"Der Polizeieinsatz am 30.September war rechtswidrig"
Freiburger Rechtswissenschaftler beeindruckt im Untersuchungsausschuss
Am 17.12. 2010 trat der Freiburger Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Ralf Poscher im Untersuchungsausschuss als Sachverständiger auf. Die Grünen hatten diesen Sachverständigen vorgeschlagen, um wesentliche Informationen über das Demonstrations- und Versammlungsrecht , die dazu gehörige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die Zulässigkeit von Sitzblockaden und das Verhältnis von Versammlungsrecht zu Polizeirecht in die Ausschuss-Arbeit und insbesondere für die Öffentlichkeit einfließen zu lassen. ["Der Polizeieinsatz am 30.September war rechtswidrig" weiterlesen »]
Bei dem blutigen Einsatz im Stuttgarter Schlossgarten wurde auch die umstrittene bayerische Polizei-Spezialeinheit USK eingesetzt. Hat sie der Ministerpräsident geholt?
Jetzt ist es amtlich: Die Polizei lässt Stuttgart-21-Gegner bespitzeln! Im Untersuchungs-Ausschuss zum Polizei-Einsatz im Schlossgarten entdeckte dies Grünen-Obmann Uli Sckerl (59) in einem Gesprächs-Protokoll der Einsatzleitung.
[I]n der kurzsichtigen Machbar-keitsperspektive des Schlichtungsspektakels hatten (...) Zukunftsfragen keinen Platz. Das ist die eigentliche Niederlage der Gegner und letztlich aller Bürger, auch wenn das vielen derzeit nicht bewusst sein mag. Die deutschen Regierungsparteien finden es offensichtlich nicht pervers, mit einem Drittel Kinderarmut zu leben und gleichzeitig Milliarden in ein Verkehrsprojekt zu stecken, mit denen für, sagen wir: 50 Jahre dieser gesellschaftliche Schandfleck getilgt werden könnte. Was für ein inspirierendes Zukunftsprojekt könnte das sein! Eine Regierung, die sich für diesen Zustand nicht schämt ("Investitionen in Kinder sind Investitionen in unsere Zukunft" - haben nicht die Merkels, von der Leyens und tutti quanti immer wieder so getönt?), und statt dessen einem Stuttgart 21 Vorrang gibt, verdient nichts als Verachtung.
Die Verantwortung für die durch Stuttgart 21 repräsentativ vorgegebene epochale Fehlorientierung liegt bei der politischen Klasse, die sich ohne Not die faustisch blinde Fortschrittsvision der Bahn-Technokraten zu eigen gemacht hat - von den Stuttgarter Gemeinderäten über die baden-württembergischen Landesplaner und Abgeordneten bis hin zur Bundeskanzlerin, ja, auch bis hin zum so gelobten Heiner Geißler. Der muss gewusst haben, was er tat, als er das eindrucksvolle bürgerliche Engagement für eine andere Zukunftsfähigkeit Deutschlands, das idealistische, aber keineswegs weltfremde politische Potential Zehntausender auflaufen ließ und realpolitisch düpierte. Und das soll ein Sieg der Demokratie gewesen sein?
Eine seltsame Rechnung
Die Empörung ist groß: Der Rückkauf des heimischen Energieversorgers EnBW wird für Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Mappus viel teurer als angegeben.
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Geißler verdreht Kant Bin ich eigentlich der einzige Mensch in ganz Deutschland, der sich darüber aufregt, dass Heiner Geißler am 30. November 2010 Immanuel Kant nicht nur falsch zitiert hat, sondern seine ganze Philosophie dreist ins Gegenteil verkehrt hat?
»Widerstand plus«
Bei der letzten Großdemo in diesem Jahr gegen »Stuttgart 21« gingen am Sonnabend nochmal Zehntausende auf die Straße. Während die Polizei von immerhin 16000 Teilnehmern sprach, zählten die Veranstalter mehr als 50000 Demonstranten. Für das kommende Jahr kündigten sie an, »Widerstand plus« zu leisten. Sie spielten damit auf die Wortschöpfung »Stuttgart 21 plus« des CDU-Politikers Heiner Geißler an, der damit die Forderung nach Nachbesserungen am baulichen Konzept verbunden hatte.
Die Stadt hatte zunächst versucht, die Kundgebung auf dem Arnulf-Klett-Platz vor dem Hauptbahnhof unter Verweis auf Verkehrsbeeinträchtigungen zu verbieten, war damit aber in zweiter Instanz vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim gescheitert.
»Mappus raus« war eine der Forderungen, die am Sonnabend immer wieder skandiert wurde. Viele hatten phantasievolle Parolen auf ihre Transparente geschrieben. So auch jener Demonstrant, der kundtat: »Nein, Mappusconi klebt nicht an seinem Stuhl – er ist der Stuhl«.
Exakt 50731 Menschen haben die 18 Zähler des Veranstalters trotz der Kälte bei der Großkundgebung gegen Stuttgart 21 am Nachmittag vor dem Hauptbahnhof der baden-württembergischen Landeshauptstadt gezählt. Diese Zahl gab Hannes Rockenbauch (SÖS) vom Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 um kurz vor 15 Uhr bekannt. Als Redner der Veranstaltung, zu der auch Teilnehmer aus der ganzen Bundesrepublik angereist waren, traten der frühere Bundestagsabgeordnete Peter Conradi (SPD), die verkehrspolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Sabine Leidig, der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer (Bündnis 90/Grüne) sowie der Kabarettist Matthias Deutschmann auf. Zur Stunde findet ein Protestmarsch durch die Stuttgarter Innenstadt statt.
Zieht euch warm an, der Widerstand gegen Stuttgart 21 lebt nicht nur, er ist sogar quietschfidel und bunt wie eh und je. Das ist die Botschaft des heutigen Tages an die Verantwortlichen des milliardenteuren Bahnprojekts.
Gleicher Preis, halbe Züge
Die Deutsche Bahn stockt ihre Winter-Reserven auf: Ausfälle und Verspätungen der letzten Saison sollen sich nicht wiederholen. Doch sie stellt nicht etwa mehr Züge zur Verfügung, nein. Sie stopft sie Fahrgäste in verkürzte ICE.
An diesem Samstag werden erneut Tausende gegen »Stuttgart 21« auf die Straße gehen. Mit dabei sind dieses Mal etliche Aktivisten aus dem ganzen Bundesgebiet, die den Kampf der Stuttgarter gegen das milliardenteure Prestigeprojekt unterstützen wollen. Denn auch nach Ende der »Schlichtung« unter Heiner Geißler gibt es allen Grund zum Protest. Nicht nur weil der Spruch des CDU-Politikers sämtliche Argumente der Kritiker des Tiefbahnhofs ignoriert. Immer deutlicher wird auch, daß die Vermittlungsaktion von Beginn an eine Farce war. Denn der Bahn-Konzern und die politisch Verantwortlichen denken gar nicht daran, sich auf irgendwelche grundsätzlichen Veränderungen einzulassen. Das hat Bahn-Chef Rüdiger Grube im aktuellen Stern erneut klargestellt.
Größere Korrekturen an den Bauplänen waren laut Grube schon zu Beginn der Schlichtungsgespräche komplett ausgeschlossen. Man müsse »den Menschen deutlich machen, daß keine grundsätzlichen Veränderungen mehr möglich sind, wenn ein Planfeststellungsbescheid vorliegt«, sagte der Ex-Daimler-Manager dem Magazin. Die Bahn werde an ihren Plänen zur Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs festhalten. Diese würden sicherlich auch im Falle eines Regierungswechsels nach den Landtagswahlen im März 2011 umgesetzt. Er sei »überzeugt, dieses Thema zu realisieren, wer immer an der Regierung ist«. Einen Hinweis darauf, daß dieser Optimismus nicht aus der Luft gegriffen ist, lieferten SPD und Grüne am Dienstag im Landtag. Beide erklärten, vor einer Volksabstimmung das Ergebnis des von Geißler verordneten »Streßtests« abwarten zu wollen. Dabei soll anhand einer Computersimulation die Leistungsfähigkeit des neuen Bahnhofs überprüft werden.
Die Resultate des Tests, mit dessen Durchführung die Schweizer Firma SMA von der Bahn beauftragt wird, scheinen aber bereits festzustehen. Die Simulation werde sicher nicht negativ ausfallen, erklärten die Sprecher von »Stuttgart 21«, Udo Andriof und Wolfgang Dietrich, in einem Gespräch mit der Südwest Presse am Donnerstag. »Sonst wäre die Bahn nicht darauf eingegangen«, sagten sie mit erstaunlicher Offenheit. Sie gaben zugleich bekannt, daß noch in diesem Jahr mit dem Bau der ICE-Trasse von Wendlingen nach Ulm begonnen werden soll. Die Hälfte dieser 60 Kilometer langen Schnellstrecke, die offiziell 2,89 Milliarden Euro kosten soll, ist als Tunnel vorgesehen. Der CDU-Politiker Andriof und der Leonberger Unternehmer Dietrich stellten zudem klar, daß die Arbeiten am Grundwassermanagement zum Bau des Tiefbahnhofs fortgesetzt werden, sobald der Boden aufgetaut ist.
Dieses Vorgehen ist um so dreister, je löchriger die Mär von der »demokratischen Legitimation« des Projekts wird. Einem Bericht der Stuttgarter Zeitung zufolge war den Planern der Bahn bereits Ende 2008 - lange vor Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung durch Bund, Land und Bahn AG - klar, daß es zu deutlichen Kostensteigerungen kommen würde. Das Blatt schreibt unter Berufung auf einen Bericht von Wirtschaftsprüfern, der sich auf vertrauliche Daten der Bahn stützt, die Fachleute hätten bereits damals Baukosten von fast vier Milliarden, inklusive der heute bekannten Planungskosten und unterstellter Inflation sogar rund fünf Milliarden Euro errechnet. Der in der Finanzierungsvereinbarung vorgesehene »Risikofonds« von 1,45 Milliarden Euro war zu diesem Zeitpunkt demnach bereits verplant, die definierte Obergrenze von 4,5 Milliarden Euro - deren Überschreiten einen Ausstieg gestattet hätte - weit übertroffen.
Stadt legt Bohrloch still
Die Probebohrung am sogenannten Ameisenberg im Stuttgarter Osten, die zur Untersuchung der Grundwassersituation im Rahmen des Bahnprojekts Stuttgart 21 dienen sollte, wird endgültig eingestellt. Entsprechende Informationen der Stuttgarter Zeitung hat Baubürgermeister Matthias Hahn bestätigt: "Wir haben angeordnet, die Bohrstelle dauerhaft zu schließen."
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Spätzle mit Geschmäckle
Das "echt schwäbische Geschäft", das für den Steuerzahler "kostenneutral" abgewickelt werden sollte, hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack: Den milliardenschweren EnBW-Deal betreute ein guter Freund des Ministerpräsidenten.
Bahn soll höhere Kosten verschwiegen haben Die Bahn soll viel früher von höheren Kosten für Stuttgart 21 gewusst haben als bisher bekannt. Der "Stuttgarter Zeitung" zufolge rechneten die Planer schon Ende 2008 mit fast vier Milliarden Euro. Im Vertrag gaben sie Monate später aber noch drei Milliarden an. Die Bahn weist den Vorwurf zurück.
Eine Mail unseres Leser W.F. an die Grünen Baden Württemberg:
"Hallo und Guten Tag,
als ehemaliger Grüner - Vorstandsmitglied im KV XXX - habe ich mich natürlich auch stark in Sachen "contra Stuttgart 21? engagiert und interessiert.
Zum Ergebnis der Schlichtungsverhandlungen fand ich auf den heutigen NACHDENKSEITEN folgenden Kommentar von Jens Berger, bezogen auf einen Kommentar auf SPIEGEL ONLINE:
Anmerkung Jens Berger: Die Analyse des SPIEGEL ist nicht eben dumm, geht jedoch - bewusst oder unbewusst - davon aus, dass die Grünen mehr wollten, als ihnen der Geißler-Schiedsspruch zubilligte. Es gibt jedoch guten Grund, anzunehmen, dass den Grünen das Schlichtungsergebnis und die damit verbundene Zerreißprobe des Gegnerlagers gar nicht so ungelegen kommt. Im Gegenteil - nun stehen die Grünen formal immer noch auf der Seite der Gegner, haben aber eine erstklassige Hintertür um ihren Worten dann doch keine Taten folgen zu lassen. Wer die wachsweichen Aussagen der Südwest-Grünen zum Thema Baustopp noch im Ohr hat, mag ohnehin nicht wirklich daran glauben, dass sie S21 überhaupt ernsthaft verhindern wollen. So gesehen ist der Schlichtungsspruch eher eine Win-Win-Situtation für Mappus und die Grünen. Der einzige Verlierer ist - wie so oft - das Volk.
Hierzu hätte ich gerne Ihre Stellungnahme. Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
XXX"
Die Antwort der Grünen:
"Lieber Herr XXX,
die Schlichtung war insofern ein Erfolg, als sich Bahn und Landesregierung auf Augenhöhe mit Vertretern der Zivilgesellschaft und ihren Argumenten auseinandersetzen mussten und als es uns gelungen ist, zu zeigen, dass S21 in der geplanten Form nicht leistungsfähig ist und dass unser Alternativkonzept K21 funktioniert.
Wir haben bei unserem Landesparteitag am vergangenen Wochenende eine Resolution gefasst, in der wir einen Volksentscheid über S21 fordern und in dem wir deutlich machen, dass wir S21 weiterhin verhindern wollen. Wir sind in dieser Frage also vollkommen eindeutig positioniert. Mehr dazu: http://www.gruene-bw.de/wahl/news/article/oben-bleiben.html
Beste Grüße, XXX
XXX
Parteiorganisation/Presse- und Öffentlichkeitsarbeit "
Anmerkung Jens Berger: Wunderbar - die Grünen haben am letzten Wochenende eilig eine Resolution verfasst, in der sie sich klipp und klar (und ohne erkennbare Hintertüren) zu einem Volksentscheid über S21 im Falle einer Regierungsbeteiligung nach den Landtagswahlen bekennen. Die SPD will offensichtlich ebenfalls einen Volksentscheid. Dennoch nehme ich die Wette an, dass es zu keinem Volksentscheid kommen wird - wer hält dagegen?
Konzern-Übernahme: Mappus wickelte EnBW-Deal mit CDU-Freund ab
Es geht um ein Milliardengeschäft und eine Männerfreundschaft: Details der EnBW-Übernahme durch Baden-Württemberg stoßen bei Oppositionspolitikern auf Befremden. Denn Ministerpräsident Mappus wickelte den Deal mit der Investmentbank Morgan Stanley ab - wo ein guter Parteifreund das Sagen hat.
Stuttgart-21- Untersuchungsauschuss: "Völlig hilflos"
Der Untersuchungsausschuss zum "schwarzen Donnerstag" in Stuttgart will eine mögliche politische Einflussnahme auf die veränderte Polizeitaktik klären. Jetzt reden die Zeugen.
Kein gutes Licht warfen die Zeugen auf die Organisation der Polizei, die teilweise desorientiert gewirkt habe. "Ich hatte das Gefühl, dass es keine Koordination oder Organisation gab", sagte Klausmann-Sittler. Auch habe sie das Gefühl gehabt, dass die jungen Polizisten überfordert waren. Ihnen habe sie in die Augen geschaut: "Die taten mir zutiefst leid." Auch Schorlau sagte, die Polizei habe eher den Eindruck gemacht, als wisse sie nicht, was sie tun soll. "Es war keine Strategie zu erkennen."
Wie die Polizei teilweise auf den Einsatz eingestellt worden war, schilderte der Polizeikommissar und Gewerkschaftsfunktionär Thomas Mohr aus Mannheim. Rein mental hätten er und seine Kollegen sich auf einen Mittagsdienst eingestellt, wie die bisherigen Einsätze am Nordflügel. Erst auf der Autobahn hätten sie dann die Information über Probleme im Schlossgarten bekommen. "Und dann waren wir mitten im Geschehen." Und quasi erst auf Zuruf hätten die Polizisten erfahren, was zu tun ist.
Gewalt ausgehend von den Demonstranten konnte auch er nicht bestätigen. Es habe sich um eine "ganz normale Bürgerschaft" gehandelt und nicht um das Publikum, mit dem sie sonst bei Einsätzen mit Gewaltpotenzial zu tun hätten. "Es hat keiner gegen uns geschlagen, getreten, noch sind wir beworfen worden." Die Polizei sei "von Null auf 300 hochgefahren". Das habe ihn irritiert. Und schließlich äußert Mohr die Vermutung, die SPD und Grüne mit dem Untersuchungsausschuss beweisen möchten: Es habe nahe gelegen, "dass da irgendjemand die Hand im Spiel hat". Jeder größere Einsatz mit politischer Dimension würde normalerweise "an höchster Stelle abgeklärt".
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Erstmals über 10.000 Wohnungslose in Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg suchen mehr Wohnungslose als je zuvor Hilfe bei sozialen Einrichtungen. Wie aus einer am Freitag veröffentlichten Erhebung der Liga der freien Wohlfahrtspflege in Baden-Württemberg hervorgeht, stieg die Zahl der Hilfsbedürftigen im Land um 1,6 Prozent auf 10.065. Damit überschritt die Zahl der Menschen in Einrichtungen der Wohnungslosen- und Straffälligenhilfe im September erstmals die Marke von 10.000.
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Werter Herr Mappus!
Ich weiß zwar nicht, in welcher Parallelwelt Sie leben ...
aber es kann sich dabei eigentlich nicht um dieselbe handeln, in der sich Menschen aufhalten, die über einen funktionierenden Verstand verfügen. Wenn ich das lese, was Sie im peinlichen Propagandablättchen Stuttgarter Nachrichtengesagt haben, wird mir wirklich speiübel
Neue Proteste in Stuttgart Die Mediation ist vorbei, der Ärger bleibt: Mehrere tausend Menschen haben gegen den neuen Bahnhof und Heiner Geißlers Vorschläge demonstriert.
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Demo gegen Stuttgart 21: "Blut ist dicker als Vernunft"
In Stuttgart haben tausende Menschen gegen das Bahnhofsprojekt demonstriert. Den Schlichterspruch von Heiner Geißler finden sie "katastrophal". Viele fühlen sich hintergangen.
Mit einem "Warming Up" haben sich Gegner von "Stuttgart 21" am Samstag auf die geplante Großdemonstration am nächsten Wochenende eingestimmt. Knapp 10.000 Menschen zählten die Veranstalter beim ersten Protest nach dem Schlichterspruch zum umstrittenen Bahnprojekt. Die Polizei sprach von 3.000.
Dabei kriegten nicht nur - wie gewohnt - die Landesregierung und die Deutschen Bahn ihr Fett weg. Auch auf Vermittler Heiner Geißler und seine CDU-Mitgliedschaft zielten viele Plakate ab: "Willkommen im Club der Täuscher" oder "Blut ist dicker als Vernunft - Schäm Dich, Geißler", lauteten einige der Sprüche.
Geißler hatte sich am vergangenen Dienstag zum Ende der Schlichtung für eine Fortsetzung von "Stuttgart 21" ausgesprochen. Sollte der geplante Bahnhof einen Leistungstest nicht bestehen, sollten Verbesserungen vorgenommen werden.
Doch auf diese Verbesserungen gaben viele Demonstranten am Samstag wenig. Sobald die Vokabel "Stuttgart 21 Plus" zu hören war, kamen laute Buh-Rufe und Pfiffe. Sie fühlen sich erneut hintergangen. Eine Frau bezeichnete die Schlichtung als "Beruhigungspille", eine andere sprach von "Hinhaltetaktik", ein Mann fand den Schlichterspruch einfach nur "katastrophal". "Je länger man drüber nachdenkt, umso mehr ärgert man sich. Man fühlt sich an der Nase herumgeführt", sagte eine weitere Demonstrantin. Umso entschlossener wirkte die Protestmenge vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof, das Milliardenprojekt weiter bekämpfen zu wollen.
Stuttgarter lassen sich nicht verarschen
Auch nach dem »Schlichterspruch« zum Bahnprojekt »Stuttgart 21« sind am Samstag wieder mehrere tausend Menschen vor den Stuttgarter Hauptbahnhof gezogen. (...) Der baden-württembergische Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) erklärte am Wochenende, nach der Schlichtung gebe es »keinen Grund mehr, auf die Straße zu gehen«.
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Widerstand wieder auf der Straße
Ein Parkschützer, der die Ereignisse mit der Videokamera gefilmt hat, sagt, dass die meisten Demonstranten vor dem Neuen Schloss bereits weitergezogen waren, als die Polizei eingriff: "Eine Gruppe von rund zwölf Polizisten rannte in die Menge und zog einen Demonstranten heraus", erzählt Tilo Emmert, dabei sei eine Frau "umgeworfen worden". Baden-Württembergs Innenminister Heribert Rech (CDU) sagte nach Angaben einer Sprecherin: "Wir werden Beleidigungen und Aggressionen nicht hinnehmen, und die Polizei wird gegen jede Straftat konsequent vorgehen."
Unabhängig von diesen Vorfällen wollen die Parkschützer weiterhin mit "direkten Aktionen" gegen Stuttgart 21 kämpfen. "Wir stellen uns bewusst mit unserem Körper zwischen schützenswerte Güter und die Zerstörer", sagte ihr Sprecher Matthias von Herrmann. "Eventuelle Strafen nehmen wir dabei bewusst auf uns, da uns der Erhalt der Bäume, der Quellen und des funktionierenden Bahnhofs wichtiger sind als Geldstrafen." Am kommenden Samstag findet eine Großdemonstration statt.
Grünen-Bundesvorsitzender Cem Özdemir: Bündnis 90/Die Grünen akzeptieren den Schlichterspruch, aber sie werden alles dafür tun, damit das, was im Kleingedruckten (des Schlichterspruchs) steht, 1:1 realisiert wird.
Dieses Zitat würde ich dem alten Lateiner und Jesuiten-Schüler Heiner Geißler gern vorhalten. Seiner Schlichter-Logik kann ich nicht folgen, ja ich sehe sie sogar als unethisch an.
Illustration: Ausgabe der Metamorphosen aus dem Jahr 1632 (Quelle: Wikipedia)
Bundestag votiert gegen Baustopp bei S 21
Der Bundestag hat einen Bau- und Vergabestopp beim umstrittenen Bahnprojekt Stuttgart 21 bis zur Landtagswahl in Baden-Württemberg abgelehnt. Das Parlament stimmte damit mehrheitlich gegen einen Antrag der Linksfraktion.
Die Linken wollten die Bundesregierung auffordern, alles Notwendige zu veranlassen, damit die bundeseigene Deutsche Bahn AG bis zum 27. März alle Bau-, Abriss- und Vergabemaßnahmen einstellt. Zur Begründung ihres Antrags erklärten die Linken, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe erklärt, die Landtagswahl Ende März "wird genau die Befragung der Bürger über die Zukunft Baden-Württembergs, über Stuttgart 21 und viele andere Projekte sein". Damit bis zur Wahl keine vollendeten Tatsachen geschaffen würden, sei ein vollständiger Bau-, Abriss- und Vergabestopp erforderlich.
In namentlicher Abstimmung votierten 305 Abgeordnete gegen den Antrag und 247 dafür. Zwei Parlamentarier enthielten sich der Stimme.
Verschiedene Interpretationen einer Notiz
Hat die Landesregierung das harte Vorgehen gegen Kritiker von Stuttgart 21 vorgegeben? Die Landtags-Opposition sieht ihren Verdacht bestätigt, dass es am 30. September eine Einmischung von höchster Stelle gab.
Eine Protokollnotiz des Staatsministeriums hat im Untersuchungsausschuss des Landtags für Aufregung gesorgt. Demnach hat Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) vor dem harten Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner ein "offensives Vorgehen gegen Baumbesetzer" verlangt.
Heiner Geißler - wenig Mumm
Die Stuttgarter Tafelrunde war nur der Versuch, die Ohnmächtigen mit ihrer Niederlage zu versöhnen. Heiner Geißler hatte viel Chuzpe, aber wenig Mumm. Ein schlechteres Modell demokratischer Konfliktlösung kann es kaum geben.
Die Schlichtung in Stuttgart ist ein postdemokratisches Lehrstück. Heiner Geißler hat zwar die Kontrahenten durch seine geschickte öffentliche Mediation zum sachlichen Meinungsaustausch gebracht. Entgegen seiner Ansicht aber kann sie mitnichten als "Modell künftiger demokratischer Praxis bei Großprojekten" herhalten. So darf es sich nicht abspielen, wenn Demokratie nicht noch mehr Substanz verlieren soll.
Auf die Frage, ob dieser Typus einer öffentlichen Klärungsrunde nicht künftig die Regel sein sollte, erwiderte Geißler, der verschmitzte Fuchs: "Ich kann nicht überall sein!" Keiner weiß besser als er, dass der sachliche Gang der Dinge im Stuttgarter Rathaus in erster Linie seinem Charisma, seinem politischen Witz und seiner in Jahrzehnten angesammelten Streiterfahrung geschuldet war.
Ohne ihn hätte das sehr zäh, feindselig und unergiebig über die Bühne gehen können. Doch das ist nur ein Nebeneinwand - abgesehen davon, dass selbst dem begnadeten Vermittler am Ende der Schneid fehlte, den der Schlichterspruch gerade als Signal an die Zukunft so dringend gebraucht hätte. Geißler bewies viel Chuzpe und wenig Mumm.
Noch nicht einmal das minimale Gebot wagte er einzuhalten, nämlich Folgerichtigkeit: Bis zum Abschluss des Stresstests keinen Baustopp zu verhängen, ist ein unbegreiflicher handwerklicher und ein fataler politischer Fehler. Grotesk ist überdies sein Einwand gegen eine Volksbefragung, die er als Schlichter ebenfalls hätte verlangen können, ja nach der eigenen Logik hätte verlangen müssen. Sein Argument, das er am Donnerstag auch in dieser Zeitung wiederholte (eine Befragung des Volkes sei "völlig unverbindlich und die Bahn wäre nicht gehalten gewesen, sich daran zu orientieren"), spricht exakt gegen sein eigenes Schlichtungsverfahren!
Wie Heiner Geißler zum Medienliebling wurde
Wir haben einen neuen Helden. Er glänzt auf fast allen Titelseiten. Und es ist ausnahmsweise mal kein Sportler, sondern ein Politiker. Heiner Geißler. Soviel Prominenz hatte der frühere Generalsekretär der CDU lange nicht. So beliebt wie dieser Tage war er selten. Er hat aus der eigentlich drögen Angelegenheit eines Schlichtungsverfahrens ein Fernsehevent gemacht. Zapp über einen Mann, der vom Aufwiegler zum Besänftiger wurde.
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Die Stuttgarter Gegenvernunft
Die Niederlage, die die Protestbewegung gegen Stuttgart 21 durch den Schiedsspruch Heiner Geißlers erlitten hat, ist bitter. Sie kann aber nicht vergessen machen, welchen Einschnitt im politischen Leben der Bundesrepublik der Kampf für die Erhaltung des Stuttgarter Hauptbahnhofs bedeutet. Erst recht kann sie nicht die demokratische Perspektive verdunkeln, die sich mit diesem Kampf eröffnet.
Was am Stuttgarter Bürgerprotest hervorsticht, ist seine geradezu penetrante Vernünftigkeit. Vernünftig und von den Abrissexperten nicht zu widerlegen waren die technischen, ökologischen und ästhetischen Argumente zugunsten des bestehenden Bahnhofs. Vernünftig aber war vor allem die Verve und Genauigkeit, mittels derer die Kritiker des Neubaus die von den Befürwortern vorgelegten Schätzungen der Kosten auseinandernahmen. Sie mit Gegenrechnungen konfrontierten, die das Zahlenwerk der Bahn dem schlimmsten Vorwurf preisgaben, den man in Stuttgart und Umgebung erheben kann: mangelnde finanzielle Seriosität.
