Ein politischer Nachruf ohne Trauer
Als Wolfgang Clement am 13. Oktober 2000 zur Expo-Weltausstellung in Hannover souverän und selbstbewusst mehreren Jugendlichen den Stinkefinger zeigte, da war noch kaum absehbar, dass er sich heute - 5 Jahre später - über das Niveau der SPD beschweren könnte.
Kürzlich bemerkte Clement im Phoenix-Interview: "Stilfragen sind nicht die Stärke der SPD."
Wer nun denken mag, dass Clements Erkenntnis über die SPD einem tieferen Hintergunde entspänge, sieht sich getäuscht.
Ein Gekränkter sieht sich in der Auswahl für die große Koalition vergessen. Erst kurz vor der Presse wurde ihm mitgeteilt, dass seine politische Karriere ihren Schlusspunkt gefunden hat.

Wären von Clements politischem Treiben nicht so viele Menschen betroffen, könnte uns sein Jammern und Klagen über mangelnden Stil in der SPD köstlich belustigen.
In den vergangenen Jahren vermochte sein Freund Gerhard Schröder, nachhaltig den "Stil" der SPD zu prägen. Der scheidende Kanzler schöpfte sein Vokabular tief aus dem Vulgären. An "Ihr kotzt mich an!", "Basta!" oder "Euch mach ich fertig!" sei dezent erinnert.

Wen man schon öffentlich so hören kann, wer möchte dessen Stil gar privat vernehmen müssen? – Wir ahnen das Gähnen der Gosse und das Schäumen von Abschaum. Sollten wir förderhin zu Fragen des Stiles in der SPD schweigen? Nein, wir werden darauf zurückkommen.

Doch zurück zu Clement. Immerhin, seine Polit-Karriere dürfte nun ein Ende finden. Er enttäuscht uns auch jetzt nicht, denn er verabschiedet sich von der politischen Bühne nicht ohne Sozialhetzte.

Was ficht es einen Clement an, dass es für seine Diffamierungs-Kampagne keinerlei Nachweis gibt? Solange es keinen Hausarrest für erwerbslose Menschen gibt, müssen sie nicht ans Telefon gehen. Fragwürdig bleibt überdies, wie Clement nachweisen will, wieviele Menschen je angerufen worden sein sollten?
Alarmierend ist allein, wie gutgläubig auch seriöse Medien die schier unprüfbaren Behauptungen des einstigen Superministers noch wiedergeben.

Folgt einer erstaunlichen Polit-Karriere noch eine Dank-Funktion von Gnaden der Privatwirtschaft?
Das wäre so wunderlich nicht. Apropos "wunderlich". Clement konnte sich in der Öffentlichkeit zwar medial als schneidiger "Macher" und kerniger "Anpacker" positionieren und eine steile Karriere vorweisen. - Doch wunderlich an ihr ist lediglich das unaufhörliche Hinaufpurzeln trotz aller Niederlagen.

