allen bekannt, der behandelt uns wie Dreck. Doch sei an dieser Stelle (und mglw. zur Beruhigung) darauf hingewiesen, dass man diesen Umstand nicht selten hat - bei Potentaten... gegen Ende ihrer Amtszeit. Und wie bspw. Nero zum Schluss das ganz Rom abbrannte - sind wir dann mit dem Abfackeln sozialsataatlicher Errungenschaften nicht gut bedient? Sinn-Fragen SIND Glaubensfragen. Tief-Sinn oder Sinn-Tief - das ist die Frage, wenn man beeindruckt ist; sei es von der Cristiansen-Runde oder von der BILDer-Zeitung. Auch dort geht der Glaube an die Wirtschafts-Propheten niemals verloren, erst recht nicht der Glaube an Wachstum bei sinkender Umverteilung und an die Denkdienstleister - die Hunde Hundts. Zerbricht mit ihrem Glauben an die "Neue Soziale Marktwirtschaft" und heilig "Agenda 2010" selbst der innere Frieden und zerfällt dabei die Demokratie in Scherben - so bleibt dann immer noch ein mutiges Beten. In heiligen Orten, den Wirtschaftsinstituten, halten die "Sinn"-Wirtschaftsweisen ihre Messen. Dort empfangen sie ihre Eingebungen und darauf verkünden sie ihre Prognosen. Somit konnte es nur eine erfüllte Vorsehung sein, als Kult-Prophet H. W. Sinn kürzlich gar die höchste nationale Auszeichnung erhielt - das BundesverdienstKREUZ. Vom Bundespräsidenten und CDU-Mitglied Horst Köhler verliehen und von CSU-Stoiber übergeben, erfüllt diese hohe präsidiale Würdigung des eigenen Wirtschafts-Souffleusen nicht zuletzt die ganze Glaubensbruderschaft mit großen Stolz. |
||||||
Der Glaube ist also wieder IN geworden.
Rasant nimmt der Glaube zu - und die Menschen wollen ja auch wieder glauben; also nicht nur Protestanten und Katholiken, nein, auch die jenseits aller Konfessionen Lebenden. Trotz dieser zunehmenden Glaubensdominanz stellt sich bei Einigen doch hin und wieder eine Frage, z. B.: "Glaube ich, dass die Mindestlöhne kommen - oder nicht?" Eine Mehrheit glaubt dann zu wissen, was noch immer zu glauben ist: "Natürlich kommen die Mindestlöhne nicht, denn diese sind längst schon da!“ - "Aber wo sind sie denn...?" Nun, sind sie etwa bei atheistischen Kassiererinnen oder Malern unauffindbar, so sollten sich doch einige bei den stetig weniger werden "klassischen Hochlohnbranchen" finden lassen, nicht wahr? Indes liegen die meisten Mindestlöhe auf dem Friedhof der Löhne - oder in der Kirche. In der Kirche, wo der Geist so stark ist, da ist das Fleisch billig - z. B. mittels "Ein-Euro-Jobber". Einige Gemeinde-Schäfchen wollen das noch immer nicht glauben, aber mehr als glaubwürdig ist: Erhalten "Ein-Euro-Jobber" gar einen Euro Stundenlohn, so wird (und bleibt) die Lohntüte des Herren dabei reichlich gefüllt, denn abgerechnet wird ja später. Und weil es selbst am jüngsten Tag im Weinberg des Herrn einen Flächentarifvertrag nicht geben wird, muss sich irdische Dienstleistung wieder lohnen. Und somit ist für Wachstums-Gläubige die Kirche ein sehr großes Vorbild: Mindestlohn hier auf Erden - das ist wie das Fegefeuer. Mindestlohn oder überhaupt noch Lohn für Arbeit zu bekommen, das ist allenfalls die Zukunft im Paradies (und dann vermutlich steuerfrei). Das ist die Verheißung - die himmlische. Um hingegen nicht bis zur Himmelsfahrt verharren zu müssen, riefen Gläubige inzw. einen Kreuzzug aus und dynamisch wie auch grenzwertig fundamentalistisch wird seitdem missioniert. Und natürlich können dabei um sich greifende Eigeninitiativen nicht ausbleiben, weshalb bspw. ein katholischer Student unter www.koeln.jobdumping.de eine Homepage einrichtete, die wahrlich auf eine (fast schon unglaubliche) Nächstenliebe verweist. (Und dass er bei dieser Effizienz pro Auktionsende eine stattliche Provision von bis zu 3,8 % erhält, das lässt sogleich biblisch begeisterte Hallejulias erscheinen.) |
||||||
Wenden wir uns aber nun zwei besonders irdischen Glaubensfragen zu. | ||||||
|
||||||
Schlussendlich noch ein Original vom Hohepriester Hans-Werner Sinn. - Wer es nicht versteht, sollte an seinem Verstande nicht zweifeln, denn Sinn beruft sich damit auf den Glauben an das Saysche Theorem - und das schon seit Keynes als widerlegt gilt. Aber wie gesagt, hier hilft nur GLAUBEN und SINN gibt diesen gar als Logik aus: "Länger zu arbeiten ist ungefähr dasselbe wie einen technischen Fortschritt zu haben, der die menschliche Arbeitskraft produktiver macht.
Es gibt keinen logischen Unterschied - jeder mag sich das in der Badewanne zu Hause überlegen - zwischen einer Erfindung eines Ingenieurs, der den Menschen und sein Kapital, mit dem er zusammenarbeitet, produktiver macht, und einer Verlängerung der Arbeitszeit. Den gibt es nicht.
Alles, was abläuft in der Wirtschaft, ist genau identisch.
Und wer jetzt behauptet, dass die Verlängerung der Arbeitszeit ein Problem ist, der muss auch logischerweise behaupten, dass der technische Fortschritt ein Problem ist. Was mich nur wundert ist, dass ich aus ein und demselben Mund häufig höre: Wir brauchen technischen Fortschritt, damit wir international wettbewerbsfähig sind und wieder wachsen. Aber wehe wir arbeiten länger. Das kostet Jobs. Das geht nicht. Man kann sich nicht die Wahrheit so zurechtbiegen, wie man es gerne hätte. Entweder stimmt das eine oder das andere, aber beides kann nicht gleichzeitig stimmen. Das ist eine Frage der Logik." |
||||||
drucken (pdf-format) |