Der in Stuttgart im Lager der Bahnhofserhalter versammelte Sachverstand bestreitet den Anspruch der herrschenden Machtelite, ihre Entscheidungen auf eine überlegene Rationalität zu gründen und sich stets vom gemeinen Wohl leiten zu lassen. Für die Zukunft zu arbeiten, heißt nach diesem Anspruch, Deutschlands Position auf den internationalen Märkten durch technologische Großprojekte zu fördern. Erfindungsgeist und schöpferische Energie entzünden sich, so heißt es, erst im Verfolg solche Projekte.
Wer ein anderes Entwicklungsmodell vorschlägt, das sich von ökologischen und sozialen Rücksichten leiten lässt, gilt bestenfalls als rückwärtsgewandter Romantiker, schlimmstenfalls als Saboteur des technischen Fortschritts. ["Die Stuttgarter Gegenvernunft" weiterlesen »]
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Baumverpflanzung ist pure Propaganda
Von Ingo Kessler
"Alte Bäume zu verpflanzen, ist Unfug"
Heiner Geißler fordert, für den umstrittenen Bahnhof in Stuttgart ausschließlich kranke Bäume zu fällen, gesunde aber umzupflanzen. Ist das sinnvoll oder nur "pure Propaganda", wie Kritiker sagen?
Die Maschen des Netzes
Stuttgart 21 bleibt Symptom einer verfassungswidrigen Bahnpolitik. Statt das schnelle Reisen für alle zu demokratisieren, wird es für eine Minderheit monopolisiert
Das Trillerpfeif-Konzert und die „Lügenpack“-Rufe, die am Dienstagabend durch das Rathaus der baden-württembergischen Landeshauptstadt hallten, haben unmittelbar gezeigt, was viele Gegner von Stuttgart 21 vom Ausgang der Schlichtung halten. Tatsächlich beschränken sich die von Heiner Geißler vorgestellten Ergebnisse auf einige Verbesserungen mit Empfehlungscharakter (siehe Kasten). Was jetzt von der Spitze des Bahnkonzerns und aus den Reihen der Union als beispielhafter Erfolg gefeiert wird, lässt Stuttgart 21 das Negativsymbol deutscher Bahnpolitik bleiben. Die Proteste gegen das Milliardenprojekt werden weiter gehen. Und dafür gibt es gute Gründe.
Denn „Merkels Baustelle“ ist zugleich Ausdruck eines generellen Trends. Auf dem Weg von der Bundes- zur Börsenbahn büßen auf diese Weise immer mehr Bahnhöfe ihren Charakter als öffentliche Räume und Kulturdenkmäler ein. Während einige Hauptbahnhöfe wie in Berlin, Dresden, Köln und Leipzig zu prestigeträchtigen „Geschäftswelten mit Gleisanschluss“ umfunktioniert wurden, herrscht in den ländlichen Regionen oft Tristesse.
In den so genannten peripheren Bedienungsgebieten müssen Fahrgäste nicht selten mit bröckelnden Fassaden, von Schlaglöchern durchsiebten Bahnsteigen, zugigen Unterständen, überquellenden Mülleimern und kaum ausgeleuchteten Durchgängen vorlieb nehmen. Die zu Bundesbahnzeiten eingerichteten Bahnhofsmissionen werden aufgegeben, der private Betreiber McClean hat einen Exklusivvertrag für die Bereitstellung von Toiletten mit der Deutsche Bahn AG geschlossen, und private Sicherheitsdienste vertreiben Obdachlose. Dass alle besseren Geschichten am Bahnhof beginnen, wie es Kurt Tucholskys einmal anmerkte, kann man heute nicht mehr behaupten.
Herrenknecht doch ein Don? Tunnelbohrmaschinenhersteller Martin Herrenknecht hat vor dem Offenburger Landgericht gegen Gangolf Stocker eine juristische Schlappe einstecken müssen (siehe auch hier): Demnach darf Stocker in Zusammenhang mit den Auftragsvergaben beim umstrittenen Milliardenprojekt Stuttgart 21 weiterhin von mafiösen Strukturen sprechen, in die auch Herrenknecht verwickelt sei. Das Gericht sah Stockers Aussagen dabei vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. In politischen Auseinandersetzungen dürfe Kritik polemisch und überspitzt formuliert werden, solange die persönliche Kränkung und Herabsetzung das sachliche Anliegen nicht völlig verdränge.
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Neu im Schloßgarten
Der Schlichterspruch Heiner Geißlers, daß der unterirdische Durchgangsbahnhof in Stuttgart, wenn auch unter Auflagen und mit Verbesserungen, weitergebaut werden solle, ist faktisch ein Sieg für die Landesregierung von Baden-Württemberg und die Deutsche Bahn.
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Parkschützer Dieter Meyer:
Offener Brief
Herrn Bundesminister a.D. Dr. Heiner Geißler
Sehr geehrter Herr Dr. Geißler,
als geborener Südpfälzer aus Landau, der seit 40 Jahren in Stuttgart eine zweite Heimat gefunden hat drängt es mich dem in der Südpfalz lebenden geborenen Schwaben ein paar Gedanken mitzuteilen, die mir seit dem Abend des 30.11. keine Ruhe lassen. Ich habe nun nicht nur ein- sondern bereits zweimal darüber geschlafen, aber mein Erstaunen, ja meine Bestürzung über die Art und Weise, wie die S21-Schlichtung an diesem Tag zu Ende ging ist mittlerweile nur noch größer geworden.
Was Sie als anspruchsvolles "Demokratieexperiment" begonnen haben und was wochenlang dank Ihrer umsichtigen Führung auch wirklich ein vorbildliches neues Element unserer Demokratie hätte werden können ist in seinen letzten 4 Stunden jämmerlich gescheitert. Ja, es hat sich gar ins Gegenteil verkehrt: das aufgestaute Mißtrauen gegenüber Politik und Wirtschaft das doch mit diesem Verfahren hätte abgetragen werden sollen wurde mit diesem sogenannten Schlichterspruch auf geradezu tragische Weise bestätigt. Welche Bürgerinitiative sollte sich in Zukunft auf eine wochenlange öffentliche Diskussion "auf Augenhöhe" einlassen, wenn sie hier erlebt hat, wie die ganze Veranstaltung nur dazu diente, den Kritikern künftig den Boden ihres Protestes zu entziehen und den Herrschenden zu ihrer behaupteten rechtlichen Legitimation durch die einsame Entscheidung eines sog. Schlichters nun auch noch eine quasi moralische Berechtigung dafür zu geben, ihr Projekt wie geplant durchzuziehen und das auch noch, obwohl es gerade in diesem Verfahren der Alternative eindeutig unterlag und obwohl zu Beginn ein "ergebnisoffenes" Verfahren versprochen wurde (Zu den sog. Nachbesserungen d.h. dem "Plus" komme ich gleich noch).
Völlig unabhängig von der Position zu S21 bzw. K21 drängen sich doch dem kritischen Bürger und Beobachter dieses Vorgangs nun viele Fragen auf. Beispielsweise
Diesen offenen Brief an Herrn Dr. Geißler habe außer an ihn eben gerade auch an unsere Mitglieder der Schlichtung, die Franktionen des Bundestages, des Landtages von Baden-Württemberg, des Stuttgarter Gemeinderates sowie die Stuttgarter Zeitung verschickt.
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Das Schlichtungsmodell hat sich bestens bewährt
Es war wahrlich nicht überraschend, dass sich am Ende doch für Stuttgart 21 ausgesprochen wurde. Wer nun verblüfft tut, der ist entweder hoffnungslos hoffnungsfroh oder, plump gesagt, einfach nur naiv. Es ging nie darum, ein Bauvorhaben, das durch alle Instanzen ging, eine Baugenehmigung besaß, zur Disposition zu stellen - wichtig war denen, die die Schlichtung für eine große Chance hielten, den Protest zu kanalisieren; treffender gesagt, sofern man die Fernsehübertragung beobachtet hat: den Protest einzuschläfern.
Das ist Schlichter Geißler glänzend gelungen; die Emotionen der Straße wurden ins Kleinklein technokratischen Papierwusts verlagert. Wer anfangs noch mit Eifer für die Auflehnung gegen die politische Willkür war, der döste nun regelmäßig dahin, wenn er zusah, wie aus Papieren Ödes verlesen, rhetorische Schnippchen geschlagen und der Schlichter auf seinen Stuhl von Stunde zu Stunde buckeliger wurden. Demokratie, so konnte man fast den Eindruck gewinnen, muß zwangsläufig im Geschnarche enden. Und das ist auch gar nicht zufällig so: die große Chance des Schlichtungsverfahrens, die man immer wieder expressiv hervorhob, sie besteht nicht darin, dass auf die Belange des demonstrierenden Bürgers eingegangen wird: die einmalige Chance war, die Querulanten in einen linden Schlaf hinüberzuwiegen, in dem demokratische Träume geträumt werden dürfen.
Ein Scheingefecht veranstaltet, endgültige moralische Legitimation erwirkt zu haben: das war die Schlichtung! Als mehr war sie nie angesetzt. Hartmut Mehdorn spricht ungewollt ganz offen, wenn er sagt: "Wer jetzt noch demonstriert, demaskiert sich als purer Nein-Sager." - Wer jetzt noch demonstriert, wo man doch jetzt alles, wirklich alles dafür getan hat, die Demonstranten zu Wort kommen zu lassen. Demonstrant zu sein nach der Schlichtung heißt, nicht ganz demokratisch gesittet zu sein, einen querulantischen Defekt in sich zu tragen, der dringend benötigten Kompromissbereitschaft ledig zu sein. Nach der Schlichtung ist der Demonstrant unmöglich gemacht - da hat man mit ihm verhandelt und er macht unverbesserlich weiter; irgendwas stimmt mit solchen Leuten nicht, wenn sie das Demonstrationsrecht so missbrauchen. So jedenfalls kalkulierten jene, die die Schlichtung für eine besonders gute Idee hielten, schon vorher.
So ein Schlichtungsverfahren, bei dem sich ausrangierte Politiker nochmals ein Gran Anerkennung und Medienrummel abholen dürfen, ist ein Zukunftsmodell für eine Demokratie, die immer häufiger als Herrschaftssystem für Wirtschaftsinteressen zweckentfremdet wird, in der das Primat der Politik aufgegeben wurde. In einem solchen System ist nicht wesentlich, ob Prozesse vorherrschen, die politische Partizipation sichern: maßgeblich ist, dass es so aussieht, als würden alle mitreden und mitentscheiden dürfen. Eine solche Schlichtung, wie sie in Stuttgart medial aufbereitet wurde: sie wiegt in partizipative Träume; sie erstickt die Emotion und ist hernach ganz praktisch, um uneinsichtige Demonstranten moralisch kaltzustellen.
In einer Demokratie, in der sich Parteien nur farblich abstufen, in der sich die Verbandelung von Wirtschaft und Mandat immer zwangloser gestaltet, in der, kurz gesagt, der Schein von demokratischer Mitbestimmung aufrechterhalten werden soll - in so einer Demokratie ist auch das Stuttgarter Schlichtungsmodell ein großer Wurf, ein bewährtes Zukunftsmodell. Viel Geschwafel, viele wohlige Nickerchen am TV-Gerät, beharrlich unterlegt mit dem Gefühl, hier herrsche brutale Partizipation: und am Ende ein Kompromiss, der bereits vorher feststand - so macht man heute Demokratie!
Eigentlich ist dieser Saftladen ja nicht mehr geeignet für Großprojekte, die dopplekollegiale Verbindung (Ministerpräsident, CDU-Funktionär) zwischen BB-Chef Roland Koch und Stefan Mappus dürfte freilich alle Zweifel betreffs Zuverlässigkeit ausräumen. Kungeln sie noch oder bauen sie schon?
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Weitblick
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Heiner Geißler: Der Bau von Stuttgart 21 wird durchgeführt - unter neuem Namen
„Das ist ein guter Tag für Baden-Württemberg“, bedankte sich Ministerpräsident Stefan Mappus bei seinem Parteifreund Heiner Geißler gestern Abend grinsend, nachdem dieser seinen "Schiedsspruch" im Stuttgarter Rathaussaal vorgetragen hatte. Der Grund zur Freude: “Stuttgart 21“ soll weiter gebaut werden – mit einer wesentlichen Verbesserung: Das Bahnprojekt heißt ab sofort “Stuttgart 21 plus“.
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»Geschickter Schachzug«
Wie bürgerliche Blätter die Stuttgarter Schlichtungsshow bilanzieren
Stuttgart 21 - Mehrere Mitgliedsbetriebe wollen die Industrie- und Handelskammer (IHK) Ulm wegen ihrer Werbung für das Bahnprojekt Stuttgart 21 vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen verklagen. „Wir wollen den Schriftsatz spätestens nächsten Dienstag einreichen", sagte Initiator Michael Joukov am Mittwoch. „Der Hauptpunkt ist, dass wir als IHK-Mitglieder für eine Wahlkampfkampagne vereinnahmt werden." Die Kläger fordern unter anderem, dass ein rund 100 Quadratmeter großes Pro-Stuttgart-21-Banner an der Fassade der IHK abgehängt werden muss. Die Äußerungen insbesondere der IHK-Spitze seien nicht objektiv, sondern verstießen gegen den gesetzlichen Auftrag der Kammer, die Interessen ihrer Mitglieder zu vertreten, argumentieren die 14 Beteiligten. (dpa)
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Stuttgart 21 PLUS – ein raffinierter Zug, die Gegner schachmatt zu setzen
Leider haben wir wieder einmal Recht behalten: Schon zu Anfang der "Schlichtung" zu Stuttgart 21 haben wir vorausgesagt, dass es Heiner Geißler gelingen wird die Kurve zu schaffen und nicht nur den unterirdischen Bahnhof für richtig zu halten, die Gegner zu spalten und den baden-württembergischen Ministerpräsidenten und seine CDU vor einem Absturz bei der im März nächsten Jahres bevorstehenden Landtagswahl zu retten. So ist es nun gekommen.
Geißler schafft die Kurve
Der "Schlichter" hält "die Entscheidung, S 21 fortzuführen, für richtig". Er übt in seinem "Schlichterspruch" zwar heftige Kritik am bisherigen Entscheidungsverfahren, stützt sich aber bei seinem Urteil gerade wieder auf den Stand dieses Verfahrens. Für Stuttgart 21 gebe es eine Baugenehmigung für die Bahn wogegen für die Verwirklichung des Kopfbahnhofs es eben keine "ausreichenden Planungen und deshalb auch keine Planfeststellungen, also Baugenehmigung" gebe.
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Dass es diese Genehmigung gar nicht geben kann, weil ja die Entscheidung schon vor Jahren für S 21 gefallen ist und nur dafür die Verfahren in Gang gesetzt worden sind, K 21 hingegen gar nicht geprüft worden ist, und deshalb auch keine Planfeststellungen vorliegen können, dieser logische Zirkelschluss stört Geißler nicht weiter.
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Auch das zweite Argument Geißlers trägt nicht: Die Kosten für K 21 seien in der Schlichtungsrunde unterschiedlich eingeschätzt worden. Dasselbe gilt aber genauso auch für S 21. Auch für den Tiefbahnhof haben die Gegner in den Verhandlungsrunden eine völlig unterschiedliche Einschätzung gegenüber dem Bahnvorstand über die Kostenangaben vorgetragen.
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Das dritte Argument, dass nämlich ein Ausstieg (laut eigens beauftragtem Gutachter) zwischen 1 bis 1,5 Milliarden kosten würde (Geißler: „das wäre viel Geld für nichts“), beruht auf einer Vorab-Festlegung. Dass ein Ausstieg Kosten verursachen würde, war schon vor der „Schlichtung“ klar. Das war im Übrigen auch immer eines der wichtigsten Argumente der Befürworter. Wenn man auf dieses Argument abstellt, hätte man auf die „Schlichtung“ gleich verzichten können. Die Einwände der Gegner, dass mit der Verwirklichung von K 21 ein Mehrfaches dieses „Verlustes“ eingespart werden hätte können, kehrt Geißler einfach unter den Tisch.
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Das vierte Argument, dass nämlich die Risiken bei den Kosten für S 21 nicht ausreichten, um „zum jetzigen Zeitpunkt“ das Projekt doch noch zu stoppen, ist nicht mehr als eine ungesicherte Behauptung. (Die nach aller Erfahrung in der Zukunft widerlegt werden dürfte.)
Geislers Begründung für eine Fortführung von S 21 beruht also auf einem Zirkelschluss mit dem er das bisherige Planungsverfahren, das von den Gegner ja gerade kritisiert wird, als Legitimation heranzieht. Die Begründung stützt sich weiter auf eine ungleiche Behandlung der Kostenrisiken und schließlich darauf, dass eben S 21 schon so weit vorangetrieben wurde, dass ein Ausstieg zu teuer sei.
Diese Begründung zeigt nicht mehr und nicht weniger, als dass Geißler ein raffinierter Stratege ist, der es versteht, die Argumente so zu wenden, dass das, was von den Gegnern gerade kritisiert worden ist – nämlich dass bei den Planungsverfahren Alternativen gar nicht geprüft worden sind und die Entscheidungen die dabei getroffen wurden, auf nicht zutreffenden Annahmen beruhten – als Begründung für die Fortführung von S 21 herangezogen wird.
Die Befürworter von K 21 wurden also durch einen argumentativen Trick schlicht über den Tisch gezogen.
Wer hat bei der Schlichtung durch Heiner Geißler gewonnen? Auftraggeber Stefan Mappus, der das vergiftete Angebot der Grünen, Hilfe von außen zu holen, clever zu seinem Vorteil drehte. Jetzt hat sein umstrittenes Bahnhofsprojekt das Siegel des Edelvermittlers. (...)
Dann ergriff der Regierungschef den Strohhalm, dem ihm der Himmel reichte, und stellt sich voll hinter die Schlichtungsrunde unter dem weisen alten Mann. Es sah aus wie die erste Stufe einer Kapitulation, in Wahrheit war es die erste Stufe einer Machtarrondierung, der erste Schritt, überhaupt wieder politischen Boden unter die Füße zu bekommen. (...) Denn wer glaubt, diese Schlichtung habe zwischen hundertjährigen Bäumen, Gipskeuperschichten und internationalen Streckennetzen nichts als die schiere, schöne, neutrale Wahrhaftigkeit gesucht, der glaubt auch daran, dass ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss ausschließlich auf der Suche nach der Wahrheit ist. Diese Schlichterrunde war ein ungemein gut getarntes trojanisches Pferd, das Mappus hinein in die Reihen seiner Kontrahenten geschoben hat. Ein politisches Kampfinstrument.
Denn Schlichtung kommt auch von schlicht: Und schlicht und ergreifend ist es nun so, dass die Boris Palmers und andere nicht mehr Sturm laufen können gegen ein modifiziertes Stuttgart 21, das durch die Geißler-Schlichtung politisch veredelt wurde. Es wurde lang und breit und ressentimentfrei über Fürs und Widers gesprochen, und jeder, der daran teilhatte, muss jetzt die beruhigende Wirkung der Schlichtung hinnehmen. Auch wenn dieser Schlichterspruch formal gesehen nicht bindend ist, die Botschaft ist klar: Wer nun immer noch protestiert, stellt sich quasi gegen alle Spielregeln, macht sich selbst zum Außenseiter.
Anmerkung Jens Berger: Die Analyse des SPIEGEL ist nicht eben dumm, geht jedoch – bewusst oder unbewusst – davon aus, dass die Grünen mehr wollten, als ihnen der Geißler-Schiedsspruch zubilligte. Es gibt jedoch guten Grund, anzunehmen, dass den Grünen das Schlichtungsergebnis und die damit verbundene Zerreißprobe des Gegnerlagers gar nicht so ungelegen kommt. Im Gegenteil – nun stehen die Grünen formal immer noch auf der Seite der Gegner, haben aber eine erstklassige Hintertür um ihren Worten dann doch keine Taten folgen zu lassen. Wer die wachsweichen Aussagen der Südwest-Grünen zum Thema Baustopp noch im Ohr hat, mag ohnehin nicht wirklich daran glauben, dass sie S21 überhaupt ernsthaft verhindern wollen. So gesehen ist der Schlichtungsspruch eher eine Win-Win-Situtation für Mappus und die Grünen. Der einzige Verlierer ist – wie so oft – das Volk.
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Stuttgart S21 und Heiner Geißlers Schlichterspruch Heiner Geißler hat gestern das Ergebnis der Schlichtung verkündet. Nachdem er zum Beginn der Schlichtung einen Schlichterspruch ausschloss, hat er plötzlich offenbar seine Meinung geändert. Jetzt ist er in seinem Schlichterspruch für Stuttgart S21, Punkt um. So zieht man eine Seite über den Tisch. Am Ende hat er noch direkt Wahlkampf für die CDU und die Landtagswahl in Baden-Württemberg betrieben. Er ermahnte beide Parteien zum Frieden trotz der ungehinderten Fortsetzung des Bauvorhabens, um ihre Wahlchancen beim Bürger nicht zu gefährden. Also liebe Stuttgarter, geht brav nach Hause, Heiner hat gesprochen, Stuttgart 21 wird gebaut und die CDU will schließlich wiedergewählt werden.
Die Rhetorik eines Jesuiten
Die Rhetorik, eine der sieben Künste der Antike, hat die Jesuiten, die Soldaten Gottes, schon früh fasziniert. Sie gehört zum Ausbildungskanon, den Geißler auch durchlaufen hat. Wie die Sophisten leugnen auch die Jesuiten, dass es eine objektive Wahrheit gebe. Rhetorik diente daher schon immer für sie zum Zweck der Überredung anderer. Im Zuge der Gegenreformation war die katholische Kirche besonders an redegewandten Klerikern gelegen. In dieser Tradition steht auch Heiner Geißler. Im Gegensatz zu vielen Wissenschaftlern, Experten und Unternehmensvertretern beherrscht er die Kunst der volkstümlichen Rede. "So haben die Jesuiten mich zu einem Grenzgänger gemacht, der sich geistig nicht einsperren oder unreflektiert in eine Richtung drängen lässt." Damit machte er rasch die Schlichtungsgespräche zur Geißler-Show. Da die ganze Veranstaltung vorrangig dem Ziel diente, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, ging es gar nicht so sehr um Aufklärung letzter Sachfragen. Stattdessen verlieh die launige Diskussionsführung von Heiner Geißler im Pro- und Contra der streitenden Parteien ihm den Anschein der Überparteilichkeit. Mit Ironie und Witz steigerte Geißler den Unterhaltungswert seiner Show, die erstaunlich hohe Einschaltquoten im Fernsehen erzielte. Da für ihn von vornherein das Ergebnis Weiterbauen feststand, war eine fundierte Klärung auch gar nicht notwendig. Jeder durfte ja seine Argumente vortragen.
Geißler als Moderator entschied dann schnell im Verlauf des Disputs, was weiter diskutiert werden sollte, wenn es kompliziert wurde. Konstatierte er schon früh die Unvereinbarkeit beider Positionen, so hinderte es ihn dann am Ende nicht daran, sich zum Richter des Verfahrens mit seinem Schlichterspruch aufzuschwingen.
Die Methode der freien Beweisführung Rolf Bossi, der bekannte Strafverteidiger hat sich mit der Methode der freien Beweisführung in seinem Buch "Halbgötter in Schwarz" auseinandergesetzt. Damit nimmt sich der Richter das Recht heraus, in einer subjektiven Bewertung der einzelnen Fakten eine insgesamt logisch klingende Urteilsbegründung zurechtzulegen. Mithin wird hierdurch auf Methoden der Rhetorik Rekurs genommen. Widerstrebende Fakten werden ignoriert oder herab gewichtet - andere in den Vordergrund gestellt. Das ist besonders gut leistbar, wenn gilt post hoc ergo proper hoc. Man weiß was man will, man sucht nur nach einer quasi-logischen Begründung dafür. Diese Denkweise ist tief im Kirchenrecht verankert und hat auch Eingang ins deutsche Strafrecht gefunden.
So schiebt Geißler alle Argumente über eine sich abzeichnende Kostenexplosion und über gravierende Planungsmängel beiseite. Wegen bestehender Unsicherheiten über die Ergebnisse werden die Probleme unter den Tisch gekehrt. Stattdessen gilt eben das, was als Fakten bereits vorher feststand, als unverrückbar. Die Baugenehmigung für Stuttgart 21 etc. ist eine politische Entscheidung. Ob nach den Landtagswahlen oder durch einen Volksentscheid, steht nicht zur Wahl. Ergo gilt - so Geißler - pacta sunt servanda. Die Bahn darf bauen, koste was es wolle.
Die sieben Auflagen für das Projekt, die aus S21 ein S21 plus machen, sollen den Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen. Wir haben ja alle eure Forderungen zur Verbesserung von S21 übernommen, nur eben lehnt er K21 schlichtweg ab. Damit ist nun aus Sicht der CDU die Spaltung in moderate und radikale Kritiker der Bürgerbewegung gelungen. Wer jetzt noch auf einem Baustopp beharrt, gehört eben zu den Unverbesserlichen. Der Rest solle doch bitteschön an der Wahlurne die Kompromissbereitschaft der Landesregierung anerkennen. Darum wählt CDU. Vorhang zu. Die Show ist vorbei.
Die Bürger proben den Aufstand Günther Grass hat eine Bühnenbearbeitung von Shakespears Coriolan mit dem Titel "Die Plebejer proben den Aufstand" im Jahr 1966, also kurz vor Beginn der Studentenunruhen, am Berliner Schillertheater uraufgeführt. Es hat als Untertitel ein deutsches Trauerspiel. Dabei spielt eine entscheidende Rolle, dass es den Proletariern nicht gelingt, den herrschenden Adel als Machthaber zu beseitigen, da man zu sehr in den alten Ordnungsvorstellungen befangen ist. Eine Szene beinhaltete, dass demonstrierende Arbeiter aufgrund ihres Obrigkeitsdenkens selbst in ihrer Wut bei einer Demonstration sich nicht getrauten, den Rasen zu betreten, da dort ein Schild der Obrigkeit stand, der Rasen sei zu betreten verboten. Ein weiteres Highlight ist der Auftritt des Menenius Agrippa, der die rebellierenden Plebejer mit seiner Fabel vom Bauch und den Gliedern rhetorisch in die Ecke drängt und zurück nach Hause schickt. Der Protest ist zu Ende, die Revolte zusammengebrochen. Sie wagten nicht die Machtfrage zu stellen. Sie wollten nur die Obrigkeit davon überzeugen, ihren Anliegen zuzuhören.
Dieses Analogon zu den aktuellen Bürgerprotesten wurde bereits in der Presse schnell erkannt: Die Botschaft, die Bürger wollen keinen Machtwechsel und selbst die Macht in die Hand nehmen, sondern sie wollen nur gehört werden. Die Politik reagiert auf eine solche brenzlige Situation, in dem man dem Bürger alles verspricht - siehe die sieben Auflagen von Geißler - damit jetzt wieder Ruhe herrscht. Schon Konrad Adenauer wusste und sprach es aus: Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern. Was man vor der Wahl verspricht, kann man getrost nach der Wahl brechen. War ja nur ein Wahlversprechen. Gründe dafür, dass es dann anders gekommen ist, finden sich später schon zur Genüge. Wir wissen ja, Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.
Ergo
Wenn man einen Wechsel von Stuttgart 21 zu Stuttgart K21 will, dann hilft nur eines: Wählen gehen und einen Regierungswechsel herbeiführen. Die schwarz-gelbe Koalition will Stuttgart 21, ob mit oder ohne plus und koste es was es wolle. Da hilft nur ein Machtwechsel. Das ist die eigentliche Lehre aus der Geißler-Show.