Wenden wir daher einmal den Blick auf diesen bemerkenswerten Lebenslauf:
Wolfgang Clement kam 1940 als Sohn von streng römisch-katholischen Eltern zur Welt.
Nach dem Abitur und neben seinem Studium der Rechtswissenschaften volontierte er als politischer Redakteur bei der “Westfälischen Rundschau”. Die Zeitung gehört zum Medienkonglomerat der SPD. Als Clement erst mit 30 Jahren beschließt Sozialdemokrat zu werden, hat er nun das richtige Parteibuch in seiner Tasche, um Chefredakteur der “Westfälischen” zu werden. Schnell machte er sich Freunde, zu denen vor allem Johannes Rau gehört, der lange sein Mentor bleibt.
Während viele Karrieren - zumindest zeitweise - auf Wahlerfolgen, auf Fachkompetenz und politischer Durchsetzung gründen, lässt sich Clements Werdegang eher so charakterisieren: Niederlagen ebneten seinen Weg nach oben.
1981 wird er in Bonn Sprecher der Bundes-SPD, vier Jahre später stellvertretender Geschäftsführer dazu. Das ist ein Novum in der Arbeiterpartei und sorgt für Aufsehen. Aber nach teils katastrophalen Wahlniederlagen und herben Stimmenverlusten in Bayern (12. 10. 1986: 27,5 Prozent) und Hamburg (11. 11. 1986: 41 Prozent) tritt der Newcomer zurück. Er stürzt und wird sofort aufgefangen.
Als Johannes Rau 1987 ins Rennen um die Bundeskanzlerschaft geschickt wird, beruft er Clement zu seinem Berater. Der Kandidat Rau scheitert, aber sein Berater erhält den Chefredakteursposten des “Hamburger Abendblatts”, dessen Auflage danach jäh abstürzt.
Noch einmal federt Partei-Freund Rau in Düsseldorf den Fall ab und kürt Clement zum Leiter der Staatskanzlei. Von dieser Position aus kann Clement ein Netzwerk aufbauen und dem Ziel entgegenarbeiten, eines Tages den Landesvater zu beerben. Politisch gibt es kaum ein Thema, das er nicht zu besetzen versucht. Er tritt vehement gegen einen Umzug von Bonn nach Berlin ein, engagiert sich für den Aufbau des Privatsenders “VOX”, der bald darauf in die Krise strauchelt. Er streitet mit beliebig wechselnden Positionen über Medien-, Energie-, Wirtschafts- und Strukturpolitik. Schließlich wird er infolge des Wahlsieges der SPD auf Bundesebene von 1998 und des Rückzuges von Johannes Rau zur Nummer Eins in Nordrhein-Westfalen.
Bereits im ersten Amtsjahr als Ministerpräsident erfährt Clement eine herbe Niederlage, als er das Innen- und Justizressort zusammenlegt. Prompt kritisieren Richterverband und Anwaltskammern diese Entscheidung, da die Judikative autonom bleiben müsse gegenüber dem polizeilichen Apparat. Dem Regierungschef, der sich - aufgrund seines 1965 in Münster abgelegten ersten juristischen Staatsexamens - oft seiner Sachkenntnisse in puncto Recht und Gesetz rühmt, fehlt das Verständnis für Gewaltenteilung.
Danach will Clement das Wissenschafts- und Schulministerium zusammenlegen, es wird nichts. Er verspricht, Forschung und Wirtschaft zueinander zu führen, auf dass neben jedem Labor IT-Unternehmen aus der Erde schießen, als “spinn-offs”, als Technologie-Ausgründungen wie in Amerika - geblieben ist davon nichts. Clement kündigt eine “Jahrhundertreform” an und will eine seit 125 Jahren existierende Verwaltungsstruktur ablösen. Behörden und Ämter sollen dabei - Originalton Clement – “verschlankt” und zu “Dienstleistungszentren” umgebaut werden. Stattdessen bleibt alles beim Alten, nur fügt der Landesherr regionale Planungsräte hinzu. Dem “Kommunalverband Ruhrgebiet” verschafft er mit der “Ruhr GmbH” einen unnötigen Konkurrenten. Ein eigener “Landesbetrieb Straßenbau” entsteht. Bei soviel Schaumschlägerei gehen viele in Deckung.
Überdies sorgt der umtriebige Ministerpräsident für Skandale. Zum Beispiel, als er in Verdacht gerät, Steuergelder veruntreut zu haben, während er sich für das fragwürdige Medienprojekt “High Definition Oberhausen” mächtig ins Zeug legt. Experten errechnen, die Landesregierung habe 4,35 Millionen Mark pro Arbeitsplatz ausgegeben - sprich: 109 Millionen Mark für 25 Stellen.