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Erklärung des Aktionsbündnisses zum Schlichterspruch
... die besonders schwer wiegt, wenn diese sie nicht erkennen
Das Ergebnis der letzten Runde der Schlichtung zu Stuttgart 21 (S 21) stellt eine erhebliche Niederlage für die Bewegung gegen dieses die Stadt Stuttgart und den Bahnverkehr im Stuttgarter Raum zerstörende Großprojekt dar. Auf der anderen Seite sind die Bahn, die CDU und die Landesregierung in Stuttgart die Sieger. Grube und Mappus wussten, warum sie am Dienstag, dem 30. November 2010, dem Tag der Verkündigung des Schlichterspruchs in der Schlichterrunde Präsenz zeigen konnten. In Verkennung der Realitäten versucht das Aktionsbündnis K21 die Niederlage als einen Teilerfolg zu verkaufen. Die Erklärung des Aktionsbündnisses vom 30.11.2010 hat die ersten zwei Sätze: ?Wir haben es geschafft zu beweisen, dass K21 im ganzen Land als die bessere Alternative erkennbar wurde. Unser Konzept ist leistungsfähiger, ökologischer und finanzierbar.? Warum hat man dann bloß dem Schlichterspruch, der eben nicht K21, sondern S21 als Grundlage hat, weitgehend zugestimmt?
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Juristen zu Stuttgart 21 /Pressemitteilung 01.12.2010
Die Verfassungswidrigkeit der Finanzierungsverträge von Stuttgart 21 macht den Schlichterspruch von Heiner Geißler zur Makulatur
Der Arbeitskreis "Juristen zu Stuttgart 21" weist darauf hin, dass der Schlichterspruch zum Projekt Stuttgart 21 nicht das Problem der Verfassungswidrigkeit der Mit-Finanzierung von Bahnvorhaben durch das Land und die Stadt beheben konnte.
»Über das Grundgesetz kann man nicht verhandeln«, erläutert Rechtsanwalt Bernhard Ludwig, der Mitglied im Arbeitskreis ist und als Rechtsexperte des Bündnisses gegen Stuttgart 21 an der 7. Schlichtungssitzung am 26.11.2010 teilgenommen hatte. Zwar hat die Landesregierung im Jahr 2007 ein Gutachten von Prof. Dolde eingeholt, dass die Mitfinanzierung für zulässig erachtet. »Prof. Dolde hat ein wichtiges Gerichtsurteil übersehen, das in einem vergleichbaren Fall einen Finanzierungsvertrag zum Ausbau von Verkehrswegen für nichtig erklärt hatte und das auch seinerzeit von der Bundesrepublik durch ihre Klagerücknahme in der Berufungsinstanz akzeptiert worden ist«, kommentiert Ludwig weiter und verweist auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg aus dem Jahr 1986 (Urt. v. 16.04.1986, Az. 7 (3) A 144/82, StädteT 1986, 819).
Es sei zudem nicht nachvollziehbar, dass die Landesregierung das Gutachten des renommierten Staatsrechtlers Prof. Hans Meyer einfach ignoriere, der konkrete Fehler im Gutachten von Prof. Dolde nachweise. »Die Argumentationsschwächen des Dolde-Gutachtens sind für einen Juristen erkennbar und können auch dem Staatsministerium nicht verborgen geblieben sein«, so Ludwig, der das Dolde-Gutachten zusammen mit weiteren Juristen geprüft hat. Selbst wenn man der Argumentation Doldes folge, wäre die Mitfinanzierung der Neubaustrecke Ulm-Wendlingen nur gerechtfertigt, wenn es sich dabei zu knapp 50% um ein Projekt des Schienenpersonennahverkehrs handeln würde. Das könne bei der Magistrale Paris - Budapest als Hochgeschwindigkeitsstrecke nicht ernsthaft vertreten werden.
Ludwig weist darauf hin, dass der Bund und die Deutsche Bahn das Risiko eingehen, den verfassungswidrigen Finanzierungsanteil von Land, Stadt und Region in Höhe von über 2 Mrd. € später übernehmen zu müssen. »Das wäre ein gelungener Schwabenstreich. Das Land erkauft sich mit einer verfassungswidrigen Finanzierungszusage ein Jahrhundertprojekt und der Bund muss nachher die Kosten allein tragen. Auf die Nichtigkeit kann sich auch noch in Jahren jeder öffentliche Projektbeteiligte berufen. Das könnte bei einem Wechsel der Mehrheiten in Land, Stadt und Region schnell passieren. Auch ein Gericht könnte die Verfassungswidrigkeit feststellen, etwa bei einer Klage gegen die noch offenen Planfeststellungen.« Rechtsanwalt Ludwig und seine Kollegen aus dem Arbeitskreis "Juristen zu Stuttgart 21" empfehlen daher dringend, die verfassungsrechtliche Frage vor einem Weiterbau möglichst rechtssicher klären zu lassen. Zwar könne nur eine Gerichtsentscheidung eine verbindliche Klärung bringen. Aber auch Gutachten neutraler Verfassungsrechtler könnten das Risiko des späteren Scheiterns reduzieren.
Die "Juristen zu Stuttgart 21" sind ein unabhängiger Arbeitskreis von zurzeit etwa 30 Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, Richtern und anderen Juristen, die sich mit Rechtsfragen des Projekts Stuttgart 21 und der Neubaustrecke aus bürgerschaftlichem Engagement befassen.
"Herr Geißler, können Sie ruhig schlafen?"
Es bleibt beim Widerstand - auch gegen "S21 plus". Im Web formiert sich neuer Protest, Schauspieler Walter Sittler fordert zum Weitermachen auf. Der Stresstest der Bahn lässt derweil auf sich warten.
Keine schlichte Deutung
Mit einem Stuttgart-21-Button an der Jacke und Glühwein in der Hand standen am Dienstagabend noch mehrere Befürworter des Bahnprojekts vor dem Stuttgarter Rathaus und feierten. "So sehen Sieger aus, sha-la-la-la-la", sangen sie gemeinsam. Die Projektgegner beurteilen die Lage anders. Unmittelbar nach Geißlers Votum hat damit in Stuttgart die Schlacht um die Deutungshoheit begonnen.
Auch wenn sich im Vorfeld angedeutet hatte, dass Geißler sich nicht für den Erhalt des Kopfbahnhofes aussprechen würde, hatten sich die Gegner des Projekts mehr von dem Vermittler erwartet. Nun stehen sie als Verlierer da und müssen wieder aus der Defensive kommen.
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Mappus auf der Sieger-Straße. Oder: Der Protest gegen Stuttgart 21 ist schon halb verschaukelt
"Südwest-CDU arbeitet sich aus Umfragetief heraus. Das Ende der S-21-Schlichtung naht, die CDU in Baden-Württemberg verbessert ihre Umfragewerte." Das war am 26.11.2010 in einem Bericht von Zeit-Online über die neueste Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen/ZDF Politikbarometer zu lesen; ähnlich in einer Reihe anderer Medien. Es ist somit eingetreten, was vorhersehbar war, wenn man die Umstände der Entscheidung zur Schlichtung genauer analysierte. In den NachDenkSeiten haben wir dies am 18.10.2010 zu bedenken gegeben. Wörtlich:
„Mit der Schlichtung ist es gelungen, die Stuttgart 21-Gegner zu spalten und es wird auch gelingen, den Herrn Mappus und seine baden-württembergische CDU vor der notwendigen massiven Abstrafung und dem Absturz bei der Landtagswahl zu bewahren. Damit ist auch das wichtigste Mittel gegen den Bau von Stuttgart 21 – die Sanktion bei der anstehenden Wahl – entschärft.“
Stuttgart, 28. November 2010: Der Widerstand gegen Stuttgart 21 wurde durch die sogenannte Faktenschlichtung der letzten Wochen nicht vermindert, er hat sich neu formiert und viele bislang unbekannte Argumente gegen Stuttgart 21 erfahren. Die Gespräche unter der Leitung von Dr. Heiner Geißler haben wiederholt gezeigt, was die Projektgegner seit Langem wissen: Die Pläne für Stuttgart 21 sind in jeder Hinsicht mangelhaft. Das konnten die Betreiber von Stuttgart 21 nicht vertuschen, obwohl viele Fragen unbeantwortet blieben und obwohl die Bahn sich in zentralen Punkten weigerte, Fakten offen zu legen, allen voran bezüglich der geologischen Risiken sowie der beabsichtigten Fahrplangestaltung. Das Megaprojekt Stuttgart 21 muss gestoppt werden, jetzt erst recht! Gemeinsam mit den vielen alten und neuen Gruppen des Widerstands arbeiten die Parkschützer deshalb offensiv auf einen sofortigen und vollständigen Projektstopp hin. Insbesondere wird der Widerstand jegliche Bautätigkeit der Bahn beantworten – mit direkten Aktionen des zivilen Ungehorsams, mit Großdemos, mit Massenblockaden und mit viel Aufklärungsarbeit.
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Staatsanwalt über Polizeieinsatz: ”Den Staat nicht wiedererkannt”
Gut drei Jahrzehnte lang hat Dieter Reicherter im Justizapparat über Fragen von Recht und Unrecht mitentschieden. Am 1. September 2010 ging er als Vorsitzender einer Strafkammer am Landgericht in den Ruhestand – einen Monat später erlebte der 63-Jährige den Polizeieinsatz im Schlossgarten mit. Seitdem hat sich sein Blick auf den Staat verändert.
„Ich habe meinen Staat an diesem 30. September nicht mehr wiedererkannt. Einen solchen Einsatz hätte ich nie für möglich gehalten. Mit meinem Schreiben wollte ich erreichen, dass einige Behauptungen von Politik und Polizei widerlegt werden: Im Gegensatz zu den Rechtfertigungen nach dem Einsatz waren die Demonstranten nicht gewalttätig – und der Einsatz der Mittel gegen sie war nicht angemessen.“
Bei Abriss Aufstand: Wie der wachsende Bürgerprotest madig gemacht werden soll
Wenn dann aber doch der Druck im Kessel steigt, die Leute sich nicht mehr alles gefallen lassen und beginnen, ihre Sache selbst in die Hand zu nehmen, ist der "Spiegel" sofort zur Stelle, um die Ansätze der Gegenwehr zu ironisieren und zu verfälschen. Am 30.8.2010 erschien der Titel: "Die Dagegen-Republik. Stuttgart 21, Atomkraft, Schulreform: Bürgeraufstand gegen die Politik". Merke: Bürger, die beginnen, selbst Politik zu machen, sind nach der verdrehten und verdrehenden Logik des "Spiegel" "gegen die Politik".
Reiner Diederich war bis 2006 Professor für Soziologie und Politische Ökonomie am Fachbereich "Soziale Arbeit und Gesundheit" der Fachhochschule Frankfurt am Main. Er ist Redakteur der von Business Crime Control e.V. herausgegebenen Vierteljahreszeitschrift "BIG Business Crime" sowie Vorsitzender der Frankfurter Kunstgesellschaft. Im April 2009 moderierte Reiner Diederich eine Matinee im Dachcafé mit Albrecht Müller [PDF - 106 KB]. Reiner Diederich stellt uns einen Beitrag aus der BIG-Business-Crime-Ausgabe 04/2010 zur Verfügung.
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Milliardenprojekt Fehmarnbelt-Brücke - "Stuttgart 21" des Nordens?
Nach „Stuttgart 21" gibt es Ärger um ein weiteres Mega-Verkehrsprojekt. Die geplante Ostseebrücke über den Fehmarnbelt kostet Milliarden und ist politisch umstritten. Nun formiert sich Widerstand gegen das deutsch-dänische Bauvorhaben.
Nach Stuttgart 21 bahnt sich jetzt neuer Ärger um ein weiteres Mega-Verkehrsprojekt an, diesmal ganz im Norden der Republik: Die geplante Fehmarnbelt-Brücke erhitzt die Gemüter. Sie soll Deutschland und Dänemark über die Ostsee hinweg verbinden. Ein Jahrhundertprojekt, sagen die Befürworter. Ein Milliardengrab, sagen die Gegner. Was denn nun? Axel Svehla und Detlev Schwarzer kennen die Hintergründe.
Ein unerwarteter Empfang für die Kanzlerin. Als sie vor einigen Wochen in Lübeck vor CDU-Funktionären sprechen wollte, wurde sie vor der Halle ausgepfiffen. Die Protestbewegung gegen das größte Brückenbauprojekt Europas findet immer größeren Zulauf. Die Bürger hier sind es leid, dass die Politiker über ihre Köpfe hinweg entscheiden.
Passant
„Uns fragt keiner, auch Frau Merkel nicht.“ Passant
„Ich hatte den Eindruck, dass sie mit der Bevölkerung nicht sprechen wollten. Wir haben darauf gewartet. Wir wollten denen unsere Misere darstellen. Aber sie haben sich in ihre Limousinen gesetzt und sind davon gefahren.“
Es geht um dieses Brückenbauprojekt, für das in Hochglanz-Animationen geworben wird - 18 Kilometer lang, 280 Meter hohe Pfeiler. Das gigantische Bauwerk soll Deutschland mit Dänemark verbinden. Doch immer wieder wurde der Bau verschoben, weil die Finanzierung nicht gesichert war. Nun sollen hier 2013 die Bagger rollen. Wird dieses Idyll bald das neue Stuttgart 21?
Darüber will der Verkehrsminister lieber nicht mit uns sprechen, keine Zeit, schickt aber seinen Staatssekretär, um das Brückenbauprojekt kräftig zu loben.
Der ‘König von Markgröningen’
Über Johannes Bräuchle habe ich in diesem Blog schon oft berichtet . Mal ging es um die wenig rühmliche Vergangenheit des stets um Eskalation bemühten evangelischen Pfarrers, mal darum, dass er Stuttgart-21 -Kritiker am liebsten deportieren würde. Nun hat sich auch Christine Bilger von der Stuttgarter Zeitung mit dem scheinheiligen Geistlichen beschäftigt und weitere Details aus Bräuchles Vergangenheit enthüllt:
An der letzten Wirkungsstätte als Gemeindepfarrer waren während Johannes Bräuchles Amtszeit tiefe Gräben entstanden. Die Kirchengemeinde in Markgröningen (Kreis Ludwigsburg) brauchte lange, um sich davon zu erholen. Im zuständigen Dekanat in Ditzingen stehen dicke Ordner der Akte Bräuchle, die sich in den Jahren 1993 bis 1997 gefüllt hatten. 'Erst nach fünf Jahren sagten die Leute, die Spaltung sei vorbei', sagt Bräuchles Nachfolger in Markgröningen, Traugott Plieninger. Was damals in dem Städtchen geschah, wird von Stuttgart-21-Gegnern im Internet aufgegriffen: 'Der Hassprediger, der in kurzer Zeit seine Gemeinde in Markgröningen gespalten hat', liest man bei 'politblogger'.
Pfefferspray: Tränende Augen, Atemnot, Tod Pfefferspray ist die neue Allzweckwaffe der Polizei und gehört verboten. Das meint die Partei "Die Linke" und hat dazu ein Gutachten geschrieben. Darin nimmt sie die gesundheitlichen Auswirkungen unter die Lupe - die längst nicht nur tränende Augen sind - und stellt auch die Frage: Wann darf die Polizei laut Gesetz Pfefferspray verwenden und wann eben auch nicht?
Geissler für S21 deluxe???
Es schwant Böses heraufzuziehen. Heiner Geissler könnte am kommenden Dienstag bei seinem Schlichtungsspruch dem Wahnsinnsprojekt Stuttgart 21 noch eine Cahnce geben wollen, wenn man es optimiert. Dies würde ein Stuttgart 21 mit erheblich mehr Kosten, mindestens 1 Milliarde Euro + X, bedeuten, und wäre so ein Gau für alle Gegner des Projekts.
Geißler kündigte auch an, in seinem „Schlichterspruch“ zu den beiden Projekten „Stuttgart 21“ sowie „Kopfbahnhof 21“ ausführlich Stellung zu nehmen. Sein Vorschlag zur Schlichtung werde möglicherweise Nachbesserungen an „Stuttgart 21“ enthalten. Damit seien abermalige Mehrkosten nicht ausgeschlossen. Die oppositionellen Grünen rechnen mit Mehrkosten in Höhe von etwa einer Milliarde Euro, falls die Bahn AG alle planerischen Schwächen des neuen Durchgangsbahnhofs und der dazugehörigen neuen Gleisanlagen beseitigen würde. Außerdem enthielten die derzeitigen Kostenkalkulationen der Bahn AG nach Auffassung der Grünen immer noch „Luftbuchungen“ in Höhe von einer Milliarde.
Schwere Fehler in der Bibel?
Das wichtigste Papier für S21 bezifferte schon 2002 die Kosten auf 4,2 Milliarden Euro. Die Bahn sagt: Kleiner Fehler, gemeint seien D-Mark. Doch im Papier steht alles in Euro. Ist etwa alles falsch?
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Bahn verschwieg Kosten für S21
Interne Dokumente zeigen: Bürgern und Parlamentariern sollte mit geschönten Zahlen S21 schmackhaft gemacht werden.
Tausende auf der 53. Montagsdemo
Trotz Regen und 3 Grad Kälte kamen 12.800 Menschen zusammen, um zum 53. Mal an einem Montag gegen das Wahnsinnsprojekt Stuttgart 21 zu demonstrieren.
Frank Brettschneider oder: Wenn sich Mietmäuler zu Experten aufblasen
BILD STUTTGART lässt heute den sogenannten Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider von der Universität Hohenheim Schulnoten vergeben – und zwar für die Teilnehmer der letzten Schlichtungsrunde in der Auseinandersetzung um das Irrsinnsprojekt Stuttgart 21. Ich fasse das mal kurz zusammen
Stuttgart, 20. November 2010: Beim sechsten Gespräch zu Stuttgart 21 ging es heute um Geologie und Sicherheit. Die Runde wurde aufgrund von langwierigen Diskussionen über wichtige Themen um über zwei Stunden verlängert.
Mehrere beim Polizeieinsatz gegen Gegner von "Stuttgart 21" verletzte Demonstranten haben sich in einem offenen Brief an die Landesregierung und die Polizei gewandt. Der Polizeieinsatz am 30. September, bei dem Hunderte Menschen verletzt wurden, sei unrechtmäßig und die Wahl der Mittel unverhältnismäßig gewesen, heißt es in dem am Freitag in Stuttgart veröffentlichten Schreiben. Deshalb wurden Ministerpräsident Stefan Mappus, Innenminister Heribert Rech (beide CDU), Landespolizeipräsident Wolf Hammann und Polizeipräsident Siegfried Stumpf zum Rücktritt aufgefordert.
Zudem fordert die "Versammlung der Verletzten" in dem Brief, der von der Jugendoffensive gegen "Stuttgart 21" und den Parkschützern unterstützt wird, eine rückhaltlose Aufklärung der Geschehnisse vom 30. September. Dazu müssten auch alle Polizeivideos und Fotos von dem Einsatz veröffentlich werden. Außerdem forderten sie "angemessene Schadensersatz- und Schmerzensgeldzahlungen durch das Land Baden-Württemberg an die Verletzten und Geschädigten".
Nach Aussage der Verfasser des offenen Briefes gebe es Berichte von Verletzten, dass dem Wasser der Wasserwerfer Reizgas beigemischt worden sei. Auch unbeteiligte Passanten, die sich auf den von der Polizei zugewiesenen Ausweichflächen befunden hätten, seien "gezielt beschossen" worden, lautet ein weiterer Vorwurf. Zudem seien Verletzte nicht notfallmäßig medizinisch behandelt worden, weil die Polizei keine Rettungskräfte angefordert und dann später alarmierten Rettungskräften die Zufahrt in den Park untersagt hat.
Bildband "Sprühregen" kommt
Dass Demokratie und Meinungsfreiheit seit diesem Herbst zusammen gehören wie Park und Parkschutz, will der Fotoband „Sprühregen“ zeigen. Der engagiert kuratierte, handliche Bildband erscheint Anfang Dezember und zeigt, was die Gegner des Großbauprojektes S21 bewegt. Grob gegliedert in topologische Kategorie, haben die Herausgeber eine stark heterogene Bildauswahl zusammengetragen, um, wie sie sagen, den unterschiedlichen Motiven der Beteiligten Rechnung zu tragen. Entstanden ist eine bunte Mischung aus dokumentarischen, satirischen und künstlerischen Arbeiten, die alle durch eine Klammer zusammengehalten werden – den Wunsch nach einer lebendigen Auseinandersetzung mit den Entscheidungen einer politischen Elite, die sich von ihren Bürgern immer weiter zu entfernen scheint. ?
Die Idee zu dem Band stammt von dem Stuttgarter Künstler Peter Franck. In enger Zusammenarbeit mit dem Gestalter Jan Stoltenhoff und der Redakteurin Ann-Kathrin Stoltenhoff wurde in kurzer Zeit ein Konzept entwickelt, das sich zum einen in der bewusst gemischten Auswahl der Fotos zeigt. Zum anderen wird knapp die Hälfte des Erlöses aus dem Verkauf an das Aktionsbündnis K21 (www.kopfbahnhof-21.de/) und an Robin Wood gehen. ["Bildband "Sprühregen" kommt" weiterlesen »]
Nach unbestätigten Angaben von Radio Eriwan kniff Rüdiger Grube vor einer Stuttgart 22-Veröffentlichung. Bahnchef Grubes Begründung: Zu diesem Zeitpunkt Stuttgart 22 zu veröffentlichen wäre äußerst unklug. Meine MitstreiterInnen und ich greifen vielmehr auf die (bewährte) Salami-Taktik zurück. Um zumindest hier erst gar kein "Vermittlungsproblem" aufkeimen zu lassen, muss vorerst Stuttgart 21 durchgeknüppeltkommuniziert werden.
BWL-Lehrling Pfister meldet sich zu Wort
Deutschlands peinlichster Wirtschaftsminister, Ernst Pfister, welcher es nicht einmal hinbekommt das Wort Bruttoinlandsprodukt zu erklären, meldet sich im "Manager Magazin" zu Wort und hat außer alt bekannte Ängste zu schüren und Phrasen zu dreschen, nichts zu bieten.
Stuttgart 21: CDU und FDP verhindern Livebilder vom Polizeieinsatz-Untersuchungsausschuss
Mit ihrer Mehrheit im Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtages zum brutalen Polizeieinsatz am 30. September im Stuttgarter Schlossgarten hat die schwarz-gelbe Regierungskoalition Liveübertragungen von den Sitzungen des auf Antrag der SPD einberufenen Gremiums verhindert.
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Warnung! Terror am Bahnhof Ende November?
Innenminister Thomas de Maiziere warnte heute ausdrücklich vor Terroranschlägen in Deutschland ab Ende November. Im Blickpunkt stehen dabei auch die Bahnhöfe.
Internes Schreiben zu Stuttgart 21: Notbremse für die Neubautrasse nach Ulm
Die Aufseher vom Eisenbahn-Bundesamt ziehen einen Schlussstrich: Sie geben "vorläufig keine Baufreigaben" für die Neubaustrecke nach Ulm, Teil des Projekts Stuttgart 21. Der Grund: die Finanzierung. Allein für die Tunnels durch die Schwäbische Alb fallen 280 Millionen Euro mehr an als geplant. Die Bahn wiegelt ab
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Stuttgart und die Mafia?
Ist es ein Zufall das gerade in den letzten Wochen immer häufiger, wenn von Stuttgart 21 gesprochen oder geschrieben wird auch auf das Thema Mafia zurückgegriffen wird? Bestehen dort Verbindungen welche über Jahre nicht gesehen werden wollten oder sollten? Ist es nicht auffällig das gerade in einer Zeit des fortgesetzten Lohndumping, sich die Kosten für die Erstellung von Stuttgart 21 nahezu verdoppelt haben? Von runden 5 Milliarden Euro auf satte 10 Milliarden, mit größter Wahrscheinlichkeit sogar auf noch mehr. Wo bleiben diese Gelder?
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Fotos von der 52. Montagsdemo
Trotz Kälte und Dauerregen versammelten sich stolze 15.000 Demonstranten, um auch heute wieder gegen das Wahnsinnsprojekt Stuttgart 21 auf die Straße zu gehen.
Unschön ist erneut die Polizei aufgefallen. Diese hat noch etliche Minuten nach 18 Uhr (angemeldeter Demobeginn) den Strassenverkehr in unsere Strasse (Schillerstr.) fließen lassen und dabei mögliche Unfälle mit Demonstranten billigend in Kauf genommen. Trotz angemeldeter und genehmigter Demo auf der Schillerstrasse durften Autofahrer bei Dunkelheit und widrigen Wetterbedingungen ungebremst in die Strasse einfahren. Zum Glück ist, außer dem daraus folgenden Verkehrschaos, nichts Schlimmeres passiert. Unverantwortliches Verhalten seitens der Polizei! Ob CDU-Stadtrat Peter Hill, der Demonstranten wohl gerne umfahren will, Vater des Gedankens war? Wie man mittlerweile weiß, ist er auch Mitglied einer Facebookgruppe, die "Hippies aus dem Schlossgarten spritzen will", in Anlehnung an den Wasserwerfereinsatz vom 30. September.
Vor Gericht und auf hoher See
Nehmen wir einmal an, ich wollte gerichtsfest beweisen, dass die Farben rot und grün gar nicht existieren. Nehmen wir weiter an, ich würde drei farbenblinde Gutachter finden, die meine unsinnige Behauptung bestätigen. Und gehen wir auch davon aus, dass irgendein Gericht diesen Gutachtern wider besseren Wissens Glauben schenken würde. Das gibt es nicht?
Neues Buch zu Stuttgart 21: Schriftsteller Schorlau: "Ich habe schreckliche Bilder gesehen"
Was wirklich geschah am 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten. Der Schriftsteller Wolfgang Schorlau war dabei. Daraus ist das Buch "Stuttgart 21 - Die Argumente" entstanden. Hier einige Auszüge vorab.
Die Idee zu diesem Buch (Stuttgart 21. Die Argumente, die Red.) entstand am 30. September 2010, dem Tag, der als schwarzer Donnerstag in die Geschichte Stuttgarts eingegangen ist.
Ich war früh im Schlosspark. In meinem neuen Roman sollten die Ereignisse rund um das Großprojekt Stuttgart 21 in eine Nebenhandlung münden, und zur Recherche wollte ich mir eine Demonstration Stuttgarter Schüler ansehen, die an diesem Tag einen Schulstreik unter dem Motto „Bildung statt Prestigebahnhof“ organisiert hatten. Ich schloss mein Fahrrad an einem Verkehrsschild in der Lautenschlagerstraße ab, rechtzeitig genug, um zu hören, dass 2000 Schüler auf den Demonstrationszug durch die Stadt verzichten und direkt zum Park gehen wollten, wo sie ohnehin ihre Abschlusskundgebung angemeldet hatten.
Dass dort gleichzeitig Hundertschaften der Polizei in Kampfanzügen ihre Plätze rund um jene jahrhundertealten Bäume bezogen, die für die Tieferlegung der Schienen gefällt werden sollten, ausgerüstet mit Pfefferspray und Tränengas, und dass Wasserwerfer anrollten, wussten weder sie noch ich.
Ich habe schreckliche Bilder gesehen. Am schlimmsten war vielleicht jene Szene, als der Schütze eines Wasserwerfers auf Jugendliche schoss, die auf die Bäume geklettert waren. Es gab dafür keinen Grund außer Mutwillen. Die Jungs und Mädchen saßen auf Ästen, etwa fünf bis acht Meter über dem Boden. Ich weiß, welch hohen Druck der Wasserstrahl hatte, denn ich wurde zweimal getroffen, als wahllos in die Menge geschossen wurde, und das aus viel größerer Distanz, und trotzdem konnte ich mich einmal nicht auf den Beinen halten. Wären die Jugendlichen aus dieser Höhe gestürzt, sie hätten tot sein können.
Wer hatte dies befohlen, und wer war der Barbar, der diesen Befehl ausführte?
Man mag diesen Begriff für übertrieben halten, aber was ich an diesem Nachmittag erlebte, war ein Albtraum. Er begann, so bald wir den Park betraten. Als die Schüler in den Park zogen, hatte die Organisation der „Parkschützer“, die mit zum Aktionsbündnis gegen den Neubau des Bahnhofs gehörten, bereits Alarm ausgelöst. Aber es dauerte, bis die ersten Erwachsenen dazukamen. In den ersten Stunden war ich einer der wenigen Älteren unter den Demonstranten. Dann erschien die Polizei. Die Beamten bildeten Fünfergruppen, Rücken an Rücken, wie aus Menschen gebaute Wagenburgen. Es wirkte fast lächerlich, besonders angesichts einer gutgelaunten Menge von Jugendlichen, die ebenso in Party- wie in Demonstrationslaune war. Dann zogen die Polizisten in Reih und Glied durch den Park – und zogen wieder ab. All das schien improvisiert und hatte auch etwas Komisches.
Doch plötzlich tauchten zivil gekleidete Polizisten auf, junge Männer mit schwarzen Wollmützen und schwarzen Hosen, als Beamte zu erkennen an einer gelben Weste mit der Aufschrift „Polizei“. Diese fünfköpfigen Einsatzteams, immer begleitet von einem ebenfalls zivil gekleideten Kameramann, marschierten zu einzelnen Bäumen und bildeten einen Kreis um den Stamm. Die Jugendlichen umringten sie, sprachen auf sie ein; sie vermuteten, diese Bäume sollten gefällt werden. Plötzlich, ohne Vorwarnung, schlug einer dieser Polizisten einem Schüler mit voller Wucht ins Gesicht. Sein Kollege filmte den Vorgang. Zwei Kids brachten ihren verletzten Mitschüler fort. Ich fotografierte den Schläger mit der Handykamera. Es dauerte eine Weile, bis ich begriff, was ich sah: Das waren Eskalationstrupps. Sie wollten Schlägereien provozieren. Sie wollten Bilder gewalttätiger Demonstranten.
Sie bekamen die Bilder nicht. Wenn es ein Wunder an diesem schwarzen Donnerstag gab, dann nicht nur, dass es nicht mehr Schwerverletzte – oder sogar Tote – gegeben hat, sondern auch, dass die Demonstranten die Aggressionen, die von der Polizei ausgingen, nicht mit gleicher Münze zurückgezahlt haben. Sie antworteten stets mit dem Sprechchor: „Wir sind friedlich, was seid ihr?“
Als die Wasserwerfer kamen, bildete eine große Gruppe Schüler, unterstützt von den in den Park geeilten Erwachsenen, eine Sitzblockade. Bis in den Abend zog sich die einseitige Schlacht. Ich sah ältere Damen, die der harte Strahl der Wasserwerfer hochhob und wegschleuderte. Ich sah ein etwa siebzehnjähriges Mädchen, mit grüner Strähne im Haar, schreiend vor Schmerzen, sich die Arme vor die von Pfefferspray getroffenen, brennenden Augen haltend. Ich sah einen ehemaligen Richter, der fassungslos auf das Geschehen starrte und sagte: „Bin ich froh, dass ich für diesen Staat kein Recht mehr sprechen muss.“ Ich sah einen Mann, der den Notruf wählte und ins Telefon brüllte: „Sie lassen keine Sanitäter durch! Sie haben mir eben gesagt, dass die Polizei keine Sanitäter in den Park lässt.“ Ich sah, wie Frauen und Männer ein notdürftiges Lazarett improvisierten, um den Dutzenden, die durch das Pfefferspray verletzt worden waren, die Augen auszuwaschen und ersten Trost zu spenden.
Irgendwann zog die Polizeikette auf der rechten Seite vor, und ich stand plötzlich unmittelbar vor einer Reihe robocopartiger Polizisten. Aus der zweiten Reihe hob sich eine Hand mit der Sprühdose und zielte genau auf mein Gesicht. So schnell ich konnte, drehte ich mich um, und diese Gelegenheit nutzte ein anderer dieser Helden in Uniform, um mir von hinten fest auf den Kopf zu schlagen. Ich hatte noch Tage später Schmerzen.
Die Schüler hielten unter einer Plane immer noch den Wasserwerfern stand. Bis heute schäme ich mich, dass ich nicht den Mut hatte, mich zu ihnen zu setzen.
Am Abend ging ich nach Hause. Ich war nass bis auf die Haut und mein neuer Wintermantel war ruiniert. Nach einer heißen Dusche schaltete ich das heute-journal ein. Marietta Slomka interviewte Innenminister Heribert Rech. Mein Gott, dachte ich, wie müssen im Innenministerium die Korken geknallt haben, wenn Rech so große Mühe hat, die klaren Fragen der Journalistin zu beantworten.
Er sagte: Aber heute sind unsere Anti- Konflikt-Teams einfach abgewiesen worden, sie wurden nicht angenommen. (…) Es waren sehr schnell sehr viele gut organisierte Demonstranten vor Ort, und die haben sich dann sehr gewaltbereit gezeigt. Die Lüge ist genauso demütigend wie die Schläge. Und sie macht genau so wütend. Was habe ich dem entgegenzusetzen?
Die Oppositionsparteien scheiterten auch mit ihrem Vorhaben, die Sitzungen des Untersuchungsausschusses öffentlich zu übertragen. Die CDU argumentierte, dass man die Bedenken des Datenschutzbeauftragten gegen einen Live-Übertragung geteilt habe.
ACH NEE, DANN sind sie plötzlich für Datenschutz bei der CDU, ja? Wenn es um die Befragung von Tätern aus dem CDU-Umfeld geht, wie? Zum Kotzen! (Danke, starbug)
Vorsicht Schlüsselprojekt!
Kalkar, Transrapid - und Stuttgart 21: Wird ein Bau mit nationaler Bedeutung aufgeladen, wenn erst einmal Vokabeln wie "alternativlos, unumkehrbar, symbolhaft" bemüht werden, heißt das: Es steht schlecht darum.
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Mappus: "Wir schaffen 40 + x"
Ab wann gilt ein Ministerpräsident als stark psychiotisch und muss zu seinem eigenen Wohl aus dem Amt entfernt werden?
Einmal Ausstieg, bitte!
Der Ausstieg aus dem Milliardenprojekt Stuttgart 21 würde die Bahn deutlich weniger Geld kosten als bislang behauptet. Während Bahnchef Rüdiger Grube bisher stets von 1,4 Milliarden Euro und CDU-Fraktionschef Peter Hauk sogar von zwei Milliarden sprach, räumte der Vertreter der Bahn bei der Schlichtungsrunde in Stuttgart erstmals niedrigere Zahlen ein. Bahn-Vorstand Volker Kefer bezifferte die reinen Kosten für einen möglichen Abbruch des Projekts auf etwa 600 Millionen Euro.
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Die Gönner macht die "Hysterie-Woman" - K21 überzeugt
Die vierte Schlichtungsrunde am heutigen Tag verlief für mich überraschend deutlich positiv. Ich ging stark davon aus, dass die S21-Projektbefürworter heute sämtliche Geschütze auffahren werden, um das Alternativkonzept "Kopfbahnhof 21" ad absurdum zu führen. Die versuche waren auch da, doch es gelang ihnen einfach nicht!
Liegt es an der Kälte? Liegt es am fehlenden kostenlosen Sekt? Waren die Häppchen beim letzten Mal schlecht? Oder haben sich die CDU-Kreisverbände mit ihren Busfahrten nach Stuttgart in den vergangenen Wochen einfach finanziell übernommen?
Zu viel Volk führt zu schlechten politischen Entscheidungen?
Im Zusammenhang mit den Demonstrationen zu Stuttgart 21 und zum Castor Transport/zur Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke wird von Medien und Politikern jetzt vermehrt und kräftig davor gewarnt, bei politischen Entscheidungen allzu viel auf das Volk zu hören. "Zu viel Volk schadet Deutschland" schrieb der ehemalige Chefredakteur des Managermagazins Wolfgang Kaden und warnt vor der Belebung von Volksentscheiden. "Blockade- Republik Deutschland" intoniert der Spiegel in einem Video. In anderen meinungsführenden Medien wird eine ähnliche Musik gespielt. Es wird darauf verwiesen, dass die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes bewusst und überlegt auf eine parlamentarische Demokratie gesetzt haben. Vor diesem Hintergrund ist es sicherlich nicht verboten, die Frage zu stellen, ob "mehr Volk Deutschland schadet". Aber die Antwort wird bei sachlicher Prüfung anders ausfallen, als sich die Warner vor zu viel Volk dies zurecht legen. Denn im jetzigen Zustand bringt das parlamentarische System nachweisbar zu viele falsche und zerstörerische Entscheidungen.
Bereits am 17.09. war man über der Schüler- und Jugenddemo informiert und wusste, dass die Kundgebung von 12 - 17 Uhr im Schlossgarten stattfinden sollte. Dennoch plante man mit der Räumung ab 15 Uhr !!! Das ist nicht nur moralisch unter aller Sau, sondern ganz eindeutig verfassungswidrig! Eine genehmigte, friedliche Demonstration / Kundgebung darf laut Verfassung niemals durch die Polizei für die vorgesehenen Zwecke beeinträchtigt werden. Das Recht auf freie Meinungäußerung ist mit das höchste Gut und von der Verfassung besonders geschützt.
Der OB der Minderheit Wolfgang Schuster wurde am frühen Morgen des Schwarzen Donnerstag informiert, veranlasste das Amt für öffentliche Ordnung aber NICHT, die Schülerdemo abzusagen oder besser zu schützen. Der Oberbürgermeister handelte damit grob fahrlässig gegenüber den jungen Bürgern der Stadt Stuttgart und sollte aufgrunddessen sofort zurücktreten!
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"Säuberungsaktion" im Park?
Mit manch einem Projektbefürworter gehen wirklich die Gäule durch. In diesem Kommentar auf der Onlinepräsenz der Stuttgarter Zeitung wird offen zu Gewalt, er nennt es Zivilcourage, aufgerufen um eine "Säuberungsaktion" gegen die Parkschützer durchzuführen.
Der nächste CDUler dreht durch
Nach dem Generalsekretär der Landes-CDU, Thomas Strobl, hat sich nun der nächste CDUler zum Affen gemacht. In einem Posting auf Facebook beklagt der Stadtrat Philipp Hill die, seiner Meinung nach, zunehmende Aggressivität bei Protesten gegen Stuttgart 21. Woher er diese Aggresivität in Stuttgart nimmt, beantwortet er dabei nicht. Dafür aber machte er auf Facebook deutlich, was er wohl gerne mit den Projektgegnern anstellen würde:
Der letzte Auftritt der Befürworter: Diffamierung und Heuchelei
Ein beachtlicher Kommentar von Josef Eisele zu einem Artikel der "Stuttgarter (21) Nachrichten" zum Thema: Die Parkschützer wären Schuld, dass der Schlossgarten zugemüllt wird.
Widerlich: Neue Pro S21 T-Shirt Aktion!
Die Pro S21-Bewegung ist sich wirklich für nichts zu dumm. Erst vor einer Woche machte das "Tu´ihn unten rein"-Shirt bundesweit Schlagzeilen, schon eröffnet man einen ganzen Online-Shop mit geschmacklosen T-Shirts. Christian List, einer der bekannten Köpfe der Pro S21-Bewegung und persönlich mehrfacher Profiteur des Projekts (wie bereits berichtet), versucht aktuell die neue Geschmacklosigkeit den Projektgegnern in die Schuhe zu schieben.
Das Ende der grossen Magistralen-Lüge
"Für die Fahrzeiten spielt die Magistrale keine Rolle.
Die Magistrale ist für die Wirtschaftlichkeit völlig irrelevant. .. " Sagt Bahnvorstand Volker Kefer und erntet basses Erstaunen. .." Nicht bei Tanja G.
In der Sitzung konnte ich bei der CDU-VM kein Zeichen der Überraschung erkennen.
Ich gehe davon aus, daß der CDU Tanja G. seit langem genau bekannt ist?
Seit wann weiß die CDU-VM Tanja G. von diesem Sachverhalt?
Warum verbreitet sie und Mitglieder der CDU-Regierung trotzdem seit langem das Gegenteil?
Nicht nur in den bisherigen Schlichtungsgespräch stellt die CDU-VM den Sachverhalt
wissentlich falsch dar.
Stuttgart 21: Ein Eigentor nach dem anderem
Sie können nicht aus ihrer Haut; wenn ihnen die Felle davon schwimmen, dann lassen sie die Maske fallen: erst Wasserwerfer, dann persönliche Verunglimpfungen. Jetzt schießt CDU-General ein Eigentor.
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Die Wirtschaftsmächte kommen aus ihrer Deckung Lange genug hat es ja gedauert bis die Strippenzieher der Politik sich an die Öffentlichkeit wagten. Dass es nun so gekommen ist, ist ein Verdienst des Widerstands, da es doch zeigt, wie sehr das Wahnsinnsprojekt Stuttgart 21 mittlerweile auf der Kippe steht.
Und nun liest man also das:
"Der Vorstandschef des Stuttgarter Automobilbauers Daimler AG, Dieter Zetsche, erklärte, dass es bei dem Projekt auch um die Zukunftsfähigkeit Deutschlands gehe."
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Nils Schmid (SPD) verbreitet weiterhin Angst in der Bevölkerung
Der SPD-Landesvorsitzende in Baden-Württemberg, Nils Schmid, trat am heutigen Abend vor gerade einmal 2.500 Demonstranten FÜR das Projekt S21 auf und behauptete darin wörtlich: "Wir wollen nicht, dass Baden-Württemberg im europäischen Fernverkehr abgehängt wird."
"Doch spätestens seit Medien auch jenseits des Ländles über Stuttgart 21 berichten, wurde in den Redaktionen in Stuttgart-Möhringen bemerkt, was im Kessel sich an Protest organisiert. Man ist jetzt bei der "Zeitung" bemüht, Pro und Contra exakt abzuwägen, auf ein exklusives Mappus-Papier folgt sogleich eine Replik aus dem Lager der Widerständler. Leser wurden zur Diskussion in die Redaktion eingeladen. Morgens wird doppelt so lang konferiert, beim Redigieren jedes Wort auf die Goldwaage gelegt. Image und Auflage nützt es wenig. Sowohl Gegner als auch Befürworter des Projekts haben ihre Abos in dramatischem Ausmaß gekündigt. Zwar verbesserte sich der Einzelverkauf bei der "Zeitung", doch das Saldo ist laut Vize-Chef Michael Maurer "nach wie vor negativ". Ähnliches gilt für die "Nachrichten". Noch immer vermissen Kritiker klassischen Enthüllungsjournalismus."
Wundern kann dies nicht, eher sollte man diese Tendenz freudig zur Kenntnis nehmen. Dabei geht es nicht darum, der Stuttgarter Presse vollständig den Garaus zu machen, sondern ihnen durch bestmöglichen Druck deutlich zu machen, dass sie als vierte Gewalt im Staat dazu verpflichtet sind, neutral und objektiv zu berichten. Dies ist in der Vergangenheit in Bezug auf Stuttgart 21 nicht geschehen. Und genau dies bekommen sie jetzt zu spüren.
Leider lernen manche Redakteure bis heute nicht dazu. Anders ist das Auftreten des stellvertretenden Chefredakteurs der "Stuttgarter Nachrichten", Wolfgang Molitor, nicht zu erklären. Wer so arrogant und regierungshörig auftritt, der hat es nicht anders verdient, als durch Abo-Kündigungen abgestraft zu werden. Da stellt sich die Frage, wie ernsthaft die "Stuttgarter Nachrichten" mit solch einer Führungsriege zukünftig objektiver berichten möchte. Möglicherweise wäre es an der Zeit die handelnden Personen, nicht nur in der Politik im kommenden März, auszutauschen, um zur Befriedung des Stadtklimas beizutragen, sondern auch in der von politischen und wirtschaftlichen Verflechtungen durchzogenen Führungsmannschaft im Pressehaus in Möhringen.
Stuttgart 21 ist nicht mehr Herz Europas
Bahn-Vorstand Volker Kefer stellte am heutigen Mittag während des dritten Schlichtungsgesprächs fest, dass die europäische Magistrale Paris-Bratislava "völlig Irrelevant" für Stuttgart 21 ist. Er stimmte zu, dass "kein Mensch" diese Strecke fahren würde.
Kefer widerspricht damit eindrücklich der Werbekampagne, wonach Stuttgart als neues Herz Europas ohne S21 vom Hochgeschwindigkeitsnetz abgehängt werden würde. Dieses Hochgeschwindigkeitsnetz gibt es gar nicht und wird es auch über Jahrzehnte hinweg nicht geben. Tatsächlich würde diese Strecke bereits hinter Ulm enden.
PRO BAHN: Pressemitteilung vom 3. November 2010
Nach zwei Runden der Schlichtung zum Bahnprojekt "Stuttgart 21" zieht der Fahrgastverband PRO BAHN die Glaubwürdigkeit der fachlichen Darstellungen der Deutschen Bahn AG in Zweifel. Das erklärt der Bundespressesprecher des Verbraucherverbandes Matthias Oomen anlässlich der Fortsetzung der Schlichtungsgespräche unter der Leitung von Bundesminister a.D. Heiner Geißler im Stuttgarter Rathaus am kommenden Donnerstag.
"Bei der zweiten Schlichtungsrunde hat die DBAG erneut systematisch versucht, durch Weglassen und Verdrehung von Tatsachen über die wahren bahntechnischen Probleme des Bahnprojekts 'Stuttgart 21' hinwegzutäuschen", erklärt Oomen. "Wir können zu Einzelpunkten sogar Falschaussagen nachweisen. Diese unzutreffenden Aussagen kamen nicht nur vom Vorstandsvorsitzenden von DB-Netze Dr. Volker Kefer, sondern auch von seinen Fachleuten. Wir sehen damit die fachliche Kompetenz der Führungsebene des Staatsunternehmens schwer diskreditiert."
So konnte Kefer erneut keine konkrete Aussage über die maximale Leistungsfähigkeit des Bahnknotens Stuttgart machen. „Stattdessen hält die DBAG es bei einem Neubauprojekt, das sie als Herz Europas bezeichnet, für ganz normal, dass eingleisige Abschnitte und Abzweigungen mit Wartezeiten bei Gegenverkehr in kurzer Folge passiert werden müssen. Wir erwarten für den geplanten Bahnknoten einen Herzinfarkt.", erklärt Oomen.
"Dass der Bahnverkehr im Knoten Stuttgart zusammenbricht, wenn der S-Bahn-Tunnel unter der Stadt außer Betrieb gesetzt werden muss, hält die DBAG für ganz normal", erklärt Oomen. "Solche Störungen ereignen sich durchschnittlich in allen S-Bahn-Netzen ein- bis zweimal im Jahr. In den mit Stuttgart aufgrund der Bauweise des Hauptbahnhofs vergleichbaren Städten, wie beispielsweise Frankfurt und München, fahren die S-Bahn-Züge in den bewährten Kopfbahnhof. In Stuttgart tun sie das heute auch, aber dieser Kopfbahnhof soll nach dem Willen der DBAG ersetzt werden. Hierdurch wird ein für die Zukunft fataler Flaschenhals geschaffen."
"Das Notfallkonzept, das die DBAG für Stuttgart vorgestellt hat, sieht vor, dass die Hälfte der S-Bahn-Züge schon weit vor der Stadt enden soll, sodass die Pendler selbst sehen müssen, wie sie zu Fuß in die Innenstadt kommen", erläutert Oomen. "Die andere Hälfte der Züge soll in den neuen Fernbahnhof fahren und dort die acht Bahnsteiggleise verstopfen, die morgens schon voll mit den Regional- und ICE-Zügen ausgelastet sind. Das heißt: Wenn in Stuttgart morgens der S-Bahn-Tunnel gestört ist, ist den ganzen Tag der ICE-Verkehr bis Berlin, Hamburg, Köln und München gestört. Heute merkt kein einziger ICE-Fahrgast etwas von einer S-Bahn-Störung, weil im Kopfbahnhof Stuttgart genügend Platz für umgeleitete Züge ist. Doch diesen Bahnhof will die DBAG wegreißen und behauptet, das sei Fortschritt."
In Einzelheiten kann PRO BAHN der DBAG sogar Falschaussagen nachweisen. "So behauptete die DBAG vor dem Schlichter, dass Regionalzüge in Duisburg, Essen und Hamburg-Harburg nur eine Minute halten würden. Die Fahrpläne weisen mindestens doppelt so lange Haltezeiten aus", so Oomen. "Weiter behauptete die DBAG, dass die Flughafenzufahrt, auf der künftig auch ICE-Züge fahren sollen, für 100 km/h ausgebaut sei. Tatsächlich ist die Strecke aber so kurvenreich, dass großenteils nur 70 km/h zulässig sind", erklärt Oomen. "Weiter behauptete die DBAG, dass nach links durch den Gegenverkehr abbiegende Züge kein Problem seien. Tatsächlich werden an anderen Stellen des deutschen ICE-Netzes Fahrplanlücken von 20 Minuten freigehalten, damit solche Abbiegemanöver ohne Verspätungsrisiko funktionieren. Durch ihre unzutreffenden Angaben verliert die DBAG auch für Fachleute, die nicht dem Konzerndiktat unterliegen, jede Glaubwürdigkeit."
Der Fahrgastverband PRO BAHN geht daher davon aus, dass die DBAG gar nicht bereit ist, alle Unterlagen auf den Tisch zu legen. "Auch in der zweiten Schlichtungsrunde musste das Aktionsbündnis erneut Unterlagen einzeln und gezielt bei der DBAG anfordern, weil sie offenbar nicht öffentlich werden sollen", so Oomen.
Theater des Jahres
Stuttgart ist Theater des Jahres 2010. Jetzt schon. Uneinholbar vorne. Stuttgart ist die beste, beeindruckendste und in der Fülle geglückter Inszenierungen beständigste Open-Air-Bühne Deutschlands. Die Schwabenmetropole ist in diesen Tagen und Monaten aufgrund der vielfältigen Formen ihres kulturell geprägten Widerstandes einmalig originell. Unwiderstehlich und sexy. Schwabenstreiche, Flashmobs, Kunstaktionen an Absperrgittern, Bürgertreffen, Massendemonstrationen – wahre Feste einer zum Leben erwachten Leidenschaft für mehr Demokratie!
Der gemeine Stuttgarter brennt. Der Alte und Junge, der Progressive und der Konservative. Er redet, streitet, diskutiert und mischt sich ein. Schimpft. Wütet und feiert. Er will gehört und vollkommen ernst genommen, als aufgeklärter, mit erstaunlich viel Fachwissen ausgestatteter Bürger nicht nur alle vier Jahre als Stimmvieh vor die Urnen getrieben werden. Der Stuttgarter begehrt auf, ist renitent. Offen, wach, inspiriert und immer gewaltfrei. Würde ich nicht seit sechs Jahren in Stuttgart leben, man müsste jetzt hinziehen!
Stuttgart hält ein Versprechen parat: auf mehr demokratische Teilhabe, auf Lust an Politik statt auf Verdrossenheit, auf begeisternde Kritikfähigkeit, auf lebendige Streitkultur. Die Lust am Widerstand in Stuttgart zeigt: So könnte Demokratie gehen, so bunt, so kontrovers und konsequent, so wunderbar sturschwäbisch charmant! In Stuttgart wächst seit Mitte Juli eine so unglaubliche Dimension von bürgerschaftlichem Engagement heran, dass es einem regelmäßig die Schauer über den Rücken jagt.
Wer dieses organische Anwachsen einer Bürgerbewegung, die den Namen wirklich verdient, persönlich miterlebt hat, wer den Sommer über dabei war und nun genießen kann, welche Früchte der solidarische Protest getragen hat – zum Beispiel wöchentliche Gespräche mit zum Zuhören verpflichteten Gegnern, in denen endlich alle Fakten öffentlich präsentiert werden können –, der weiß, dass nun alles möglich ist! Auch der Totalausstieg aus dem unsinnigstem, verlogenstem und intransparentestem Megaimmobilienprojekt seit Ende des Zweiten Weltkriegs namens „Stuttgart 21“ – schon im Titel, welche Hybris! Als ob ein lobbygestütztes Bauvorhaben genug Potenz hätte, das kommende Jahrhundert zu prägen! Sein Scheitern steht unmittelbar bevor. Milliardengrab. Bürgerschreck. Horrorvision. Zu klar ist die Übermacht der vernünftigen Argumente, zu unerbittlich und nachhaltig der Widerstand dagegen.
Wir haben es geschafft
Stuttgart 21 ist bereits tot. Wir haben es geschafft, die Projektträger so weit aus der Deckung zu locken, dass sie mit Wasserwerfern, Reizgas und Knüppeln reagieren mussten. Dass sie sich als dreiste Betonköpfe entlarvt haben, die noch nicht einmal zu einer einfachen Entschuldigung fähig sind. Die sich in jeder Talkshow blamieren, mit technokratischem Selbstverständnis und autoritärem Gebaren jegliches Gefühl für lebendige demokratische Prozesse vermissen lassen. Man denkt, schlimmer geht’s nimmer. Aber es geht immer noch schlimmer.
Letzten Samstag. Wo? Natürlich in Stuttgart. Eine so genannte Gegendemonstration. Eine Demonstration gegen die, die demonstrieren also. Da treffen sich auf dem Stuttgarter Schlossplatz unter massivem Polizeischutz – wann haben wir jemals Polizeischutz beim Demonstrieren bekommen? – so genannte Befürworter von S21. Und siehe da, da stehen sie alle! Oben auf der Bühne! All die Verschollenen und Vermissten der letzten Monate! Die kein einziges Mal den Mut, die Chuzpe hatten, öffentlich für ihre Belange einzustehen, die sich konsequent verpisst haben. Ein ölig grinsender Oberbürgermeister Schuster. Ein nassforsches, sich um Kopf und Kragen schwadronierendes Ex-Daimler-Vorstandsmitglied, jetzt Bahnchef Grube. Ein müde wirkender, wie immer uninspirierter und von keinem gewählter Ministerpräsident Mappus. Und dann die zwei, drei Tausend Claqueure. Lächerlich wenige. Auch mit Slogans ausgestattet. Der erste: „Oben ohne“. Gegen unseren Slogan gerichtet, der „Oben bleiben“ heißt. Mäßig witzig, dafür peinlich. Aber nun kommt’s – der zweite Slogan, auf T-Shirts gedruckt und zu kaufen: „Tu’ IHN unten rein!“. Den Bahnhof, meinen sie. Das ist kein schlechter Witz, sondern wahr.
Am Schluss schwenken alle Deutschlandfähnchen und singen „We shall overcome“. Was soll man dazu noch sagen? Vielleicht eines nur: Bitte, bitte weiterdemonstrieren! Es ist wunderschön zu erleben, wie ihr euch nur dadurch, dass ihr da seid, so restlos als das Gegenteil dessen entlarvt, was unser Protest in Stuttgart derzeit ausmacht: Phantasiebegabung für das Kommende!
Zurück zur Liebeserklärung. Eine Demonstrantin sagte mir auf der letzten Montagsdemo: „Wenn wir S21 stoppen, dann geh ich wieder wählen!“ Liebe Stuttgarter, wenn das kein Auftrag ist! Das ist unsere gemeinsame Verantwortung. Und wir nehmen sie mutig wahr. Damit man später mal sagen wird: Die waren es! Die Stuttgarter haben den lahmen Demokratie-Karren wieder flottgemacht! Wir haben die Debatte über mehr Mitbestimmung, direkte Demokratie, über die Frage, wem die Stadt eigentlich gehört, angestoßen! Wir Stuttgarter waren es! So entstehen Revolutionen! Und wenn der Spuk vorbei ist, dann reden wir über die Ausgestaltung erlangter Freiräume. Über mehr Mitbestimmung. Über neue Formen der Partizipation. Und es werden Stuttgarter Gespräche sein. Denn wir sind die Spezialisten. Wir machen derzeit Politik! Und sind immerhin Theater des Jahres 2010. Vielleicht auch 2011!
Stellt euch vor es sind Wahlen, und alle Stuttgarter gehen hin!