Doch der “Macher” denkt schon an neue Projekte wie 1999 den Transrapid. Dass die Magnetschwebebahn von der Bevölkerung abgelehnt wird, weil das Gefährt unwirtschaftlich und eine Zumutung für die Landschaft ist, ficht ihn nicht an. Mit Millionenaufwand betreibt er auf Staatskosten Propaganda; er lässt Plakate kleben, die für den Hochgeschwindigkeitszug werben: Arbeitsplätze und Wirtschaftsaufschwung! - Er scheitert abermals. Das Metro-Rapid-Projekt gilt als Flop.
Zu schlechter Letzt erlebt er das Ende des Traditionsunternehmens Babcock Borsig, dem er einst versichert hatte, die Insolvenz zu verhindern. Nur weg aus Düsseldorf mag sich der Ministerpräsident gedacht haben. Und nach dieser Pleite meldet sich zu Clements Glück Bundeskanzler Schröder. Von nun an wird er im Bundeskabinett eine bedeutende Rolle als “Superminister” spielen.
Lange genießt er dann, was die Zeitungen in den Monaten nach seinem Antritt in Berlin über ihn schreiben. Clement beabsichtige, den Arbeitsmarkt umzukrempeln, frischen Wind in die Segel der Wirtschaft zu pusten. Clement dieses, Clement jenes. Krampfhaft versucht sein Ministerium, die Einführung der sogenannten Minijobs als Erfolg zu verkaufen. Dabei nimmt die Arbeitslosigkeit nicht ab, und im Osten des Landes kann ein minimaler Verdienst von maximal 400 Euro der Krise nichts anhaben.
Als “Wir-sind-die-Neue-Mitte”-Sozialdemokrat passt Clement Schröder ins rechte Konzept. Und die Medien lieben ihn, weil er ihnen nach dem Rezept “Die Hoffnung nährt sich aus der Hoffnung” gute Nachrichten beschert. Dennoch: die Stimmung kippt.
Über Wochen erzählte die Presse Geschichten über die dubiosen Machenschaften des einstigen NRW-Landesfürsten. Der Wirtschaftsminister gilt als aufbrausend und jähzornig. Mitarbeiter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit in der Berliner Scharnhorststraße können ein Lied davon singen. Wenn ihn die alten NRW-Geschichten einholten, in denen es um “Vetternwirtschaft” und “unsaubere Geschäfte” geht, trat er besonders gereizt auf. Die Medien erinnerten an die vielen Pleiten, die Clement in seinem Land hinterlassen hatte …
Einmal beschimpfte er bei einer Pressefahrt ein Team des WDR, “Drecksjournalismus” zu betreiben. Die Redakteure hatten immer wieder wegen dubioser Finanzaktionen beim NRW-Medienpark nachgehakt. Clements Tobsuchtsanfall wurde ungeschnitten ausgestrahlt. Das traf.
Seither versuchte Clement auf Stil zu achten und versuchte den Nachdenklichen zu spielen – einen Mann, der Visionen hat. Dabei schaut er sein Publikum an, mit diesen Augen, über denen Schlupflider hängen. Ruhig sagt er: “Sie müssen mal sehen, was die in Amerika alles machen, wie die uns voraus sind.” Pause. Nachdenklichkeit. “In der Biotechnologie, der Genforschung, der Militärtechnologie, die auch auf andere Gebiete ausstrahlt.” Pause. “Deutschland muss wieder da hinkommen, dass wir führend werden auf den Gebieten von Forschung und Entwicklung.” - Die Augen schließen sich. Der Zeigefinger tippt an die Schläfe. “Ich will, dass wir alle wieder flexibler werden, und der Arbeitsmarkt modernisiert wird.” …
Als bekannt wurde, dass Clement in seinem Ministerium zehn Millionen Euro für eine Initiative eingeplant hatte, sagten seine Mitarbeiter: “Damit will er die Republik überrennen und Kritikern seiner Politik die Luft zum Atmen nehmen”. Ja, in Propaganda ist der Minister groß.
Nur in einer Bundespressekonferenz verlor der Minister noch die Fassung. Bei der Frage eines Journalisten nach dem NRW-Untersuchungsausschuss entgegenete er: “Nehmen Sie endlich zur Kenntnis, dass ich Wert lege auf mein Ansehen, dass ich nicht in Kauf nehme, dass mir persönlich Vergehen zur Last gelegt werden.” Zornig verlies er den Raum.