Volker Lösch ist Regisseur. Er arbeitet in Hamburg, Bremen, Berlin, Montevideo und Stuttgart, wo er auch lebt. Seine nächste Aufführung wird „Lulu – Die Nuttenrepublik“ an der Berliner Schaubühne sein (Premiere 11. Dezember 2010).
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Die Macht der Öffentlichkeit
Die Diskussionen und Protestaktionen gegen das geplante Bahnprojekt Stuttgart 21 haben ein Schlichtungsverfahren nötig gemacht. Heiner Geißler, Bundesminister a.D. wurde dazu berufen und will Schluss machen mit der Basta-Politik. Doch die Entwicklungen zeigen deutlich, dass es dazu nicht unbedingt einen erfahrenen Schlichter braucht. Das Netz bietet eine neue, ungeahnte Transparenz und fordert geradezu vehement zum Dialog auf.
Die Macht der Öffentlichkeit wächst und so langsam fragt man sich, ob das Internet nicht auch das Berufsbild des Politikers stark beeinflussen wird.
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Schon 361 Unternehmer gegen Stuttgart 21
Die IHK Stuttgart besitzt die Frechheit als Dachverband im Namen aller Unternehmer, welche Zwangsmitglieder der IHK sein müssen, sich regelmässig für das Wahnsinnsprojekt Stuttgart 21 auszusprechen.
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Bräuchle: Vier Anzeigen wegen Volksverhetzung
Gegen Pfarrer Bräuchle sind vier Anzeigen wegen Volksverhetzung bei der Staatsanwaltschaft eingegangen. Grund dafür waren Bräuchles Äußerungen bei einer Kundgebung, wonach man eingekaufte Aktivisten gegen Stuttgart 21 aus der Stadt und dem Land schicken solle. Es wird aber wohl kein Ermittlungsverfahren geben, weil Bräuchle in seiner Hetz-Rede nicht zu Hass oder Gewalt aufgerufen habe ...
... heißt es dazu bei der Staatsanwaltschaft.
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Ein Monat danach - Ein Plädoyer für den Widerstand
30. Oktober 2010. Es ist genau einen Monat her als Schüler, Rentner und Parkschützer mittels Schlagstock, Pfefferspray, Reizgas und Wasserwerfern aus dem Stuttgarter Schlossgarten geknüppelt werden sollten. Der Tag, der in die Stadtgeschichte als der "Schwarze Donnerstag" eingehen wird, produzierte Bilder, wie es sie in Stuttgart seit 41 Jahren nicht mehr gegeben hat. Beim Anblick der Aufnahmen fühlt man sich in die Zeit der Studentenrevolte, außerparlamentarischen Opposition und den Anti-Vietnam-Demos der späten 1960er / frühen 1970er Jahre zurückerinnert. Doch in Stuttgart geht es nicht um die Abrechnung mit einem Nazi-Filz oder um einen verbrecherischen Kriegseinsatz, am 30. September diesen Jahres ging es den Stuttgartern darum ihre Jahrhunderte alten Bäume im Schlossgarten vor den Kettensägen zu beschützen.
Noch heute erzählt man sich die Geschichten aus der Zeit während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Nach den Bombennächten, als Stuttgart lichterloh brannte, kamen die Menschen mit Wassereimern angerannt um die Bäume im Schlossgarten zu löschen. In den ersten Wintern nach dem Krieg, die bitterlich kalt waren, gab es in der Stadt ein ungeschriebenes Gesetz, wonach die Bäume unangetastet bleiben mussten. Und tatsächlich: Lieber froren die Menschen als dass sie das Geschenk des Württembergischen Königs an sein Volk für ein wärmendes Feuer abholzten. Und heute, wo uns kein militärischer Krieg bedroht, wo wir die Wärme am Heizkörper regulieren können, da sollen die Bäume für wirtschaftliche Interessen, für "das Kapital", weichen? Das sehen die Stuttgarter nicht ein und genau aus diesem Grund und unendlich vielen weiteren Gründen blockierte man friedlich aber standhaft die Zufahrtswege der Polizei in den Park. Diese wusste darauf nur mit Gewalt zu antworten.
Es ist nun ein Monat vergangen und noch immer warten mehrere Hundert Opfer auf eine Entschuldigung seitens der Verantwortlichen aus Politik und Polizei. Noch immer sind sämtliche Verantwortlichen in ihren Ämtern. Noch immer versuchen die Verantwortlichen den Schwarzen Donnerstag herunterzuspielen und die Opfer zu Tätern zu machen. Ein nun eingesetzter Untersuchungsausschuss von SPD und den Grünen im Landtag soll für Klarheit sorgen. Weshalb der Polizeieinsatz so ablief, wie er letztendlich ablief, wird darüber hinaus in den letzten Tagen immer deutlicher.
Auf diesem Blog wurden wenige Tage nach dem Schwarzen Donnerstag Indizien aufgezeigt, weshalb der angebliche Pfeffersprayangriff auf die Polizei (vorgestellt auf der Pressekonferenz der Polizei) möglicherweise ein "false flag"-Aktion war, d.h. sich hinter dem Pfeffersprayer möglicherweise ein Polizist verbarg, der die Aktion "undercover" durchführte, um Polizeigewalt zu rechtfertigen und eine Eskalation vor Ort zu provozieren. Meine Ausführungen dazu lesen Sie hier: http://stuttgart21.blog.de/2010/10/10/nachbetrachtung-agent-provocateur-stuttgart-21-demo-30-9569683/
Von vielen wurde die Vermutung als haltlose Spinnerei abgetan. In den letzten Wochen aber haben sich neue Fakten ergeben. Zuerst berichtete das Hamburger Abendblatt von einem anonymen Polizisten, der zugab, dass solche Provokateure bei Großdemonstrationen wie Stuttgart 21 oder gegen den Castor-Transport gängige Polizeipraxis sei ( http://stuttgart21.blog.de/2010/10/18/hamburger-polizist-gesteht-agent-provocateur-einsaetze-grossdemos-9653324/ ), kurz darauf berichtet auch die Vereinigung kritischer PolizistenInnen vom "agent provocateur", wie dieser sogar in den Reihen der Polizei nach seiner Tat verschwand ( http://stuttgart21.blog.de/2010/10/23/kritische-polizisten-sprechen-offen-agent-provocateuer-30-09-10-stuttgarter-schlossgarten-9747618/ ). Zwei offizielle Stellungnahmen, die unabhängig voneinander davon berichten, dass solche Provokateure zum Einsatz kommen und am 30.09. in Stuttgart offensichtlich auch kamen. Weitere Beweise für gezielte Provokationen von Seiten der Polizei lieferte die Jugenoffensive gegen Stuttgart 21 auf ihrer Pressekonferenz zu den Ereignissen vom Schwarzen Donnerstag. Das Videomaterial zeigte BFE-Einheiten in Zivil (lediglich mit Polizeiweste, zum Teil unter der Jacke), die die ankommenden Jugendlichen schon am Parkeingang schubsten und offensichtlich zu Gewalttaten provozieren wollten.
Am 30.09.2010 wurden bei einer friedlichen Demonstration im Stuttgarter Schlossgarten durch einen brutalen Polizeieinsatz mit Wasserwerfern und Pfefferspray ca. 300 Menschen verletzt. Vier von ihnen trugen schwere, zum Teil irreparable Augenverletzungen davon.
Einer der schwer verletzten Demonstranten ist der Musiker Daniel Kartmann, Veranstalter der danopticum-Reihe und Vater von drei Kindern. Um ihrem Freund und Kollegen zu helfen, veranstalten Silja Bächli (Schauspielerin am Staatstheater Stuttgart), Max Braun (Musiker) & Andreas Vogel (Montagegruppe) gemeinsam mit Daniel Kartmann ein Benefizkonzert zugunsten der vier Demonstranten, welche die schlimmsten Augenverletzungen davongetragen haben. Der Eintritt wird 15€ betragen. Alle beteiligten Musiker werden an diesem Abend auf ein Honorar verzichten. Die Einnahmen sollen für die Kosten der Gerichtsverfahren und für medizinische Versorgung verwendet werden.
Die beteiligten Musikerinnen und Musiker wollen mit diesem Abend ein Zeichen der Solidarität setzen: "Wir wehren uns dagegen, zur Tagesordnung überzugehen und mit leisem Bedauern und Achselzucken die Opfer allein zu lassen. Hier geht es nicht um einen Kopf- oder Tiefbahnhof, sondern darum, wie der Staat mit Menschen und ihren Grundrechten umgeht. Kein Polizist wurde bisher öffentlich zur Verantwortung gezogen. Der Stuttgarter Polizeipräsident Stumpf rechtfertigt nach wie vor die Verhältnismäßigkeit des Vorgehens seiner Beamten.
Der Fraktionsvorsitzende der CDU im baden-württembergischen Landtag Hauk kritisiert im gleichen Zusammenhang die verbale Gewalt gegen Polizeibeamte und beklagt den gesundheitsschädigenden Lärm von Vuvuzelas seitens der Demonstranten."
S21-Gegner machen weiter mobil
Auch nach der zweiten Schlichtungsrunde sind wieder Tausende von Stuttgart-21-Gegnern unter dem Motto "Kultur statt Größenwahn" auf die Straße gegangen. CSU-Chef Horst Seehofer forderte, das Bahnprojekt auch gegen Proteste umzusetzen.
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Demoopfer fühlen sich eingeschüchtert
Mehrere Opfer des Polizeieinsatzes am 30. September haben Klage gegen die Polizei eingereicht - obwohl sie sich erneut durch Beamte bedrängt und eingeschüchtert fühlen.
Stuttgart 21 und das Demokratieverständnis Mappus, der ja seit einigen Monaten mit vehementen Protesten gegen Stuttgart 21 zu kämpfen hat, war neulich auf ner Dienstreise durch Saudi-Arabien. Der Pforzheimer Zeitung) ist zu entnehmen, dass er dabei folgendes verlautbart hat: "Wir bewundern, mit welcher Schnelligkeit sie Projekte angehen und realisieren"
SPD-Mogelpackung zum Volksentscheid-Antrag
Diese Partei ist wirklich unglaublich. Regelmässig fällt sie ganz opportunistisch in sämtliche Richtungen um. Von der eigenen Jugend musste sie neulich erst zum Jagen getragen werden -> Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum 30.09. der Jusos wurde mit knapper Mehrheit von der Basis gegen die Landesparteiführung durchgedrückt. Und von den Alteingesessenen innerhalb der Partei musste sie auf Volksabstimmungskurs gebracht werden. Von selbst erscheint die Landesparteiführung nicht handlungsfähig.
Nun kam von der SPD eine Mogelpackung für eine Volksabstimmung zu S21 der allerersten Güte. Die Grünen im Landesparlament mussten sich diesem Antrag enthalten, auch wenn sie im Grunde selbst für eine Volksabstimmung sind. Ihre Beweggründe dazu beschreibt Fraktionsgeschäftsführerin Theresia Bauer auf der Webseite der Grünen in Baden-Württemberg. Hier einen Auszug davon
Schwaben protestieren in Berlin: Viel Sympathie für S21-Gegner
Rund 600 Gegner des umstrittenen Bahnprojekts "Stuttgart 21" demonstrieren in Berlin, um den Neubau des Bahnhofs in der baden-württembergischen Landeshauptstadt zu stoppen - mit dem friedlichen Protest stoßen sie dort auf Zustimmung. Ministerpräsident Mappus lehnt unterdessen eine Volksabstimmung weiter kategorisch ab.
Stefan Mappus: Die Wahrscheinlichkeit einer Volksabstimmung geht gegen Grenzwert null.
Stuttgarter Bürger und Stuttgart 21-Gegner sind nach Berlin gekommen und haben unter anderem Trümmersteine des abgerissenen Bahnhofsnordflügels mitgebracht. Diese platzierten sie heute Vormittag als Mahnsteine auf dem Pariser Platz. Mit den Steinen machen sie aufmerksam auf die enorme Zerstörung und Gewalt, die das Prestigeprojekt Stuttgart 21 schon jetzt verursacht hat: Demokratische Entscheidungen im Sinne des Volkes wurden mit Tricks und Falschaussagen verhindert, der Nordflügel des denkmalgeschützten Bonatzbaus wurde abgerissen, Jahrhunderte alte Bäume wurden illegal gefällt, alle Arbeiten werden mit enormer Polizeigewalt, bis hin zur totalen Eskalation, gegen das Volk durchgesetzt. Daraus erwächst jedoch weder Hoffnungslosigkeit noch Resignation, sondern ein starker Wille zur Veränderung. Diese Entschlossenheit zu friedlichem Widerstand gegen eigenmächtige, selbstgefällige Entscheidungen einzelner Politiker symbolisiert ein
Kastanienbaum, den Stuttgart 21-Gegner vor dem Reichstagsgebäude pflanzten.
„Am 30.9.2010 wurde der Glaube an unseren Staat für viele tief erschüttert“, sagt Karl Braig, Überbringer der Mahnsteine. „Der Umgang mit den Protesten gegen Stuttgart 21 fügt unserer Demokratie schweren Schaden zu. Die Steine sind eine Mahnung an alle, die im Kampf um Macht und Vorteile das Fundament unserer freiheitlichen Gesellschaft vergessen und gefährden. Aber wir lassen uns nicht einschüchtern, auch nicht, wenn Politiker wie Mappus die Polizei missbrauchen und mit kriminellen Methoden versuchen, unseren Widerstand zu zerstören. Unser Engagement wird Wurzeln schlagen und Früchte tragen, wie ein Baum ist er eine wahre, selbstlose Investition in die Zukunft. Mit dem neu gepflanzten Baum sprießt die Hoffnung, der Widerstand, in Sichtweite der Kanzlerin und der Abgeordneten. Die Betreiber von Stuttgart 21 haben aus Kastanien gefährliche Waffen gemacht, um unseren Widerstand zu kriminalisieren und zu diskreditieren. An unseren Kastanien und unserem festen Willen zur Gewaltlosigkeit sollen sie scheitern.“
Rückfragen an Matthias von Herrmann, Pressesprecher der Parkschützer, Tel. 0174-7497868 oder an Carola Eckstein, Tel. 01520-7827755 oder an Fritz Mielert, Tel. 0176-66681817 Presseerklärungen und Hintergrundinfos / Presseportal: www.parkschuetzer.org/presse Internet: www.bei-abriss-aufstand.de und twitter.com/AbrissAufstand und www.parkschuetzer.de
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Oben bleiben
Die Protestbewegung gegen das milliardenschwere Bahnhofsprojekt hält durch.
Es geht auch um die soziale Frage
In Stuttgart gehen die Uhren anders. Die Zeit wird geteilt in die vor und die nach dem 30. September.
Am 30. September hat die Polizei eine seit Monaten friedlich gegen das milliardenschwere Bahnprojekt S 21 demonstrierende Protestbewegung zusammengeknüppelt und dabei beherzt protestierenden Schülerinnen und Schülern eine Lehrstunde in Sachen Demokratie erteilt, die sie wahrscheinlich ihr Leben lang nicht vergessen werden. Mehr als 400 Verletzte sind das Ergebnis. Die mehr als tausend Schüler demonstrierten unter der Losung "Bildung statt Stuttgart 21". In ihren Schulen fällt der Putz von den Wänden, Stunden fallen aus, weil jahrelang am Lehrpersonal gespart wurde. Geld für zeitgemäße Lernmittel ist nicht vorhanden. Und das ist einer der Kernpunkte des Widerstands gegen S 21: die soziale Frage.
Während Bund, Land und insbesondere die Kommunen immer weniger Geld einnehmen und ihnen zugleich immer mehr Aufgaben zugeteilt werden, sollen für ein ehrgeiziges Bahnprojekt nach Schätzung von Experten in den nächsten zehn Jahren wahrscheinlich mehr als elf Milliarden ausgegeben werden. Ein Projekt, das - 1997 beschlossen - angesichts der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise nicht mehr in die Landschaft passt. Das Geld wird anderswo gebraucht - in der Bildung, in der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Der wachsende Widerstand - pro Woche bewegen sich etwa 100000 Menschen in Stuttgart auf Kundgebungen, Demonstrationen, Veranstaltungen - repräsentiert einen breiten Teil der Bevölkerung.
Man grüßt sich zwischenzeitlich in Bussen, Trambahnen, Kneipen mit "Oben bleiben". Das meint: Wir wollen keinen unterirdischen Durchgangsbahnhof. Da treffen sich Junge und Alte, Konservative und Linke, Bürgerinnen und Bürger aus Stuttgarts edlen Halbhöhenlagen ebenso wie H&M-Verkäuferinnen mit Ingenieuren von Bosch, Managern und Angestellten mit Aktenköfferchen, die direkt von der Arbeit kommen, jeden Montag um 18 Uhr für eine Stunde am Bahnhof oder im Park zum "Schwabenstreich". Regelmäßig zwischen 15000 und 30000 Menschen.
Die Motive sind unterschiedlich. Einigen geht es um den denkmalgeschützten Bonatzbau, anderen um "ihren" Park, in dem 300 teilweise 100 Jahre alte Bäume gefällt werden sollen. Die Ökologie der "Stadt im Tal" ist gefährdet, wenn die grüne Lunge fehlt. Wieder andere sorgen sich um die vielen wertvollen Mineralquellen, wenn der Bahnhof unter die Stadt gelegt wird. Und dann ist da eben die soziale Frage und die der Wirtschaftlichkeit. Der innere Zusammenhalt des Widerstands aber ist die Demokratie-Frage. Die Menschen wollen nicht mehr bevormundet, diszipliniert, hintergangen und belogen werden. Jahrelang wurden wichtige Gutachten geheim gehalten, Gefahren für die Umwelt verharmlost, Zahlen runtergerechnet. Das jüngste Beispiel: die 25 alten Bäume, die in der Nacht vom 30. September auf den 1. Oktober nach dem beispiellosen Polizeieinsatz gefällt wurden, hätten auf Anweisung des Eisenbahnbundesamtes gar nicht gefällt werden dürfen. Es ist die Arroganz der Macht, die die Menschen nicht mehr dulden wollen.
Es ist die Arroganz der Macht, die die Menschen nicht mehr dulden wollen.
Zwei Drittel der Menschen in Stuttgart und die Mehrheit in Baden-Württemberg sind gegen S 21, das "Milliardengrab", wie es hier genannt wird - aber das interessiert die politische Klasse nicht. Standard-Sprechchöre quer durch alle Gesellschaftsschichten lauten deshalb "Mappus weg" und "Lügenpack". In den Umfragen verlieren die Parteien wegen S 21 - CDU, FDP und SPD sind auf ihrem historischen Tiefpunkt angelangt. Bahnchef Grube sagt: "Ein Recht auf Widerstand gibt es nicht." Doch, das gibt es. Und das müssen sich die Menschen nicht erst durch Verfassungsrechtler bestätigen lassen; sie wissen es. In dieser Bewegung sind viele Menschen zu Bahnspezialisten geworden, haben sich in Geologie und Ökologie schlau gemacht, Planfeststellungsverfahren studiert, fordern einen Fakten-Check, weil sie den Herrschenden nicht mehr trauen.
Und die Gewerkschaften? Am 30. Januar hat die DGB-Bezirkskonferenz mit großer Mehrheit beschlossen, dem Bündnis gegen S 21 beizutreten - bis heute aber verweigert die Mehrheit im Bezirksvorstand die Umsetzung dieses Beschlusses. Das Bündnis gegen S 21 hat derweil angeboten, am 13. November auf eine eigene Kundgebung zu verzichten und zur Teilnahme an der geplanten Gewerkschaftskundgebung aufzurufen, weil S 21 und Sozialabbau zwei Seiten einer Medaille sind. Sind es die Interessen der Bauindustrie und der Automobilkonzerne, die eine Rolle spielen? Die geplante Schnellbahntrasse Stuttgart-Ulm ist zu steil für den Güterverkehr - also mehr Lastwagen verkaufen, Autobahnnetz statt Regionalverkehr ausbauen? Ist es die Hoffnung auf Arbeitsplätze? Die Solidaritätsadresse von Frank Bsirske an die Protestbewegung hat mehr als 50000 Menschen begeistert. Und ver.di Stuttgart ist immer vor Ort. Der Widerstand hat symbolischen Charakter. Es wäre gut, wenn sich die Gewerkschaften beherzter in den Protest einreihen würden. Sie können daraus viel lernen.
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Mag sein, dass es zur Taktik gehört, die Stuttgarter Demonstranten einzulullen, sie zu Vorkämpfern einer neuen Demokratie zu machen, in der auch wieder das Begehren der Bürger abgefragt würde - Geißlers offen zur Schau gestellte Zuversicht diesbezüglich darf sicher als Clou aufgeschnappt werden; er schmiert den Demonstranten Honig ums Maul, macht sie zu Pionieren einer neuen Anti-Basta-Politik. Die Abkehr von einer Basta-Politik auszurufen, klingt absichtlich ein bisschen nach Lob, nach Beifall für die Demonstranten, stimmt milde, saugt die Aufgebrachtheit auf - ob es allerdings wahr ist, ob wirklich Aussichten bestehen, dass die Basta-Ära dem Ende entgegentaumelt, steht auf einem anderen Papier, steht in diversen Wahlgesetzen. Und dort steht, wenn schon nicht in gedruckter Tinte, so doch zwischen den Zeilen: die Willkür bleibt! Abgeordnete, die keine greifbare Angst vor dem Verlust ihres Mandates haben, müssen auch nicht umdenken lernen.
Stuttgart 21 und die Immobilienlobby
Wie sämtliche Lobbyarbeit fand auch die Entscheidungsfindung für Stuttgart 21 abseits der etablierten Medien statt, in denen auch bislang trotz der massiven und anhaltenden Bürgerproteste wenig über mögliche Hintergründe und Zusammenhänge zum Beispiel mit der Baulobby zu erfahren war. Die lobbykritische Initiative LobbyControl will nun mit einem eigenen Internet-Portal dagegenhalten und sucht dafür erfahrene und überzeugte Mitstreiter, um die Öffentlichkeit mit den notwendigen Informationen zu versorgen. Das Projekt Lobbypedia soll am 28. Oktober online gehen. Ein Interview mit dem LobbyControl-Sprecher Elmar Wigand.
Bis heute gibt es keinerlei offizielle Bestätigung für einen solchen Vorgang. Man wisse nichts davon, wird bei der Polizei vorsichtig dementiert. Doch ob wahr oder erfunden - die Episode illustriert anschaulich das Unbehagen, ja den Widerwillen vieler Beamter beim Vorgehen gegen die Demonstranten. Ob Fußvolk oder Führungskräfte, ob Aktive oder Ehemalige - das Urteil über den "schwarzen Donnerstag" ist, zumindest hinter vorgehaltener Hand, ziemlich einhellig. "Gegen die Ehre der Polizei" sei der Einsatz gewesen, ja sogar "eine Schande" für sie, heißt es da.
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Medienlügen
Am Samstag um 23 Uhr sind die öffentlich rechtlichen Medien über die Kante in den Abgrund gesprungen und befinden sich nun im freien Fall. Der Grund: Alle Balken sind durch die ständigen Lügen so durchgebogen, dass diese nun gebrochen sind.
In den Tagesthemen um 23 Uhr am 23.10. wurden, nach einem noch erträglichen Bericht über Wikileaks, die Proteste in Stuttgart thematisiert. Der Aufmacher war “Bürger demonstrieren FÜR Stuttgart 21?.
Dort wurde erstmals in der Geschichte der öffentlich rechtlichen Medien die Zahl der Veranstalter von angeblich 10.000 einfach übernommen – ohne die Zahlen der Polizei, die hier auch viel zu groß gegriffen sind, von 7.000 Menschen zu erwähnen. Augenzeugen sprechen von 2.500-3.000. Bei Berichten zu regierungskritischen Demonstrationen werden immer die Angaben der Polizei verwendet.
Unglaubliche Probleme in Mathematik muss aber die Polizei am 23.10. überhaupt gehabt haben. Auf der schon traditionellen Samstags-Kundgebung waren nach Angaben der Polizei 16.000 Menschen, nach Angaben der Veranstalter mehr als 50.000 Menschen – was eine Abweichung von fast 330% ist.
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Brückenbau nach Sizilien: Berlusconi setzt sich gigantisches Baudenkmal
Es soll die höchste, längste, breiteste, schwerste und teuerste Brücke aller Zeiten werden. Sechs Milliarden Euro werden bereits in der ersten Kalkulation veranschlagt.
Doch viele fühlen sich erdrückt durch das Mammutprojekt - und tragen ihren Protest auf die Straße. Nationale Großdemonstration in Messina vor wenigen Tagen.
Anna Giordano, Umweltschützerin:
"Die Wut der Leute wird immer größer. Wir waren zu viert am Anfang! Und nun sind wir bei den Demonstrationen schon 10.000, 20.000."
Die Bürger fühlen sich übergangen: ein solch gigantisches Projekt, einfach über ihre Köpfe hinweg. Zig Milliarden, auf ihre Kosten.
Giuseppe Buzzanca, Bürgermeister von Messina:
"Die Brücke verkörpert die Möglichkeit, endlich die große Metropole der Meerenge zu erschaffen, von der man viele Jahre lang gesprochen hat, und die heute Wirklichkeit werden kann."
Und dies will der Bürgermeister mit allen Mitteln durchsetzen, da ist er sich mit seinem Ministerpräsidenten einig. Widerspenstige Grundstücksbesitzer werden notfalls enteignet, schließlich hat Berlusconi die Brücke zum Bauwerk mit nationaler Bedeutung deklariert.
Aber wird der Boden ein solch monströses Bauwerk überhaupt tragen können? Der Untergrund ist so voller Sand, dass die Erdproben zunächst über Tage hinweg vereist werden müssen, damit sie überhaupt intakt nach oben geholt werden können. Ein Riesenaufwand, und das ist nur ein Vorgeschmack auf die gigantischen Bauarbeiten, die noch folgen werden.
Die Brückenbauer geben sich optimistisch. Doch immer mehr fragen sich: Warum wird diese Riesenbrücke unter diesen Umständen überhaupt gebaut?
Laut Bürgermeister und Bauherren soll die Brücke zu 80 Prozent privat finanziert werden. Rund anderthalb Milliarden Euro öffentlicher Gelder sind bereits geflossen. Den meisten Sizilianern ist klar, wohin. Aber nur wenige sprechen es so offen aus wie er.
Giuseppe Restifo, Geschichtsprofessor:
"Die einzige Privatfirma, die wir hier gesehen haben, hat der Ingenieur Zappia hierher gebracht. Und der war der Vertreter der italo-kanadischen Mafia. Die kanadische Mafia hatte sich angeboten Geld zu investieren. Wir nennen das Geldwäsche. Und das waren die einzigen privaten Investoren."
Korruption und Mafia dominieren nicht nur die großen Bauvorhaben. Das gesamte Gemeinwesen in Sizilien krankt nach wie vor daran, deshalb kommt nichts voran. Überall sehen wir solche Bauruinen. Die Arbeitslosigkeit in Sizilien ist mit 14 Prozent fast doppelt so hoch wie im übrigen Italien. Die Brücke empfinden viele daher wie einen Schlag ins Gesicht.
Anna Giordano:
"Hier wird Geld verschwendet, das so dringend gebraucht wird. Für die Infrastruktur, für die ganz gewöhnlichen Grundbedürfnisse. Für ein zivilisiertes Leben."
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Amnesty International kritisiert Polizei
Amnesty International kritisiert die mangelnde Aufarbeitung des gewalttätigen Einsatzes gegen Stuttgart-21-Gegner. Die Organisation recherchiert auch selbst.
Für Monika Lüke ist es eine ganz einfache Rechnung. Mehr als 100 Verletzte hat es bei dem gewalttätigen Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner Ende September gegeben. Amnesty International, deren Generalsekretärin in Deutschland Lüke ist, weiß aber nur von einem einzigen Ermittlungsverfahren gegen einen Polizisten nach dem Einsatz.
"Es kann eigentlich nicht sein, dass nur in einem Fall ermittelt wird", sagte Lüke der taz auf der Amnesty-Fachkonferenz "Polizei und Menschenrechte" am Montag in Berlin. "Wir sehen mit Sorge, dass hier wahrscheinlich nicht unabhängig und allumfassend ermittelt wird."
Insgesamt hat Amnesty International nach Lükes Angaben seit Juli mehr als 100 ernstzunehmende Beschwerden über Polizeigewalt in Deutschland bekommen. Seitdem läuft die Amnesty-Kampagne "Mehr Transparenz bei der Polizei", in der unter anderem eine individuelle Kennzeichnungspflicht für Polizisten und unabhängige Untersuchungen bei Fällen von Polizeigewalt gefordert werden. "Allein online unterstützen mehr als 23.000 Menschen unsere Forderung nach mehr Transparenz und Verantwortung bei der Polizei", sagte Lüke.
Unterstützung erhielt Amnesty auf der Konferenz am Montag auch von dem Bochumer Kriminologen Thomas Feltes. "Konkrete Ereignisse und Fehlverhalten in der Polizei werden noch immer zu oft verschwiegen oder vertuscht", sagte Feltes.
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, lehnte hingegen die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für Polizisten erneut ab. Um Verstöße durch einzelne Beamte aufzuklären, benötige man auch keine weiteren "Ermittlungseinrichtungen", sagte Wendt.
CDU setzt Jubelperser-Strategie fort Trotz des gestrigen desaströsen Ergebnisses von gerade einmal 7.000 Demonstranten auf der ersten "Groß"-Demo, setzt die CDU in Baden-Württemberg ihre Strategie fort, wonach Mitglieder und "interessierte Bürger" aus allen Landkreisen mittels Bussen, Sektempfang und wie hier Landtagsbegehung, nach Stuttgart auf die Pro S21-Demo gekarrt werden sollen, um wenigstens ein paar Menschen mit Fähnchen medienwirksam platzieren zu können.
Die CDU 2010 ist an Peinlichkeit kaum noch zu überbieten. Es ist fremdschämen angesagt.
Die CDU bekommt nicht genügend Jubelperser auf die Straße Trotz der grossflächigen Werbung für die "Groß"-Kundgebung Pro Stuttgart 21, ist es der CDU nicht gelungen, eine stattliche Anzahl an so genannten Jubelpersern auf den Stuttgart Schlossplatz zu bekommen. Die Polizei sprach anschließend von rund 7.000 Demonstranten, was die Anzahl der sonst üblichen Pro S21-Demonstranten kaum übertraf. Die zuvor aus allen Rohren abgefeuerte Propaganda für die Kundgebung verpuffte demnach wirkungslos.
Und dabei gaben sich die Orts- und Kreisverbände der CDU doch solche Mühe und spendierten Mitgliedern und "interessierten Bürgern" kostenlose Busfahrten zur Demo, die übrigens durch unser aller Steuergelder finanziert werden. Hier ein Auszug von der Webseite des CDU Kreisverbands Göppingen:
"CDU-Kreisverband Göppingen lädt ein zur Großkundgebung Pro S21
Die CDU im Kreis Göppingen lädt ihre Mitglieder sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger, die das Projekt Stuttgart 21 unterstützen möchten, zu dieser Veranstaltung am kommenden Samstag 23.10.2010 herzlich ein.
Es wird ein Bus eingesetzt, der die Teilnehmer nach Stuttgart und wieder zurück bringt. „Das Bahnprojekt Stuttgart 21 ist für das Land und unseren Landkreis von herausragender Bedeutung. Mit unserer Teilnahme an der Großkundgebung wollen wir ein deutliches Zeichen der Unterstützung setzten“, so die CDU-Kreisvorsitzende Nicole Razavi MdL."
Es ist an Peinlichkeit kaum zu überbieten, dass eine regierende Partei es nötig hat, seine Mitglieder aus dem Umland anzukarren, um wenigstens ein paar Leute auf den Schlossplatz zu bekommen, die so tun, als seien sie ernsthaft an der Durchführung des Projektes interessiert. Wenn die CDU Stuttgart es nicht schafft, in ihrer eigenen Stadt eine entsprechende Anzahl an Befürwortern auf die Straße zu bekommen, sollte sie sich vielmehr überlegen, weshalb dies so ist, anstatt so genannte Jubelperser aus dem Umland in die Landeshauptstadt zu karren und jedem ein Papierfähnchen "I love S21" in die Hand zu drücken. Es ist zutiefst beschämend, dass eine regierende Partei in Deutschland zu solch niederen Mitteln greifen muss, während sich auf der Gegenseite Abertausende Bürgerinnen und Bürger selbst organisieren und zwei Mal in der Woche Massendemonstrationen durchführen, die jede für sich genommen einen enormen Aufwand in finanzieller als auch personeller Hinsicht darstellt.
Hier das Volk in Eigenregie, dort eine von Parteien und Wirtschaft gesponsorte "Demonstration" mit Sekt, Glühwein und Häppchen um die eigene Linie zu rechtfertigen und ein Stück vom medialen Wahrnehmungskuchen abzubekommen. Die CDU regiert nicht mehr, sie reagiert nur noch. Eine Regierungspartei zeigt erste Auflösungserscheinungen.
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Sie haben nichts unversucht gelassen: Internetkampagnen, ganzflächige Zeitungswerbung, namhafte Redner aus dem Kreise des so genannten "Lügenpacks", Mobilisierung von "Jubelpersern" aus dem CDU-Landkreis, ja sogar Briefkasteneinwürfe in Stuttgart und der Region.
Doch es hat nichts genutzt.
Es sollte die größte und eindrucksvollste Demonstration der Stuttgart 21-Befürworter und Projektbetreiber werden, doch ein Blick auf den Stuttgarter Schlossplatz zeigte, dass der Platz nahezu komplett leer geblieben ist. Lediglich ein kleiner Haufen vor der neuen Kunstgalerie, geschätzte 5.000 Menschen (Polizei rundet bestimmt auf 10.000 auf), bekennen sich zur Stunde, aus welchen plakativen Gründen auch immer (von den menschlich niederen Gründen a la "Wir wollen auch mal, nicht immer nur die Ossis" ganz zu schweigen), für den Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof. Die massenhafte Werbung für die Pro S21-Demo innerhalb der CDU in gesamt Baden-Württemberg leidet ganz offensichtlich unter ähnlichen Kommunikationsproblemen wie das Projekt an sich.
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BILD News-Ticker, Samstag, 23. Oktober 2010, 16:02 Uhr: Zehntausendedemonstrieren fürund gegen Tiefbahnhof
Stuttgart – Zehntausende (sic) Menschen sind am Samstag erstmals zeitgleich gegen und für (sic) das Milliardenprojekt Stuttgart 21 auf die Straße gegangen. Bei den Befürwortern joggten hunderte (sic) Menschen zunächst durch Stuttgart, ehe sie sich mit anderen Demonstranten auf dem Schlossplatz versammelten. Neben dem ehemaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel (CDU) wollte dort auch Bahnchef Rüdiger Grube für die Umwandlung des Hauptbahnhofs in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof werben. An der Nordseite des Bahnhofs sprachen sich Demonstranten vehement gegen die Tierferlegung des Bahnhofs aus. Die Veranstalter sprachen von rund 50–000 Teilnehmern, die Polizei machte zunächst keine Angaben.
Thomas Mohr drohen dienstliche Maßnahmen, da er mit Monitor ein Interview führte und dort seine Meinung zum Polizeieinsatz vom 30.09.2010 öffentlich bekannt gab.
Ich möchte darum BITTEN, dass auf der Großdemo ausdrücklich die Solidarität mit diesem Polizisten bekundet wird, und wir dort darüber hinaus seine Polizeilollegen darum bitten sich ebenfalls mit ihm zu solidarisieren und ihm moralisch den Rücken stärken!
Auch die Befürworter von Stuttgart 21 machen auf sich aufmerksam: Gestern Abend liefen sie bereits zum siebten Mal für das Projekt. Im Anschluss sprach Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) bei einer Kundgebung zu ihnen.
Nach übereinstimmenden Angaben von Polizei und Veranstaltern versammelten sich vor dem Rathaus rund 5.000 Menschen, um für das Milliarden-Bauvorhaben zu werben. Zuvor hatten etwa 300 Läufer und 50 Radfahrer an einem Lauf für Stuttgart 21 teilgenommen. Die Aktion unter dem Motto "Zeit zu reden" verlief ohne Zwischenfälle.
Schuster dankte den Teilnehmern für ihr Engagement. Es mache deutlich, dass die Befürworter in der Mehrheit (sic) seien, sagte er.
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Warum die Polizei wirklich so hart zuschlug
Am Freitag beginnen in Stuttgart die Schlichtungsgespräche zwischen Projektbefürwortern und –gegnern, mit Spannung von der deutschen Öffentlichkeit erwartet. Die Bürger versprechen sich auch Aufklärung über die Eskalation der Gewalt beim Polizeieinsatz vom 30. September. Die Polizei hat sich bei ihren Rechtfertigungen für den harten Einsatz in Widersprüche verstrickt. Außerdem beharrt der Polizeipräsident darauf, die alleinige Verantwortung für den Einsatz zu tragen, Politiker hätten sich nicht eingemischt. Doch daran gibt es nach MONITOR-Recherchen erhebliche Zweifel.
Joachim Gauck gegen Baustopp: "Und diese Entscheidungen (sic) jetzt nicht zu vollziehen, das wäre ja fast eine Straftat. Die Politiker, die jetzt sagen, ich baue einfach nicht weiter, die dürfen das gar nicht tun, wenn sie sich selbst ernst nehmen."
- Ein Gaukler für alle
Mehr Mut, verlangt er. Mehr Mut von Politikern, die Dinge auch mal beim Namen zu nennen, Kontroversen zu suchen, Risikobereitschaft generell. Mehr Mut, denn es bräche nicht gleich alles zusammen. Phrasenhaftes Gedresche, doch erquickliches Labsal für die bürgerliche Mitte - Gauck, der alternative Bundespräsident, der freigeistige, humane Streiter, der besser zum Präsidenten aller Deutschen taugt, als sein jüngerer Zwilling aus Hannover: er weiß seiner Klientel zur Ohrenweide zu werden.
Zeigt mehr Mut, erklärte er der Welt, einen Mut, wie Gerhard Schröder damals. Gauck der Verklärer sozialdemokratischer Wohltaten: "Als Bundeskanzler Schröder einst die Frage aufwarf" , so schwatzt er, "wie viel Fürsorge sich das Land noch leisten kann, da ist er ein Risiko eingegangen. Und es begann eine Phase, in der Politik und Risiko zusammen gingen. Solche Versuche mit Mut brauchen wir heute wieder." Mut wie Schröder, mehr Mut zur Reform, Mut zu neuen Hartz-Experimenten. Gauck: das ist der nonkonformistisch duftende, der sich unpolitisch anfühlende Kandidat - der Kandidat aller Deutschen. Einer, der wenig übrig hat für die Habenichtse; einer, der die Mittellosen kritisierte, weil sie sich immer montags trafen, zu Demonstrationen, zu Montagsdemos. Töricht und geschichtsvergessen seien jene gewesen, die den Begriff "Montagsdemo" verwendeten, kritisierte Gauck dereinst. Heute ist er es, der seine possierliche und törichte Geschichtsvergessenheit zur Schau stellt, weil er aus Schröder einen waghalsigen und mutigen Herkules spinnt. Was für ein selbstgerechter Offenbarungseid!
- Der Stasi-Jesus
Schurken, die die Welt beherrschen wollen: Joachim "Behörde" Gauck.
- taz: Inzwischen geben die rot-grünen Parteigranden sogar ehrlich zu, wer sie auf die Idee mit dem Kandidaten Joachim Gauck gebracht hat: Thomas Schmid war es, Chefredakteur der "Welt" aus dem Verlag Axel Springer...
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Durchhalten lautet die Devise
Auf der CDU-Regionalkonferenz in Heilbronn stärkt Bundeskanzlerin Angela Merkel Ministerpräsident Stefan Mappus den Rücken. Man müsse die Kontroverse um Stuttgart 21 aushalten, sagt sie.
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Mehrheit für Baustopp in Stuttgart
Morgen starten die Schlichtungsgespräche zwischen Befürwortern und Gegnern von Stuttgarrt 21. Geht es nach der Mehrheit der Deutschen müsste der Bau gestoppt werden. Das ergab eine stern-Umfrage.
Rebellion aus reichem Hause
Wenn es nach Innenminister de Maizière geht, ist Stuttgart 21 eine Art Klassenkampf, nur von oben nach unten. Helmut Schümann folgert daraus: Die demonstrierenden Schüler brauchen gar keinen Bahnhof. Weil sie von ihren Eltern in der S-Klasse rumkutschiert werden.
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Stuttgart21 - Der spezielle Untergrund in Stuttgart
Nachdem in diesem Artikel ("Stuttgart21 - der GAU") bereits das Chaos, das Verstecken von Kosten und die Widersprüchlichkeiten in der Projektplanung und Vorbereitung von "Stuttgart21" untersucht wurden, nachdem in diesem Artikel ("Stuttgart21 - Schwäbischer Filz") dem Stuttgarter Filz nachgegangen wurde, soll nun die spezielle Frage des Untergrunds im Stuttgarter Talkessel aufgespießt werden. Dort gibt es nämlich eine seltene geologische Formation, die unter dem Stichwort Anhydrit läuft.
Der Tübinger Geologe Jakob Sierich, ein Spezialist für anhydrit- und gipsführende Erdschichten, hat für das Magazin Stern ein Gutachten analysiert. Sein Befund lautet: "Bei ,Stuttgart 21' geht es nicht um mögliche Risse in Häusern, es geht um mögliche Krater, in denen Häuser verschwinden können. Es geht um Menschenleben."
Live-Schlichtung Staat gegen das Volk im Staatsfernsehen
Es ist schon eine Absurdität an sich, dass man zwischen den Regierenden und dem Volk einen Schlichter benötigt. Man sollte doch meinen, dass in einer repräsentativen Demokratie die Regierenden das Volk vertreten, schließlich nennt man sie, zumindest in den Medien, Volksvertreter.
Dass diese Bezeichnung im gemeinen Volk immer weniger Gültigkeit besitzt, machen auch satirischen Sprüche deutlich wie: "Wenn Staubsaugervertreter Staubsauger verkaufen, was machen dann Volksvertreter?"
Anstatt "Dem Deutschen Volke" wird immer mehr "Der Deutschen Wirtschaft" wahrgenommen. Wundern kann diese Entwicklungen nur den Allerblindesten.
Nun also soll ein Schlichter, Heiner Geissler, zwischen Volk und Regierenden moderieren. Die Gespräche sollten sowohl im TV als auch im Internet live ausgestrahlt werden und für ein Novum in Deutschland sorgen. Der S21-Internetsender Fluegel.TV war quasi schon mit an Bord, um den Internetpart zu übernehmen. Fluegel.TV kam in den vergangenen Monaten sehr authentisch bei den Zuschauern an. Und dies sowohl bei Gegnern als auch bei Befürwortern des Projekts. Fluegel.TV streamte die letzten Demos allesamt live ins Internet und war auch am Schwarzen Donnerstag als einzigstes "TV-Team" von 12-17 Uhr vor Ort. Wo waren denn die etablierten TV-Sender? Man hatte von 11-17 Uhr sechs Stunden Zeit Kamerateams in den Park zu bekommen, das sollte lange. Weshalb war kein einziges vor Ort, obwohl die ganze Welt über Twitter bereits nach wenigen Minuten Bescheid wusste?
Am heutigen Tag wurde nun festgelegt, dass der freie Internetsender nicht mehr an den Schlichtungsgesprächen teilnehmen und somit auch kein Live-Rohmaterial ins Internet streamen darf. Stattdessen springt der Staatssender SWR ein und soll das Bildmaterial liefern.
Man muss sich das einmal vorstellen: Da sitzen Ankläger und Angeklagte gegenüber und die Angeklagten bestimmen darüber, welches Bild über die Fernsehstationen vermittelt werden soll. Das ist Untergrabung von Pressefreiheit in Reinkultur.
Sowohl der SWR (Radio und TV) als auch die Stuttgarter Medien (Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten) haben sich in den vergangenen Jahren stets zum Projekt Stuttgart 21 bekannt und ihre Berichterstattung einseitig in diese Richtung ausgelegt. Auf das Alternativkonzept Kopfbahnhof 21 oder all die Kritiken zu S21 ist man zu keinem Zeitpunkt vertiefend eingegangen, stattdessen berichtete man im Stile eines Hofberichterstatters im Sinne der Regierung für das Wahnsinnsprojekt kritiklos. Kein Wunder also, dass Hundertausende diesen Medien keinen Glauben mehr schenken und sich die Stuttgarter Presse seit vielen Wochen mit rückgängigen Abonnentenzahlen herumschlagen muss. Was dies für das zukünftige Vertrauen in Staat und Medien bedeutet, kann man heute nur erahnen. Es wird düster, wenn sich das Volk aufgrund "gekaufter Berichterstattungen" zunehmend am linken und rechten Rand der Informationsbeschaffung bedient.
Und ausgerechnet jenes Staatsfernsehen soll nun also das Rohmaterial bereit stellen, welches anschließend nach Belieben geschnitten an die Nachrichtenagenturen übergeben wird. Der Angeklagte bestimmt, was abends in den Nachrichten zu sehen ist und was nicht. Wo gibt es denn sowas? Die Schlichtung verkommt zur Farce noch bevor das erste Wort gewechselt wurde! Deutschland - Eine Bananenrepublik
Eigentlich ist S21 ein Immobilienprojekt. Die Schienen müssen oben weg, damit man die Gründstücke verkaufen kann. Die großen Baukonzerne werden an diesem Projekt verdienen, die Banken werden an diesem Projekt verdienen und Investoren werden an diesem Projekt verdienen. Die milliardenschweren Kosten aber, für die dafür notwendige Tieferlegung der Gleise und des Bahnhofs, tragen die Steuerzahler.
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Demokratie als Standortnachteil Wenige Tage, nachdem Bahnchef Grube den Demonstranten in Stuttgart ihr Demonstrationsrecht abgesprochen und sein Demokratieverständnis dahingehend offengelegt hatte, dass er kundtat, die Bürger hätten gefälligst dem Willen der Parlamente zu folgen, nichts anderes sei schließlich "Kern einer Demokratie", erfreute sich Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) auf einer Reise durch Saudi-Arabien und Katar, zwei Diktaturen am Persischen Golf, an der dortigen Ruhe, von der Regierungshandeln begleitet wird. Nicht nur er, sondern auch andere bewerten derlei "Ruhe" dabei inzwischen als Standortvorteil im internationalen Wettbewerb. So wird von der deutschen Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt in gewissen Kreisen denn aktuell auch eine Debatte über "einen möglichen Nutzen diktatorischer Regierungsformen" geführt.
Der unheilbare Mangel
Den Gegnern des Bahnprojekts Stuttgart 21 wird vorgeworfen, sie hätten ausreichend Gelegenheit zum Mitreden gehabt. Doch von wegen. Ein Blick in die Archive zeigt: Diese Unterstellung ist schlicht falsch. Ein längst überfälliger Rückblick.
Konstantin Wecker live in Stuttgart
Am vergangenen Samstag hatte Konstantin Wecker bei der Demonstration der Stuttgart-21-Gegner auf dem Schlossplatz einen wahrhaft großen Auftritt, der bei den 30000 Menschen, die dabei waren, sicherlich die eine oder andere Gänsehaut verursacht hat
Bahn profitiert von Projekt Stuttgart 21
Das umstrittene Riesenprojekt Stuttgart 21 bringt dem Staatskonzern einen Extragewinn von Hunderten Millionen Euro. Das belegt ein Geheimpapier des DB-Vorstands, das der Frankfurter Rundschau vorliegt.
ZEIT-ONLINE: De Maizière sagte, die teils gewalttätigen Demonstrationen gegen Stuttgart 21 zeigten eine Protestkultur, die nicht von der extremen Linken oder Rechten ausgehe. "Die bürgerliche Gesellschaft sollte sich darüber Gedanken machen", sagte der CDU-Minister. "Was ist passiert, dass bürgerliche Menschen aus wohlbehüteten Familien plötzlich Lust am Aus-der-Reihe-Tanzen haben?"
Und tanz den Mussolini
Tanz den Kommunismus
Und jetzt den Mussolini
Und jetzt den Adolf Hitler
Und jetzt den Jesus Christus
Und ein weiteres Mal sei auf Thomas de Maizières "Stimmungsdemokratie" verwiesen, die keineswegs ein "Fauxpas" war. - So hetzte z.Bsp. sein Parteigenosse Roman Herzog (*) im April 2008 von einer Rentnerdemokratie ("Die Alten plündern die Jungen aus") und ließ im darauf folgenden Monat das Deutsche Volk wissen: Das Volk folgt… das sagt doch schon der Name.
Nach dem umstrittenen Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner Ende September melden sich nun auch kritische Stimmen aus Reihen der Polizei. So zitiert das Hamburger Abendblatt am Montag einen Mannheimer Polizeikommisar, der am Stuttgarter Einsatz beteiligt war und ihn nun scharf kritisiert. Man habe in Stuttgart "ein Exempel statuiert, Macht demonstriert, ganz sicher auch schon mit Blick auf den nächsten Castor-Transport", so der 48-jährige Polizeikommissar Thomas Mohr.
Vor allem die schwarz und dunkelgrau gekleideten, zumeist jungen Beamten der Beweis- und Festnahmeeinheiten, die beim Stuttgarter Einsatz von der Bundespolizei und aus Bayern kamen, agierten wie "scharfe Kampfhunde". Wenn man diese "von der Leine und räumen lässt, dann beißen sie ohne Erbarmen zu", so Mohr. "Dafür wurden sie gedrillt und ausgebildet." Für den Einsatz müsste es ein Okay gegeben haben, erklärt der Polizist. "Von ganz oben - mindestens vom Innenministerium."
Die Stuttgarter Polizei weist die Vorwürfe Mohrs zurück. "Das ist die Einzelmeinung eines Beamten", so ein Sprecher des Polizeipräsidiums Stuttgart. Die Bundespolizei wollte die Aussagen auf taz-Anfrage nicht kommentieren.
Doch nicht nur das Vorgehen der "schwarzen Einheiten" gegen Stuttgart-21-Gegner steht in der Kritik. Ein weiter Einsatzpolizist, der nicht mit seinem echten Namen genannt wird, bestätigte gegenüber dem Abendblatt den gezielten Einsatz von Provokateuren. "Ich weiß, dass wir bei brisanten Großdemos verdeckt agierende Beamte, die als taktische Provokateure, als vermummte Steinewerfer fungieren, unter die Demonstranten schleusen", so der Polizist. "Sie werfen auf Befehl Steine oder Flaschen in Richtung der Polizei, damit die dann mit der Räumung beginnen kann."
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Polizei provoziert Krawall
Während der Focus in seiner aktuellen Ausgabe unter Verweis auf das Bundeskriminalamt (BKA) vor militanten Atomkraftgegnern bei den Protesten gegen den nächsten Castortransport warnt, packen im Hamburger Abendblatt (Montagausgabe) Polizisten über Gewalttäter und Krawallmacher aus, etwa bei den Auseinandersetzungen um das Bahnhofsprojekt »Stuttgart 21«: Beamte in Uniform und »agent provocateurs« in Zivil. Ein 48jähriger Polizist, der Ende September, Anfang Oktober mit seiner Hundertschaft im Stuttgarter Schloßgarten mitten im »Kampfgetümmel« war, berichtet in der Zeitung, der Einsatz von Wasserwerfer, Schlagstock und Pfefferspray gegen »friedlich demonstrierende Bürger, Kinder, Rentner und brave Schwaben« sei ein Schock für ihn gewesen. 400 Demonstranten wurden dabei verletzt.
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Stuttgart-21 Dossier
Als "Kinderschänder", "Blutbullen" und "Erfüllungsgehilfen" haben Stuttgarter Demonstranten ihn und die anderen seiner mit Absperraufgaben betrauten Hundertschaft an den ersten Oktobertagen nach den gewaltsamen Polizeiübergriffen beschimpft. Eine Rentnerin, gepflegt, gut gekleidet, augenscheinlich "keine Berufsdemonstrantin", habe ihm vor lauter Wut über das Geschehene den Ellenbogen in den Bauch gerammt. "Das hat mir körperlich nicht wehgetan, doch es hat mich innerlich tief getroffen", sagt der kritische Kommissar, der in seiner Freizeit Kinder- und Jugendbetreuer ist und sich ehrenamtlich für die Gewerkschaft der Polizei engagiert.
Thomas Mohr kratzt sich am Kinn, schüttelt den Kopf, sucht nach Worten: "In der sonst so ruhigen Hauptstadt der Schwaben wurde ein Exempel statuiert, Macht demonstriert, ganz sicher auch schon mit Blick auf den nächsten Castor-Transport. Stuttgart ist wohl nur Teil eines großen Puzzles. Die Politik vergackeiert uns zunehmend, und, was noch schlimmer ist, sie ignoriert den Willen der Bevölkerung", sagt er und zeigt auf seinem Computerbildschirm ein Bild der neuen Generation von Wasserwerfern. Sie stehen kurz vor der Auslieferung: blaue futuristische Ungetüme, die noch mehr Liter fassen und wie Panzer aussehen. Thomas Mohr wendet seinen Blick vom Bildschirm ab und guckt aus dem Fenster in den blauen Himmel über Mannheim. "Wenn man scharfe Kampfhunde, ich meine die Polizei-Spezialeinheiten, mit zu einer Demonstration nimmt und sie dann auch noch ohne ersichtlichen Grund von der Leine und räumen lässt, dann beißen sie ohne Erbarmen zu. Dafür wurden sie gedrillt und ausgebildet. Das wussten die, die für den Einsatz verantwortlich waren, ganz genau. Sie mussten das Okay von oben haben. Von ganz oben. Mindestens vom Innenministerium."
Mit "scharfen Kampfhunden" meint Thomas Mohr die schwarz und dunkelgrau gekleideten, meist sehr jungen Kollegen von den Beweis- und Festnahmeeinheiten (BFE), die beim Stuttgarter Einsatz größtenteils von der Bundespolizei und aus Bayern kamen.
Der Polizist sitzt in seinem Dienstzimmer im zweiten Stock eines grauen Hauses in Mannheims Innenstadt. An einigen Zimmertüren hängen Stuttgart-21-Aufkleber. Schwarze Schrift auf gelbem Untergrund, von unten links nach oben rechts rot durchgestrichen. Zeichen und Symbol der Bahnhofsgegner. Nach dem Wasserwerfer-Tränengas-Schlagstock-Einsatz sympathisieren noch einige Beamte mehr aus Mohrs Hundertschaft mit den Gegnern des milliardenteuren Bahnhof-Projekts. Er selbst will auch nicht, dass der Bahnhof gebaut wird.
Werde er noch einmal Zeuge einer solchen "Gewaltorgie", bekomme er gar selber den Befehl, gegen friedliche Demonstranten den Schlagstock einzusetzen, werde er von dem in den Beamtenstatuten definierten Remonstrationsrecht Gebrauch machen: Nach Vorschrift des Beamtenrechts muss der Beamte dienstliche Handlungen auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen. Hat er Bedenken gegen eine Weisung, kann er seinen Vorgesetzten gegenüber remonstrieren, gegen die Ausführung der Weisung Einwände erheben. Remonstrierer werden bei Beförderungen gerne übergangen, gelten als Querulanten, weiß Thomas Mohr: "Doch die Situation in diesem Herbst ist so ernst, sie erfordert auch aus den Reihen der Einsatzkräfte Beamte, die den Mund aufmachen. Was in Stuttgart passiert ist, war falsch. Ich war dabei. Ich schäme mich dafür."
(...)