Für diejenigen Menschen, die die Folgen von Clements politischem Treiben im täglichen Kampfe ums Überleben spüren, ist sein Abschied gewiss ein geringer Trost.
Wir möchten aber abschließend an fünf besondere Sternstunden Wolfgang Clement erinnern. Das Augenmerk gilt seinen Bereicherungen des politischen Stils.

  1. Am 16. Juni 2003 wurde "TeamArbeit für Deutschland" von Clement gegründet. Diese Initiative nutzte er als persönliche Propaganda-Plattform. Zugleich diente sie ihm als Ergänzung zur "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft", die sich der neoliberalen Propaganda nahe der CDU\CSU verschrieben hat. Mit der Übernahme des Amtes des Bundesministers stellte Clement seine Arbeit für die "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" zwar schnell ein, doch ließ er "TeamArbeit für Deutschland" inhaltlich in gleicher Richtung engagieren, um unentwegt die "Notwendigkeiten von Reformen" zu propagieren wie "Agenda 2010" oder "Hartz I – IV".
    "TeamArbeit"-MUT-Aufrufe zu Billigstjobs oder zum Glauben an "Ich" folgten.
    Auch unkonventionelle Wege beschritt der Superminister: Jeannine Glei z. B, zu jenem Zeitpunkt einer breiteren Öffentlichkeit aus "Big-Brother" bekannt, machte Clement entschlossen zu einer "TeamArbeiterin". Sie musste zwar den Big-Brother-Container verlassen und ging bei der 1-Million-Siegprämie leer aus - doch als frisch-gebackene "TeamArbeiterin" Clements wurde sie zum öffentlichen "Hartz-IV-Model" geadelt.
    Im Gegensatz zu ihrem Chef und Mentor Clement verstand es aber Jeannine Glei, die Menschen bei den zwingend erforderlichen Reformen mitzunehmen. Zitat Jeannines: "fünf Mal hintereinander aufregenden, wilden und einfallsreichen Sex!"
    Während der bekennende Katholik und vom Papst faszinierte Wolfgang Clement durch "TeamArbeit für Deutschland" also Millionen an Steuergeldern verpulverte, strippte "TeamArbeiterin" Jeannine Glei vorzugsweise im Nonnenkostüm zum Lied "Ave Maria".
    Die BILD-Zeitung zeigte sich über diese Auflösung des "Reformstaus" begeistert - sie titelte: "Mal sexy und schamlos, mal seriös und sittsam - eine Frau mit vielen Qualifikationen - Container-Luder Jeannine wirbt für Bundesregierung!"
  2. Eine weitere Sternstunde Clements folgte am 7. Oktober 2003, als er als Studiogast in der Sendung bei "Maischberger" Platz nahm. Dort wurde unter anderem gefragt, wie sich wohl die sogenannten "Reformen" bei der Bundestagswahl auswirken könnten.
    Clement ließ sich zur Erklärung hinreißen, im Falle seiner Arbeitslosigkeit – also nach seiner Abwahl – hätte er keinerlei Probleme, Bockwürste zu verkaufen.
  3. Auch der 6. August 2004 verdient Beachtung. Seit Wochen (in Leipzig bereits seit Juli 2003) demonstrierten die Menschen gegen die Konter-Reformen. Schon im Jahre 1989 hatten viele dieser Menschen an den Montagsdemonstrationen teilgenommen, um demokratische Grundrechte zu erkämpfen. – 15 Jahre später demonstrierten sie nun zu deren Verteidigung. Clement – er sah sich in seinem Sommerurlaub empfindlich gestört – pöbelte los: "Der Skandal ist nicht die Arbeitsmarktreform, sondern die Arbeitslosigkeit und die Gewöhnung an sie…" und weiter im Zitat: "Der Name ist eine Beleidigung der historischen Montagsdemonstration der Wendezeit!"
  4. Am 8. Oktober 2005 startete Clement seine niederträchtigste Kampagne. Die Nahrungsmittelmesse in Köln bot eine Eröffnungsveranstaltung mit Fischhäppchen, Schinken und andere Delikatessen. Dazu wurden Schokolebkuchen, Sekt oder Cocktails gereicht. Der Superminister hielt in seinem kulinarischen Rundgang vor einem riesigen Plakate inne, sodass hinter ihm zu lesen stand: "Heute schon gelöffelt?"