Derzeit versehen zwischen Bayern und Schleswig-Holstein 239 000 Polizeibeamte ihren Dienst. 10 000 Stellen wurden allein in den letzten zehn Jahren gestrichen. Die Einsätze werden jedoch immer zahlreicher und schwieriger. Rücken die Hundertschaften zu Fußballspielen aus, zu Aufmärschen von Neonazis oder zu Demonstrationen und Krawallen von Linksautonomen, sind die Fronten noch klar. Hooligans, Rechte, schwarze Blöcke und die sogenannten Berufsdemonstranten müssen in Schach gehalten werden. In Stuttgart oder Gorleben jedoch stehen die Polizisten breiten, größtenteils friedlichen Bürgerbewegungen gegenüber.
Hannes Hecht (Name geändert), in Hamburg aufgewachsen, ist noch keine 30 Jahre alt und sehr vorsichtig. Der Treffpunkt für das Gespräch liegt weit weg von seiner Dienststelle in einer norddeutschen Großstadt. Er ist fast zwei Stunden mit dem Auto gefahren. Er möchte nicht mit seinem richtigen Namen in der Zeitung stehen, sagt er: "Kritik an die Politik aus den Reihen der Einsatzpolizei ist leider noch eine sehr zarte Pflanze. Ich hoffe, sie kriegt jetzt einen Wachstumsschub." Hannes Hecht, Jeans, hellblaues Hemd, frisch rasiert und akkurate Frisur, strebt eine Karriere beim Landeskriminalamt an. Alles lief glatt. Zielfahnder sei sein Traumjob, sagt er. Das Abitur hat er mit einem Zweierdurchschnitt gemacht, die Polizeiführungsakademie besucht, Erfahrungen im Rauschgift- und im Betrugsdezernat gesammelt, komplizierte Fälle aufgeklärt. Er hat bereits einige Sprossen auf der Karriereleiter erklommen. Doch vor wenigen Wochen ist er ausgerutscht.
Als seine Einheit nach Stuttgart verlegt werden sollte, stellte er einen Urlaubsantrag, weil er den Einsatz nicht mittragen konnte. Und wollte. Er hat verwandtschaftliche Beziehungen nach Stuttgart. Er ist auch ein Bahnhofsgegner. "Ich weiß, dass wir bei brisanten Großdemos verdeckt agierende Beamte, die als taktische Provokateure, als vermummte Steinewerfer fungieren, unter die Demonstranten schleusen. Sie werfen auf Befehl Steine oder Flaschen in Richtung der Polizei, damit die dann mit der Räumung beginnen kann. Ich jedenfalls bin nicht Polizist geworden, um Demonstranten von irgendwelchen Straßen zu räumen oder von Bäumen runterzuholen. Ich will Gangster hinter Gitter bringen", erklärt er, wohl wissend, dass Karrieren junger Polizisten nur durch die Einsatzhundertschaften gehen, die auch er durchlaufen muss.
Sein Urlaubsantrag wurde abgelehnt. Der Vorgesetzte drohte vor versammelter Truppe, dass Beamte, die sich vor solchen Einsätzen krankmeldeten oder beim Einsatz durch Zurückhaltung auffielen, Ärger bekämen. Und unter vier Augen steckte er Hannes Hecht, dass er seine Karriere vergessen, maximal noch Dorfpolizist werden könne, wenn er sich bei dem Einsatz nicht bewähre.
Schlimm sei es für ihn in Stuttgart gewesen, sich beschimpfen zu lassen als "staatshöriger Vollstrecker" und "vorauseilender Gehorsamer". Das tue weh, frustriere und sei nicht gut fürs innere Gleichgewicht: "Ich erkenne mit mehr als nur Magengrummeln, dass der Staat, dem ich diene und der mich damit beauftragt, Recht und Gesetz durchzusetzen, selbst in seinen inneren Strukturen immer weniger freiheitlich und demokratisch ist."
Seinen Job zu kündigen kommt für den norddeutschen Polizisten jedoch nicht infrage. Das kann er sich nicht leisten: Er ist frisch verheiratet, seine Frau hat gerade das zweite Kind bekommen - und er hat nichts anderes gelernt als Polizist. Wenn er beim Landeskriminalamt endlich fest im Sattel sitze, werde er zu keinen Demonstrationen mehr beordert, hofft er. (...)
Ex-Polizeiführer über Polizeieinsatz: "Alles muss aufgeklärt werden"
Als Polizeiführer hat Günther Rathgeb von 1974 bis 1993 der Stuttgarter Polizei bundesweit einen guten Ruf verschafft. Bei den vom ihm geleiteten Einsätzen galt nach der "Stuttgarter Linie" das Prinzip der Offenheit und der Verhältnismäßigkeit. Nach dem Einsatz am 30. September im Schlossgarten mit mehr als 400 Verletzten stehen die Ordnungshüter für ihn als Verlierer da. Er fordert einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss.
Stuttgarter Zeitung: Die Öffentlichkeit ist über den Einsatz empört. Muss das Geschehen auch politisch von einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufgearbeitet werden? Günther Rathgeb: Auf jeden Fall! Das dürfte auch das Anliegen des Polizeiführers und seiner Mitarbeiter sein. Das Geschehen muss unter Einbeziehung aller Beweismittel so lückenlos wie möglich aufgeklärt werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass auch die große Mehrheit der Polizeibeamten darauf Wert legt. Es gehört zum Rechtsstaat, dass auch das Verhalten der Polizei untersucht und Fehler geahndet werden. Die Polizei muss in der Lage sein, ihren Einsatz zu dokumentieren und zu rechtfertigen.
Stuttgarter Zeitung: Was bedeutet der Einsatz für das Verhältnis von Polizei und Bürgern? Günther Rathgeb: Es trübt das an sich gute Verhältnis ungemein. Es ist nicht damit getan, dass einige Leute nun sagen, das war absolut richtig, die Demonstranten gehören in die Schranken gewiesen. Das Ansehen der Polizei hat erheblichen Schaden genommen, und das wird Auswirkungen haben im Alltag.
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"Wir empfinden das als Demütigung"
Die ersten Gespräche zwischen Gegnern und Befürwortern des Bahnhofbaus in Stuttgart endeten mit dem Rückzug der "Parkschützer". Im stern.de-Interview nennt Sprecher Fritz Mielert die Gründe für den vorzeitigen Ausstieg.
Mai 2008: Oberster Bundes-verfassungsrichter Voßkuhle wegen Rechtsbeugung angezeigt
Am 20. März 2010, nur wenige Tage nach der Ernennung von Prof. Dr. Andreas Voßkuhle zum Präsidenten des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe, erstattete der ehemalige Abgeordnete des niedersächsischen Landtages, Dipl.-Ing. Michael Oswald Hoch, aus 38550 Isenbüttel in Niedersachsen, Strafanzeige bei der Generalbundesanwältin Harms in Karlsruhe gegen Voßkuhle (...) wegen des dringenden Verdachtes der Rechtsbeugung gemäß § 339 StGB.
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Stuttgart 21 - wer zieht die Notbremse?
Ein Vertrag ist ein Vertrag ist ein Vertrag - ginge es nach der Stuttgarter Landesregierung, so wäre S21 auf politischem oder juristischem Weg nicht mehr aufzuhalten. Doch diese Position ist kaum haltbar, gibt es doch zahlreiche Ausstiegsszenarien.
Man stelle sich einmal folgendes Szenario vor: Ein Familienvater will sich endlich den Traum von einem Häuschen im Grünen erfüllen und beauftragt ein Bauunternehmen, ihm sein Traumhaus zu bauen. Noch vor dem ersten Spatenstich stellt sich jedoch heraus, dass der Bau nicht nur doppelt so teuer wird, sondern dass das Baugrundstück gänzlich ungeeignet ist und grundlegende Planungskriterien nicht mehr eingehalten werden können. Glaubt irgendwer ernsthaft, dass der Familienvater nicht mehr vom Vertrag mit dem Bauunternehmen zurücktreten kann und wirklich anstatt seines Traumhauses auch eine Bruchbude zum doppelten Preis abnehmen muss? Natürlich nicht, dafür sorgt ein Rechtsgrundsatz mit dem schönen lateinischen Namen "clausula rebus sic stantibus" (Bestimmung der gleichbleibenden Umstände).
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Die Bahn AG: Größenwahn statt Bürgerbahn
Mancherorts verkommt das Streckennetz, Züge kommen zu spät, notwendige Investitionen werden aufgeschoben. Panorama über die Bahn AG und Größenwahn statt Bürgerbahn.
SPD stimmt für "S21"-U-Ausschuss Die SPD in Baden-Württemberg will nach dem Polizeieinsatz gegen Gegner des Bahnprojekts "Stuttgart 21" einen Untersuchuchungsausschuss einrichten.
Der SPD-Landesparteitag unterstützte mehrheitlich diese Forderung der Jungsozialisten und stimmte damit gegen die Position der Parteispitze. Zusammen mit den Grünen könnte der Ausschuss durchgesetzt werden.
Unterdessen demonstrierten in erneut Stuttgart erneut Tausende Menschen gegen das Projekt.Mehrere besetzten zeitweise den Südflügel des Hauptbahnhofs.
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Das Aktionsbündnis ist darüber enttäuscht, Land und Bahn im letzten strittigen Punkt des Grundwassermangements sich nur minimal bewegt haben.
Das Aktionsbündnis hat erreicht, ...
- dass am Georg-Kiesinger-Platz keine Arbeiten statt finden,
- dass die Entkernung des Südflügels eingestellt wird,
- dass keine weiteren Vergaben von seiten der Bahn vergeben werden.
- dass keine vorbereitende Maßnahmen (der Einzelfundamente, der Betonplatte, keine Anlieferung der Baumaschinen) statt findet.
Nur die Erdarbeiten gehen weiter.
Die aktiven Parkschützer werden an den zukünftigen Gesprächen nicht teilnehmen, bleiben aber weiter Mitglied im Bündnis. Das heißt auch, dass die Friedenspflicht für sie nicht bindend ist. Trainings und Blockaden sind weiter möglich.
Alle Demonstrationen samstags und montags gehen selbstverständlich weiter.
Gemeinsam Oben bleiben!
Hannes Rockenbauch
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Stuttgart 21: Schlichtung spaltet Projektgegner
Die Schlichtungsgespräche über das Bahnprojekt Stuttgart 21 gehen ohne die Gruppe der Parkschützer weiter. Die Gruppierung sei aus den Sondierungsgesprächen ausgestiegen, sagte ihr Sprecher Matthias von Herrmann am Freitag in Stuttgart: Bahn und Politik wollten die Bürger "mit Angeboten abspeisen, die unannehmbar sind". So solle es für das Grundwassermanagement weiter massive Erdarbeiten im Schlossgarten geben. "Für die Opfer des brutalen und unverhältnismäßigen Polizeieinsatzes ist es eine Demütigung, wenn im Schlossgarten weiter massive Bauarbeiten stattfinden", sagte von Herrmann.
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Einspruchsrechte: Wirtschaft klagt über Bürger
Die deutsche Wirtschaft fordert nach den massiven Protesten gegen Stuttgart 21 und andere Großprojekte raschere Entscheidungsverfahren mit geringeren Einspruchsrechten der Bürger. Bei der Kanzlerin stößt sie damit auf offene Ohren.
EU besteht auf S 21
Siim Kallas, ein Este, Vertreter des Zwergstaats am Finnischen Meerbusen (mit 0,26% der Einwohner der EU) aber Kommissar der EU und eben auch zuständig für den Verkehr in Deutschland*), unterstützt - wie könnte es anders sein - Mappus und Grube mit der Behauptung, der geplante Grubenbahnhof sei das Kernstück der geplanten Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Paris und Bratislava, die nach Meinung des Esten eine extrem wichtige europäische Verbindungsachse werden würde (könnte, sollte, möchte ...).
Sollten die guten Beziehungen zwischen Frankreich und der Slowakei tatsächlich daran scheitern, dass der Schnellzug in Stuttgart auch noch nach 2020 die Lok und die Fahrtrichtung wechselt? Was ist denn das für ein Blödsinn!
Auf einer Strecke von rund 1.300 Kilometern wird der Stuttgarter Kopfbahnhof zum Kernstück hochstilisiert?
Sollen die auch alle verbuddelt werden, Herr Kallas? Und falls nicht, warum nicht?
Gäbe es da nicht auch wichtige europäische Achsen zu planen?
Und wenn es dem Hohen Kommissar schon so wichtig ist, warum übernimmt dann die EU nicht die Baukosten und die Haftung für die Risiken der Untertunnelung der Stuttgarter Innenstadt?
EU zu Stuttgart 21: Die Gleise sind’s – nicht der Bahnhof
Wer den Namen Siim Kallas bis dato nicht kannte, konnte dies gestern nachholen. Die Morgennachrichten präsentierten ebenjenen Kallas als glühenden Fan von Stuttgart 21: „ein Kernstück“ der geplanten Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Paris und Bratislava sei das, zitierte die Rheinische Post den EU-Verkehrskommissar; eine „extrem wichtige transeuropäische West-Ost-Achse“, die Kommission lege „allergrößten Wert darauf, dass sie gebaut wird.“
Da Worte von Kommissaren Gewicht haben können und jener für Verkehr zum Thema Bahn sogar etwas zu sagen hat, blieb die Wirkung nicht aus. Brüssel „schaltet“ sich in den Stuttgarter Bahnhofsstreit ein, tickerten Nachrichtenagenturen. Und Günther Oettinger, heute Energie-Kommissar und bis 2009 CDU-Ministerpräsident im Ländle, dürfte begeistert gewesen sein, dass der Kollege Kallas aus Estland so offen für das schwäbische Untergrundprojekt warb, wie er, Oettinger, es allenfalls in vertraulichen Hintergrundkreisen zu tun pflegt.
Die Kritik ließ nicht lange auf sich warten. Kallas sei zwar „neu im Amt“, gleichwohl aber „an Beschlüsse gebunden“, monierte der Grünen-Europaabgeordnete Michael Cramer. Seit Jahren gelte: Die EU finanziere Gleisstrecken, Bahnhöfe indes seien „nationale Angelegenheiten“. Kallas sowie früher Oettinger und heute dessen Nachfolger Stefan Mappus (CDU) sollten nicht Dinge „vermischen“, die nichts miteinander zu tun hätten, mahnte Cramer.
Die Kommission bemühte sich um Schadensbegrenzung. Kallas habe der Rheinischen Post kein Interview gegeben, hieß es. Allenfalls habe man das Blatt mit einigen Zitaten versorgt, die dann unvollständig und aufgebauscht in die Nachrichten gelangt seien. Fakt sei jedenfalls, so ließ Kallas mitteilen, dass Planung und Bau von Bahnhöfen Sache der Mitgliedstaaten sei und Brüssel nicht daran denke, hier mitzureden.
Cramer verlangt Klarheit. Gut 215 Millionen Euro aus EU-Töpfen sind zwischen 2007 und 2013 für die Gleiserneuerung Stuttgart-Wendlingen-Ulm eingeplant. Bisher sind schon etwa 14 Millionen geflossen. Er poche auf Zusicherungen, dass keine EU-Gelder zum Ausbau eines „ineffizienten Luxusbahnhofs“ zweckentfremdet würden, sagt Cramer.
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Kannste haben, Ivo! Der Ulmer Oberbürgermeister Ivo Gönner (SPD), einer der hartnäckigsten Befürworter von Stuttgart 21
BUND siegt über Talibahn: Baumfällarbeiten für "Stuttgart 21?" waren rechtswidrig Wie die Parkschützer auf "Bei Abriß Aufstand" heute sehr richtig bemerken, verloren weder die öffentlich-rechtlichen Staatsmedien, noch die Informationsindustrie auch nur ein Wort über die Pressemitteilung des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland). Dabei hatte dieser doch gegen den Staatskonzern "Deutsche Bahn AG" eine entscheidende Gerichtsverhandlung gewonnen.
Mit Hochdruck gegen Ungehorsam
78 neue Wasserwerfer für deutsche Polizeien spritzen bald mit noch höherem Druck aus drei Rohren. Hinzu kommen 52 Spähfahrzeuge mit Zoom und Richtmikrofon
Die Bereitschaftspolizeien der Länder werden mit neuen Wasserwerfern ausgerüstet. Nach einer Ausschreibung von 2008 wurde ein entsprechender Auftrag an die österreichische Firma Rosenbauer vergeben. In den Genuss der neuen Distanzwaffe kommen zuerst die Länderpolizeien in Hamburg, Berlin, Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Zwei Fahrzeuge werden noch 2010 übergeben, drei weitere in 2011 ausgeliefert. Der Stückpreis liegt über 900.000 Euro, bis 2019 ist die Anschaffung 78 neuer Geräte für insgesamt 75 Millionen Euro geplant.
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Neuer Sprecher von Stefan Mappus: Der große Einflüsterer
Jahrelang gab Dirk Metz den Ton an, mit dem Roland Koch (CDU) in Hessen regierte. Nun soll er Baden-Württembergs Ministerpräsident für die Landtagswahlen mehrheitsfähig machen.
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Regierung beschließt Gesetzentwurf: Härtere Strafen bei Widerstand gegen Polizisten
Das Bundeskabinett in Berlin hat beschlossen, dass Widerstand gegen Polizisten künftig härter bestraft werden kann. Einem Gesetzentwurf des Innenministeriums zufolge drohen bei einfachem Widerstand gegen Beamte nun bis zu drei Jahre Haft - statt bislang zwei. Widerstand gegen einen Polizisten liegt beispielsweise dann vor, wenn ein Demonstrant sich bei einer Festnahme aus dem Griff des Polizisten losreißt, ohne diesen zu verletzen.
Auch das Strafmaß für "Widerstand gegen die Vollstreckungsbeamte" wird erhöht!
DAS BEDEUTET:
Schon wenn sich ein Demonstrant bei seiner Festnahme aus dem Griff des Polizisten losreißt, ohne den Beamten zu verletzen, kann er mit drei (statt bisher zwei) Jahren Gefängnis bestraft werden.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberger*, hatte vor einer Eskalation der Gewalt im öffentlichen Raum gewarnt. Freiberger: "Die innere Sicherheit steht vor dem Kollaps!"
Die Demonstrationen rund um das Projekt "Stuttgart 21" und die Castor-Transporte hätten gezeigt, dass das Gewaltpotenzial in der Gesellschaft gestiegen sei. "Es mangelt an Respekt gegenüber den Polizeibeamten, ihnen schlägt Hass und Frust entgegen", sagte Freiberg.
* Konrad Freiberger - SPD-Mitglied
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Ein neues Einschüchterungsgesetz
Die Bundesregierung hat entschieden, die Strafen für Körperverletzung für „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ von zwei auf drei Jahre heraufzusetzen. Schon jetzt ist klar, wer sich davon beeindruckt zeigen könnte - und wer nicht.
Wenn Gewalt gegen Polizisten, wie behauptet wird, in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat, wenn sich also immer weniger Menschen durch angedrohte Strafen für Körperverletzungen von Gewalt gegen Polzisten abschrecken lassen – läge es dann nicht nahe, die Strafen für Körperverletzungen zu verschärfen? Nach der Innenministerkonferenz hat nun auch die Bundesregierung am Mittwoch einen anderen Weg gewählt: Verschärft werden nicht die Strafen für Körperverletzung, sondern für „Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte“ gem. § 113 Strafgesetzbuch (StGB), dessen Höchststrafe von zwei auf drei Jahre heraufgesetzt werden soll.
Der Gesetzentwurf, auf den sich das Bundeskabinett verständigt hat, ist ein Kompromiss. Vor allem in den Reihen der Union war die Einführung einer Höchststrafe von bis zu fünf Jahren gefordert worden, was jedoch insbesondere von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) abgelehnt hatte.
Kritiker bemängeln, damit werde der Schutz der Polizisten keineswegs verbessert. Kein Hooligan und kein Schläger aus dem „Schwarzen Block“ werde sich von einer höheren Strafandrohung besänftigen lassen. Es handele sich also um einen Fall von „Symbolpolitik“. Aber diese Kritik trifft nicht das Problem. Das geplante Gesetz ist keineswegs nur symbolisch, vielmehr ist es gefährlich.
Wer einen Polizisten tritt oder schlägt, wird wegen Körperverletzung (§ 223 StGB) mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft. Wer einen Polizisten mit einer Waffe angreift, macht sich wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar und hat maximal zehn Jahre Freiheitsstrafe zu erwarten. Die körperliche Unversehrtheit der Polizisten wird also vom Strafrecht geschützt wie die von jedermann. Relevant wird die Strafbarkeit von Widerstandshandlungen vor allem dann, wenn sich Polizisten bedroht oder beleidigt fühlen, Gewalt also nicht körperlich eingesetzt, sondern psychisch vermittelt wird und keine sichtbaren Spuren hinterlässt. Wer also wird sich von einer Anhebung der Höchststrafe beeindrucken lassen? Derjenige zum Beispiel, der eventuell selbst Opfer körperlicher polizeilicher Gewalt geworden ist und mit der Androhung einer Anzeige wegen Widerstands von Konsequenzen abgehalten werden soll. Das geplante Gesetz ist ein Einschüchterungsgesetz.
In der griechischen Antike gab es eine Zeit, in der der Sklave, der sonst für jeden Fluchtversuch hart bestraft wurde, straffrei ausging, wenn er in den heiligen Bereich des Thesion im Zentrum der Stadt, den Tempel des Gottes Hephaistos, floh und auch dort im religiösen Asyl ankam. Hephaistos wenigstens kannte Gnade für den armen Verfolgten, der nur seine Haut retten wollte.
Unser Strafrecht, das aus humanitären Gründen die Flucht vor der Strafverfolgung und auch die Flucht aus der Haft als solche für straffrei erklärt, kennt allerdings die Bestrafung wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, wenn sich jemand aus der Festnahme mit Gewalt losreißt, auch wenn er den Festnehmenden dabei nicht verletzt.
Der Grund für die Strafbarkeit ist nachvollziehbar, weil der Staat in solchen Fällen bereits die Gewalt über den Gewaltunterworfenen inne hat und das gewaltmäßige Entreißen für die Vollzugspersonen ein persönliches Riskiko darstellt, weil sie ja mit Gewalt dem Täter nachsetzen müssen. Sie dürfen ja sogar auf ihn schießen, selbst wenn damit die Gefahr schwerer Verletzung oder der Tötung verbunden ist. So ist die rechtliche Lage derzeit.
Aber warum in Gottes Namen musste das Kabinett gerade jetzt den Strafrahmen für diese Tat von zwei auf drei Jahre hochsetzen? Wieso hatte der Innenminister de Maizière - vielleicht geprägt durch die Erfahrungen im lockeren Umgang des Staates mit der Gewalt in der alten DDR? - sogar ein noch höheres Strafmaß von bis zu fünf Jahren Freiheitsentziehung für das bloße Losreißen gefordert? Kein Wunder, dass die früher als rechtsstaatlich denkend anerkannte Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger sich der maßlosen Überhöhung des Strafrahmens nach dem Willen Ihres Ministerkollegen widersetzt hat.
Aber die rechtsstaatliche Unschuld der FDP-Justizministerin hat dabei wieder einmal schweren Schaden genommen. Die Zeiten der Rechtsstaatspartei FDP sind endgültig vorbei. Kein Wunder, wenn dieser Verein bald in den Charts gar nicht mehr verzeichnet wird, wo er doch jetzt schon deutlich unter die 5-Prozent-Hürde gefallen ist.
Der bisherige Strafrahmen für eine solche Lappalie wie das Losreißen zum Zwecke der Flucht war doch schon überzogen!
Wohlgemerkt: der Strafrahmen von drei Jahren soll jetzt für das schlichte Losreißen ohne jede Folge und ohne jede konkrete Gefährdung des Festnehmenden gelten. Kommen erschwerende Umstände hinzu, gilt dann neu doch der Strafrahmen von fünf Jahren.
Wenn dann etwa ein neuer protestierender Joschka-Fischer-Verschnitt in einer Demonstration einen Gegenstand mit sich führt wie eine Flasche Bier oder Cola, mit der man ja schlagen und werfen kann, wird seine politische Karriere schon nach der ersten Demo, in der er seine Wut über den Polizeistaat ausdrückt, im Keim unterdrückt. Denn wer wählt schon einen Politiker, der wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt im Knast gesessen hat?!
Seit den Straftaten von Strauß, Kohl, von Lamsdorff und Kanter steht ja fest, dass man sich als Politiker durchaus strafbar verhalten darf und doch anerkannt bleibt. Nur wirklich sitzen darf man nicht. Beim Strafrahmen von über zwei Jahren Haft ist das aber leicht möglich, weil bei der Verurteilung zu mehr als zwei Jahren Haft eine Aussetzung der Freiheitsstrafe zur Bewährung nicht möglich ist!
Stuttgart 21 ist erkennbar der Hintergrund für diesen hochfahrenden Kabinettsbeschluss. Die Regierenden sind erschüttert, dass ihr eigenes Klientel gegen ihre Arroganz auf die Straße geht. Die braven Bürger, die auf einmal aufmucken und die unbedingte Macht der Repräsentanten über das Wahlvolk nicht mehr wahr haben wollen, sollen mit der Androhung schärferer Gesetze kusch gehalten werden. In Berlin diktiert die Angst der Politiker vor dem eigenen Volk die Gesetze.
Wenn da der Schuss mal nicht nach hinten losgeht!
Wie viele Bürger sind bei Demonstrationen nicht schon ohne eigenes Verschulden in gewaltmäßige Auseinandersetzungen mit der Polizei hinein gezogen worden, wie oft wurde Gewalt auch gegen Unbeteiligte ausgeübt! Wer solcher Gewalt dann nur die Gegenwehr entgegensetzt, die ausreichen soll, die Flucht zu ergreifen, ohne die Vertreter der Staatsgewalt zu verletzen, verdient doch Verständnis und keine Strafe!
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Ermittlungen gegen Schläger in Uniform
Bei der Staatsanwaltschaft sind mehrere hundert Anzeigen gegen Polizisten eingegangen, die am 30. September im Schlossgarten im Einsatz waren.
SPD lässt die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses scheitern
Ein Untersuchungsausschuss so kurz vor der Landtagswahl führe laut Parteichef Sigmar Gabriel nur zum Missbrauch. Diejenigen allerdings, die im Schlossgarten verletzt wurden, bestehen darauf. Sie vermuten politische Einflussnahme, also einen Anruf von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) bei der Einsatzleitung, als Ursache der unbotmäßigen Härte.
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Glasklare Beweise für geplante Übergriffe: Der 'blutige Donnerstag' war Absicht
Nun liegen glasklare Beweise vor: Merkel und Mappus, die ihr politisches Schicksal an "Stuttgart21" gebunden hatten, haben wirklich den "blutigen Donnerstag", wie dort inzwischen der 30. 9. 2010 genannt wird, genau so gewollt. Es ist bewiesen: Es gab keinerlei Provokationen oder Angriffe durch die Demonstranten, aber alles martialische Gerät der Polizei war bereits vor dem Eintreffen der Schülerdemonstration vor Ort.
Selbst die großbürgerliche "Financial Times Deutschland" musste das zugeben: "Die Proteste gegen den unterirdischen Bahnhof laufen vergleichsweise friedlich. Donnerstag vor einer Woche setzte die Polizei dennoch Wasserwerfer und Pfefferspray ein. Die Landesregierung begründete das damit, dass Pflastersteine aus der Menge geworfen worden wären. Später musste sie einräumen, dass es lediglich Kastanien waren. Eine Vorlage für die Spötter im Schlossgarten. Sie verkaufen nun Kastanien in Pralinentütchen mit der Aufschrift "Original Stuttgarter Pflastersteine"."
Dieses "You-Tube"-Video, das eigene Aufnahmen der Projekt-Gegner von vor der Aktion bringt, als die Wasserwerfer bereits im Schlossgarten waren, ebenso wie die Ansammlung von Pfeffer-Spray-Spritzflaschen und die martialisch ausgerüsteten Polizisten, belegt unwiderleglich, das war generalstabsmässig genau so geplant, wie es ablief.