    Clement ließ sich nun von einem Koch eine gefüllte Suppenschüssel geben und begann zu löffeln. Als er sich sicher wähnen durfte, dass alle Kameras auf ihn gerichtet waren, unterbrach er seine Löffelei und hob zur Hetze gegen erwerbslose Menschen an.
    In der politischen Ikonographie ist dieses Bild nicht neu. Es weckt Assoziationen, denn einst positionierten sich Nazi-Bonzen zum Spendenaufruf des Winterhilfswerkes, um eine Suppe zu löffeln.
    Gegen Clement wurden inzwischen vielfach Strafanzeigen wegen Volksverhetzung gestellt, denn seinem Kampagnenstart ließ er einen "Report" folgen, in dem Arbeitslose als "Parasiten" bezeichnet worden sind.
    In der Nazi-Ideologie wurde mit dem Begriff "Parasiten" das "Ungeziefer am Volkskörper" bezeichnet, dessen Vernichtung als gerechtfertigt galt.
  5. Eine vermeintliche Reform Clements, die wohl am besten propagierte, richtet sich gegen die Jugendlichen. Gemeint ist die sogenannte "Reform des Ausbildungsmarktes", welche mit großem Brimborium eingeläutet wurde. Unter anderem ist in diesem Zusammenhang die Änderung des "Berufsbildungsgesetzes" beschlossen worden, wobei Clement mit der Zusage daher kam, jeder Jugendliche werde künftig eine Ausbildungsstelle erhalten. Die Entwicklung jedoch, die der Ausbildungsmarkt genommen hat, überstieg die schlimmsten Befürchtungen. Fast jegliche Standards wurden beseitigt, und die Qualität einer Ausbildung ist nicht mehr das Gütezeichen. Der Nachweis von Kompetenz ist für die Ausbilder nicht mehr erforderlich. Heute kann praktisch jeder, der sich als Unternehmer ausgibt, eine Lizenz als Ausbilder erhalten – und doch ist nicht einmal das Problem der Quantität gelöst. Kontinuierlich steigen somit die Meldungen, dass Azubis immer mehr für mindere Tätigkeiten oder gar private Einsätze herhalten müssen. Die Auswüchse dieser Clement-Reform sind so verheerend, dass hierbei fast untergeht, dass immer mehr Azubis unentgeltlich diese Tätigkeiten erwirtschaften müssen. Doch ist eine Gegenwehr der Jugendlichen kaum möglich – auch sie wurden durch die rot-grünen Konter-Reformen dieser Möglichkeit beraubt. Alle, die keinen Ausbildungsplatz vorweisen, können in 1-Euro-Jobs hineingepresst werden. Frühzeitig erfahren frühzeitig sie somit die völlige Entwertung von Arbeit - und ihrer selbst.
    Clements vor fünf Jahren gegen Jugendliche erhobener Stinkefinger muss als ernste symbolische Ankündigung seiner Politik verstanden werden.
Abschließend stellt sich die Frage, wen der "Superminister", der sich stets energisch gegen Mindestlöhne, Ausbildungsplatzumlage, Bürgerversicherung oder eine stärkere Besteuerung von Millionären stark machte, von seinen Reformen hat überzeugen können.
Im Phoenix-Interview vom 21. Oktober 2005 bemerkte Clement auf die Frage, ob seine Frau ihn je politisch beraten hätte: "Sie gibt keine Ratschläge, erst recht keine öffentlichen, was die Politik angeht."
Wolfgang Clement muss dabei einen Aussetzer gehabt haben. - Wenn er jemanden von seinen "Reformen" hat überzeugen können, dann seine Frau.
Karin Clement, die nach ihrer mittleren Reife im Leben bisher sechs Jahre beruflich als Au-pair in den USA und als Sekretärin gearbeitet hat, richtete sich im März 2005 an die 6 Millionen Erwerbslosen: "Wer einen Job wirklich will, der kriegt ihn auch."
 

In einem Lande mit solchen Eliten dürften die Diskussionen an den Stammtischen durchaus gehaltvoller sein.

Wenngleich wir uns in diesem politischen Nachruf der Verachtung nicht zu enthalten vermochten, so möchten wir dem Bundesminister mit dem erhobenen Mittelfinger doch in einem einzigen Punkte Zustimmung zollen: Stilfragen sind wahrlich nicht die Stärke der SPD. - Doch fragen wir uns aber - und dies nachdenklich, also ohne jegliche Häme: Worin überhaupt liegt noch eine Stärke der SPD?

Quelle des kursiv gesetzten Textes: Ost-West-Wochenzeitung "Freitag" Nr.: 32 (01.08.2003)
drucken (pdf-format)