Wenn die terroristischen Angriffe der Polizei auf friedliche Kinder, Bürger und Senioren an diesem Tag im Stuttgarter Schlossgarten Antworten auf Aggressionen der Demonstranten gewesen wären, wie konnten sie von diesen Aggressionen schon vorher wissen, da doch alle Demonstrationen friedlich gewesen waren? Bereits vor 11 Uhr, das war der Zeitpunkt, als die Schüler-Demonstration den Schlossgarten erreichten sollten, so belegt das Video, waren die Wasserwerfer im Schlosspark aufgestellt und die Polizeiknüppel lagen bereit.
Das Video belegt weiter, es gab einen genau planmäßig durchgeführte Vorgehens-Anweisung, der Zeitplan wurde minuziös durchgeführt und ging auf. Man wusste, man würde verletzte Jugendliche und Senioren haben und das war es , was man wollte.
Merkel und Mappus hatten beschlossen, dem gemeinen Volk zu zeigen, wer der Stärkere ist, zu zeigen, man habe keine Chance. Einschüchterung, Angst machen, Daumen drauf, das war das Motto. Oder in anderen Worten: "Und seid ihr nicht willig, dann brauch ich Gewalt!"
Nun, wenn man die bei weitem größte Demonstration in Stuttgart am nächsten Tag sah, so scheint das nicht funktioniert zu haben. Die Reaktionäre können sich einfach nicht vorstellen, dass ihre Macht begrenzt ist und wie leicht sie hinweggefegt werden, wenn das Volk aufwacht.
Soweit sind wir allerdings noch nicht, aber der Widerstand gegen 'Stuttgart21' ist ein Menetekel an der Wand des Palastes der Reaktionäre, das ihnen sagt, ihre Herrschaft wackelt bereits, daher auch die aufgeregten Reaktionen.
Dabei ist das unabhängig davon, ob das Reaktionäre der CDU/CSU, der SPD, der FDP oder der Grünen sind.
Wer, wie einige der Sprecher der Gegner von 'Stuttgart21', einfach meint, man müsse ja nur im März die Grünen wählen und dann hätte man eine Rot-Grüne (oder Grün-Rote) Koalition und alle Probleme seien ausgestanden, den sollte man daran erinnern, was die Rot-Grüne Koalition unter Schröder und Fischer in Deutschland angestellt hat. Sie war das absolute Desaster, weit schlimmer als alle Schwarz-Gelben vorher.
Und nun noch, als "Zuckerle" zusätzlich, was erst jetzt aufgedeckt wurde, hier als Meldung in "news25.de" vom 12. Oktober 2010:
"Beim brutalen Polizeieinsatz für das industrielle und städtebauliche Programm "Stuttgart 21" am 30. September im Stuttgarter Schloßgarten organisierten die Verantwortlichen und Befehlshabenden, Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU), Innenminister Heribert Rech (CDU), der Stuttgarter Polizeipräsidenten Siegfried Stumpf, sowie Einsatzleiter Winfried Ellinger offenbar willentlich, gezielt und illegal eine Eskalation der Lage. Durch Recherchen von Parkschützern und der Stuttgarter Jugendoffensive gelang mittlerweile der Nachweis, dass Polizisten einer "Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit" (BFE) - die später in Uniform brutal gegen Demonstranten vorgingen - vorher einen mit Polizei-Westen gekennzeichneten Trupp Schläger in Zivil stellten, die zu Anfang der Proteste im Park eintreffende Schüler körperlich attackierten und versuchten zur Gegengewalt zu provozieren."
Großes Kino mit Herrn Geißler
Der Schlichter für Stuttgart 21 taktiert, trickst und bleibt dabei gewohnt gelassen. Geißler kennt Stuttgart gut. Nun müht er sich, einen Unfall mit der Bahn in letzter Minute zu verhindern.
Nach Polizeieinsatz in Stuttgart: Demonstrant bleibt auf einem Auge blind
Das Foto von Dietrich Wagner mit blutigen Augenverletzungen, gestützt von zwei Helfern, war in den Medien zum Symbol für die Härte des Polizeieinsatzes geworden. Auf einem Auge könne der Rentner nicht sehen, sagte die Sprecherin. "Er wird auch keine Sehfähigkeit mehr erreichen". Auf dem anderen Auge kann er nach zwei Operationen Menschen grob erkennen. "Es gibt aber eine leise Hoffnung auf weitere Besserung." Außer Wagner liegt ein weiterer Demonstrant noch immer in der Klinik.
Konsequenzen? (Entschuldigung? Rücktritt? ...)
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Polizeieinsatz gegen Stuttgart 21-Demo zeigt erneut: Polizeikennzeichnung dringend notwendig
Von: Martina Kant Anlässlich des Polizeieinsatzes gegen die Proteste am 30. September 2010 in Stuttgart fordert die Humanistische Union die Innenminister des Bundes- und der Länder auf, sich für eine gesetzliche Normierung der Ausweis- und Kennzeichnungspflicht von Polizeibediensteten einzusetzen.
Bei der Räumung des Stuttgarter Schlossgartens durch die Polizei waren über 100 Demonstranten durch den Einsatz von Wasserwerfern, Schlagstöcken und Pfefferspray verletzt worden. "Die Übergriffe einzelner Polizisten können voraussichtlich wieder nicht aufgeklärt werden", beklagt Helga Lenz, Mitglied des Bundesvorstandes der Humanistischen Union. "Sei es, weil die Beamten durch Schutzkleidung oder Masken vermummt, also nicht identifizierbar waren, oder weil sich ihre Kollegen aus falsch verstandenem Corpsgeist oder Angst vor persönlichen Konsequenzen nicht trauen, einen Kollegen anzuzeigen."
In Deutschland gibt es bis heute keine generelle und für alle Bereiche der Polizeiarbeit verbindliche Kennzeichnungspflicht für Polizeibedienstete. Eine solche Kennzeichnung würde aber helfen, Polizisten im Falle rechtswidriger Übergriffe zu identifizieren und zur Verantwortung zu ziehen. Die Polizei ist mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet, die für Bürgerinnen und Bürger auch einen Eingriff in ihre Grundrechte bedeuten können, sie unterliegt jedoch nur unzureichenden Kontrollmechanismen. Die Nachprüfbarkeit der Ausübung von Polizeibefugnissen auf ihre Rechtmäßigkeit ist aber notwendige Voraussetzung für einen Rechtsstaat.
"Die Einführung einer adäquaten Kennzeichnungspflicht garantiert die individuelle Zuordnung staatlichen Handelns. Sie ermöglicht die Aufklärung und vermindert widerrechtliches Handeln einzelner Polizisten. Zudem trägt sie zur nachhaltigen Vertrauensbildung zwischen Bürgern und Polizei bei", erklärt Helga Lenz. "Gerade in Konfliktsituationen wie derzeit in Stuttgart, sollte es auch im Interesse der Polizei selbst liegen, den Bürgerinnen und Bürgern nicht als Teil einer anonymen Staatsmacht entgegenzutreten."
Die Kennzeichnung von Polizei- und Zollbeamten - mit Namen oder zum Beispiel mit eindeutig zuordenbaren Ziffern und Buchstaben - ist ein weiteres Instrument, um Transparenz und Kontrolle der Exekutive zu fördern, so wie auch ein Polizeibeauftragter in Bund und Ländern, dessen Einrichtung die Humanistische Union fordert.
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Quelle: Im Jahr des Großen Bruders. Orwells deutsche Wirklichkeit. von Hannes Schwenger
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Bahnhofbau in Stuttgart: Monopoly 21 - Die Strategie der Investoren
Die Immobilien sind wichtiger als der Bahnhof. So lässt sich die Haltung vieler Stuttgart-21-Investoren zusammenfassen. Welche wirtschaftlichen Interessen hinter dem umstrittenen Riesen-Projekt stecken.
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Untersuchungsausschuss für SPD nur letztes Mittel
Die SPD-Fraktion im Landtag will zunächst keinen Untersuchungsausschuss zum umstrittenen Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner im Schlossgarten am 30. September. Sie will die Ereignisse mit Hilfe eines Fragenkatalogs aufklären.
Die Grünen-Fraktion will einen Untersuchungsausschuss beantragen, kann diesen allerdings nicht alleine durchsetzen. Er kann nur auf Antrag von einem Viertel der Abgeordneten oder von zwei Fraktionen eingesetzt werden. Ohne SPD-Unterstützung wäre der Grünen-Antrag zum Scheitern verurteilt.
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Dieses Gleichsetzung von Projekten mit "Zukunftsfähigkeit" und erst recht die Floskel vom "Mitnehmen" klingen so, als stehe schon fest, wo die Wahrheit liegt. Der offensichtlich doch nicht so mündige Bürger muss dann zu ihr nur noch "mitgenommen" werden, denn er denkt ja nur an sich und nicht an die Zukunft, mit Angela Merkels Worten: "Wenn man nur an sich denkt und nicht an kommende Generationen, ist das ein Problem für unser Land." Auf die Bürgerin, den Bürger zu hören, fällt damit von vornherein aus, denn es wäre ja zum Schaden der "kommenden Generationen".
Welche Anmaßung gegenüber Menschen, die über eine sichere Zukunft anders denken als die Regierung!
Nicht nur verbal macht Bahnchef Rüdiger Grube im Streit um das Milliardenprojekt "Stuttgart 21" deutlich, wie er über einen Bau- und Vergabestopp als Bedingung für ein Schlichtungsgespräch denkt. Auch die Taten der Deutschen Bahn sprechen für sich. So hat sie jetzt, unmittelbar in den Tagen der Schlichtungsversuche von Heiner Geißler, zwei neue Aufträge für das Bahnprojekt ausgeschrieben.
Eine bewusste Provokation? "Da ich seit Tagen versuche, nicht weiter Öl ins Feuer zu gießen, will ich den Begriff der bewussten Provokation vermeiden", sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Werner Wölfle, auf taz-Anfrage.
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BILD: Kein Baustopp! So denkt Stuttgart über Grubes Rede
CDU-Fraktionschef Alexander Kotz: Bei JA (Baustopp) gibt's aber auch Gestaltungsspielraum fürs Projekt.
Rechtssicherheit für Betrug, Korruption und Lobby?
Als Kritiker des Projektes Stuttgart 21 sollte man sich keine Illusionen machen. Die Argumente der Befürworter sind zwar sachlich schwach, aber dahinter steckt eine gut geschmierte Publicrelations-Maschinerie und die PR-Strategen arbeiten einigermaßen professionell. Das konnte ich am Wochenende in Gesprächen mit Menschen aus dem so genannten Bildungsbürgertum feststellen. Dort verfangen einige der ausgedachten und gestreuten Botschaften: es gehe um Zukunftsfähigkeit, es gehe um Zuverlässigkeit demokratisch gewonnener politischer Entscheidungen, um Rechtssicherheit und Verlässlichkeit... . Besonders der Hinweis auf die notwendige Rechtssicherheit bei demokratisch zu Stande gekommenen Entscheidungen verfängt in diesen Kreisen. Dieses Argument soll im folgenden durchgeprüft werden. Albrecht Müller
Ich liste zunächst in einem Teil I vier Botschaften der Strategen Pro Stuttgart 21 zusammen mit einigen neueren Belegen auf, kommentiere die Botschaften 1, 3 und 4 nur kurz und prüfe dann in Teil II vor allem die Botschaft 2, es gehe um Zuverlässigkeit und Rechtssicherheit.
Kommt alles auf den Tisch, wird publik, dass die nächsten Bäume im Schlossgarten laut Projektplan ohnehin erst im Herbst 2011 fallen sollten. Und dass der Abriss des Südflügels "rund 24 Monate nach Baubeginn, also frühestens im Frühjahr 2012, vorgesehen ist", wie Werner Wölfle erklärt, der Grünen-Fraktionschef im Rat der Stadt Stuttgart.
Kommt alles auf den Tisch, wird Stuttgart auch erfahren, dass Mappus einen neuen Grund hat, den Südflügel vorläufig zu erhalten: In dem fast hundert Jahre alten Gemäuer sind derzeit die Polizisten untergebracht, die die Bauarbeiten am Bahnhof schützen sollen. "Die Zeit des Mogelns ist jetzt vorbei", sagt Wölfle.
Als die Projektbeteiligten im April 2009 alle Verträge unterzeichneten, wurde der Bahnhofsumbau auf rund 3 Milliarden Euro taxiert. Doch schon im Verlauf des Jahres ermittelte die Bahn tatsächliche Baukosten von 4,9 Milliarden Euro. Es wäre das sichere Aus für Stuttgart 21 gewesen, nachdem die Landesregierung 4,5 Milliarden Euro als Obergrenze des Mammutprojekts definiert hatte. Also ließ Bahn-Chef Rüdiger Grube seine treuesten Leute noch einmal nachrechnen. Sie wurden fündig - und kalkulierten die Kosten auf 4,0878 Milliarden herunter.
Sparvorschläge existieren nur auf dem Papier
Zum einen wurden sie "ohne vertiefte Planung abgeschätzt", wie die Bahn in der Auflistung einräumt. Zum anderen sind "zur Realisierung dieser Punkte zum Teil die Zustimmung des Eisenbahnbundesamtes, der Architekten, der Projektplaner, der Bauherren und Gutachter notwendig".
Soll heißen: Für keine der Änderungen ist bislang eine Genehmigung erteilt worden.
"Nur die Lüge braucht die Stütze der Staatsgewalt, die Wahrheit steht von alleine aufrecht", steht auf dem kleinen Plakat, das Peter Martin in der Hand hält. Der 18-Jährige ist Schüler des Stuttgarter Mörike-Gymnasiums; er war vor einer Woche mit Freunden auf der Stuttgart-21-Demonstration, bei der es zur Eskalation kam. Eigentlich wollte er sein Plakat dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) zeigen, der gestern in die Schule kam, um dort mit Schülern über die Vorkommnisse zu sprechen. Doch Martin war einer der vielen Schüler, die nicht an der Diskussionsrunde teilnehmen konnten.
Mappus: Geben wir uns eine Chance, ins Gespräch zu kommen. Schaffen wir einen Rahmen dafür, dass der Dialog möglich wird und dass die Sachargumente wieder die Debatte bestimmen. Um dafür eine erste Brücke zu bauen, habe ich mich mit einigen Schülerinnen und Schülern getroffen, die in dervergangenen Woche im Schlossgarten mit dabei waren. Wir haben ein offenes und gutes Gespräch geführt. Meine Hand ist ausgestreckt zum Dialog, und ich erneuere meine Einladung an alle Projektkritiker zum Gespräch.
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Der Bahnhof, den niemand will und niemand braucht
Stuttgart 21 ist mehr als ein Bahnhof. Die baden-württembergische CDU und sogar Bundeskanzlerin Merkel haben bereits ihr Schicksal an das umstrittene Infrastrukturprojekt gekoppelt. Ob dies eine weise Entscheidung war, darf bezweifelt werden, da nahezu alle Sachargumente gegen den unterirdischen Bahnhofsneubau sprechen.
Gelingt es den Medien, das Dickicht zu lichten, wird S21 schon bald zum Fanal. Gelingt es den Befürwortern, die öffentliche Diskussion zu dominieren, wird S21 ebenfalls zum Fanal - aber erst mehr als zehn Jahre später, wenn der Bahnhof steht und nicht mehr zu leugnen sein wird, dass er eine gigantische Fehlplanung war. Dann sind Merkel und die regionalen Verantwortlichen aber bereits von der politischen Bühne verschwunden und ihre Nachfolger werden sich sicherlich der "brutalstmöglichen Aufklärung" verpflichten. Doch was sind eigentlich die Sachargumente, die gegen - oder auch für - S21 sprechen?
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Pressekonferenz der Jugenoffensive gegen Stuttgart 21
u.a mit Nachweis provozierender und brutaler Zivil/Polizisten sowie einer Stellungsnahme von Jugendlichen, die am 30. Sept. schwere Augenverletzungen erlitten
Projekt Frankfurt 21: Froh über den Verzicht
Die Bahn, die Stadt Frankfurt und das Land Hessen hatten Frankfurt 21 Mitte 1996 vorgestellt – 2002 ließ man das Milliardenprojekt wieder fallen. Im Römer erinnert man sich nur ungern an das vor acht Jahren aufgegebene Projekt Frankfurt 21
Wenn er die Fernsehbilder aus Stuttgart sieht, Wasserwerfer, blutende Demonstranten, fallende Bäume, dann will sich Helmut Heuser "einfach nicht vorstellen, dass das in Frankfurt so sein könnte". Der CDU-Fraktionschef im Römer weiß: "Sechs Monate vor einer Wahl braucht das kein Mensch." Am 27. März stehen nicht nur Kommunalwahlen in Frankfurt an, auch Landtagswahlen in Baden-Württemberg.
Heuser kann sich gut daran erinnern, dass es neben den Plänen für Stuttgart 21 auch Frankfurt 21 und München 21 gab. In allen drei Fällen ging es darum, den Hauptbahnhof der jeweiligen Großstadt unter die Erde zu legen - und das oberirdisch freiwerdende riesige Gelände städtebaulich neu zu nutzen, mit Wohnhäusern, Bürogebäuden Grün.
Filzvorwurf gegen Umweltministerin
Umweltministerin Gönner steht unter Druck, weil sie Mitglied in einer Stiftung des Projektentwicklers ECE ist. Denn der plant ein Einkaufszentrum auf einem Bahngelände in Stuttgart.
(ARD-) Presseclub, Nebelclub, Lügenclub?
Seit heute nun haben wir auch einen Journalisten-Striptease beim Presseclub, der ein Übriges dazu tun könnte, deutlich zu machen, warum die Bürger im Lande zunehmend Sturm laufen gegen ein System, das offenbar nur noch über ihre Köpfe hinweg zu arbeiten scheint. Zu vermelden ist eine weitere Lektion in der Kunst des Desinformation.
Chancen für S21-Gegner bei "50 Prozent" Der ehemalige Leiter des Design-Centers der Deutschen Bahn AG habe eine Botschaft aus dem Bahn-Tower in Frankfurt am Main erhalten. Die Gegner von "Stuttgart 21" hätten inzwischen eine Chance von 50 Prozent, das Projekt zu kippen.
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Samstagsdemo gegen Stuttgart 21: Kopf an Köpfchen
Auf der bislang größten Demonstration gegen Stuttgart 21 am Samstag fordern Zehntausende den Rücktritt von Baden-Württembergs Ministerpräsident Mappus (CDU).
Heiner Geißler zum Schlichter im Konflikt um Stuttgart 21 berufen
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Angenommen Geißler gelingt es, für eine Entspannung bei Stuttgart 21 zu sorgen: dann entspannt sich womöglich auch die Lage für die CDU in Baden- Württemberg, dann entspannt sich womöglich auch deren Verhältnis zu den Grünen wieder; dann könnte später die Schlichtung gar als Einstieg gelten in eine schwarz-grüne Koalition in Deutsch- Südwest. Das würde der CDU auf Bundesebene neue Wege weisen – und der alte Stratege Geißler könnte sich zufrieden die Hände reiben.
Stuttgart 21: 10 Mrd. Euro für 26 Minuten
Wir schreiben ein Jahr zwischen 2025 und 2030. Stuttgart 21 – die Umwandlung des Kopfbahnhofs in eine tiefergelegte Durchgangsstation – ist soeben mühevoll fertiggestellt. Man stelle sich vor, die Entscheider müssten eine Woche lang Bahn statt Dienstwagen fahren. Was könnten sie sehen? Die Fahrt in die slowakische Hauptstadt Bratislava ist 26 Minuten schneller. Das macht attraktive acht Stunden und 29 Minuten statt bislang acht Stunden, 55 Minuten – sofern das dreimalige Umsteigen klappt. Der erhoffte Stundentakt nach Paris bleibt ein Traum. Der Tiefbahnhof erweist sich als Nadelöhr, weil die unterstellten Soll-Haltezeiten von einer Minute im Regionalverkehr und 2,2 Minuten bei Fernzügen irreal sind. Am teuren Fernbahnhof des Flughafens fährt der ICE vorbei, so wie heute bereits an Köln/Bonn oder Düsseldorf. Die versprochene Erhöhung der Kaufkraft für die Region bleibt aus – Schieneninvestitionen entfalten nur in Limburg und Montabaur Wachstum, landesweit sind dies Nullsummenspiele. Mehr Regionalzüge fahren auch nicht, das Land kann sie wegen der Schuldenbremse nicht finanzieren.Nach der Eskalation im Schlossgarten vergangene Woche dämmert es vielen, dass Stuttgart 21 nicht durchzusetzen ist. Der geringe Nutzen des Vorhabens für den Verkehr ist nicht zu vermitteln. Daher wird nun die Staatsräson bemüht. So sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel kürzlich, ohne Festhalten an Stuttgart 21 könne sie nicht mehr nach Europa fahren, der griechische Kollege könnte ja sagen: “Wenn Deutschland vor Protesten einknickt, kann ich den Stabilitätspakt zu Hause nicht verteidigen.”
Nach normalen demokratischen Spielregeln war Stuttgart 21 mehrfach tot. Doch im Gegensatz zu Frankfurt 21 oder München 21 wirken im Ländle reanimierende Kräfte. Jetzt sollen – nach 16 Jahren – alle Fakten auf den (runden) Tisch, man wolle versachlichen, heißt es. Das wäre zu begrüßen, ist aber Illusion. Es hat Gründe, Wirtschaftlichkeitsrechnungen und Risikoberichte wegzuschließen. Wären diese lesbar, wäre der Ausstieg Formsache. Bis 2013 lohnt er sich, noch kostet er maximal 500 Mio. Euro, das ist überschaubar im Vergleich zu 10 Mrd. Euro Baukosten.
Sept. 2003: Wir müssen über einen Systemwechsel nachdenken.
Juni 2005: Wir haben wahrlich keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und soziale Marktwirtschaft auf alle Ewigkeit.
Juli 2005: Wir müssen durch eine Grundgesetzänderung endlich den Weg frei machen für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren.
Sept. 2006: Die CDU hat seit Jahr und Tag dafür plädiert, dass an großen Plätzen genau solche Videoüberwachung eingesetzt wird. Wenn es die CDU nicht gegeben hätte, dann würden wir heute noch ne lange Diskussion mit SPD, Grünen und andern führen, darüber ob das nun notwendig ist oder nicht. Das sind aber Dinge, über die darf man nicht diskutieren, die muss man einfach machen.
Nov. 2006: Es ist wahr: Europa ist kein Christenklub. Aber wahr ist auch: Europa ist ein Grundwerteklub. Hier bei uns gelten Menschen- und Bürgerrechte. Diese Menschen- und Bürgerrechte beruhen bei uns ganz wesentlich auf dem Menschenbild des Christentums.
Landespolizeipräsident Wolf Hammann ist zur Pressekonferenz gekommen. "Es gibt auch andere Bilder, die wir Ihnen heute teilweise zeigen werden", sagt er. "Bilder von Aggressionen, die auch den Polizisten entgegengebracht wurden." Sie sollen die Diskussion darüber, ob der Einsatz der Polizei am Donnerstag angemessen war, in eine neue Richtung lenken.
Von den Bildern wird viel abhängen. Der Inspekteur Dieter Schneider kommentiert sie. Er stellt sich neben den Videobeamer, seine Worte sollen den ruckeligen Szenen den gewünschten Sinn zuweisen. Die erste Sequenz zeigt Szenen vor der Eskalation: Jugendliche klettern auf den Polizeilastwagen und besetzen diesen. Zu hören ist in diesem Moment eine Durchsage: "Bitte sofort runterkommen, Sie gefährden sich auf dem Lkw." Die Polizei warnt, dass sie den Wasserwerfer einsetzen würde, falls die Demonstranten der Aufforderung nicht nachkommen sollten. Die Szene wurde um 11.15 Uhr gedreht – vor Ort waren während des Großeinsatzes zahlreiche Polizisten mit Videokameras. Die Polizei hat 80 Stunden Material ausgewertet.
Das nächste Video zeigt, wie sehr sich die Stimmung zwischen Polizisten und Demonstranten aufschaukelte. Es ist 12.39 Uhr – zu sehen sind Rangeleien zwischen beiden Parteien, die Wasserwerfer sind zu diesem Zeitpunkt bereits zum Einsatz gekommen. Es spielen sich tumultartige Szenen ab, Vuvuzelas bilden das Hintergrundrauschen. Kleine Gegenstände fliegen durch die Luft. "Hier kommt ein Steinwurf", sagt Schneider, um sich umgehend zu korrigieren: "Pardon, Kastanienwurf."
3. Okt. 2010 - 20 Jahre Deutsche Einheit: "Widerstandsrecht gegen Bahnhofsbau gibt es nicht"
Stuttgart 21 - Wer anderen einen Grube gräbt
Ex-Mercedes-Manager und Bahnchef Rüdiger Grube fasst es so zusammen: "Es gibt kein Recht auf Widerstand." Falsch. Es gibt sogar ein Recht, den Mann zu feuern, der so knapp und präzise dargelegt hat, dass er nicht in die demokratische Landschaft passt und auf keinen Fall einen Staatsbetrieb führen darf. Immerhin hat der "Stern" schlüssig dargelegt, dass es illegal war, die Bäume in Stuttgart zu fällen.
Dieter Reicherter, ehem. Richter am Landgericht Stuttgart: Einen derartigen Polizeieinsatz gegen friedliche Bürger kannte ich bislang nur durch Berichte aus China und anderen Diktaturen.
Die CDU und das "Stuttgart 21"-Projekt
Zwei Drittel der Stuttgarter lehnen inzwischen Stuttgart 21 ab. Und 54 Prozent im Land. Es müssen demnach auch "Menschen wie du und ich" darunter sein, wie selbst Mappus konzedierte. Bürger. Geborene CDU-Wähler. Sogar Gmünder.
Hopfenzitz ist keiner, der sich erst in den letzten Wochen und Monaten dem Protest angeschlossen hat. Dass er nicht mehr CDU wählen wird, war schon vor dem Aufmarsch der Staatsgewalt klar. Er ist Bundesbahnoberrat a.D., war Chef des Stuttgarter Hauptbahnhofs und hat sich als solcher seit der Geburt des Projekts Mitte der 1990er Jahre mit den Vor- und Nachteilen beschäftigt. Er kennt alle Argumente der Befürworter, ist aber selbst zu anderen Erkenntnissen gekommen.
Die wichtigsten: Ein Kopfbahnhof ist leistungsfähiger als der geplante Tiefbahnhof. Die Kosten werden nicht sieben sondern zehn bis zwölf Milliarden Euro betragen. 70 Prozent der Reisenden aus dem Norden steigen in Stuttgart aus, denen nutze eine beschleunigte Neubaustrecke nach München gar nichts. Und was die den Befürwortern so wichtige "Magistrale" Paris-Stuttgart-Bratislava angeht, versorgte er sich schon in den 1990ern mit Zahlen. Ergebnis: Im Jahr wurden zwei oder drei Tickets von Stuttgart nach Bratislava verkauft. "Kein Mensch wollte nach Bratislava."
Die Neubaustrecke? Brauche man. Der unterirdische Bahnhof aber ist für ihn ein "reines CDU-Immobilienprojekt", um innerstädtischen Bauraum zu gewinnen, beschlossen von einer Kleingruppe Parteifreunde, die nichts vom Bahnfahren verstehen und denen das auch herzlich egal ist. Die alles sagen und alles tun, um ihr Ding durchzuziehen.
Mehr als Hunderttausend
Auf der Freitagsdemo waren über 100.000 Menschen. Die Prügelorgien des Vortages konnten die Menschen nicht verschrecken. Die Politik des Gummiknüppels hat viele eher ermutigt, auf die Demo zu gehen und gegen S21 und die Polizeigewalt zu demonstrieren.
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Parkschützer Stuttgart: Aufgrund der katastrophalen Umstände der medizinischen Betreuung während der polizeilichen Ausschreitungen in der Nacht zum 1. Oktober haben wir soeben das folgende Schreiben an das Ordnungsamt der Stadt Stuttgart versandt.
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Polizeiwissenschaftler Thomas Feltes: Es spricht vieles dafür, dass bei diesem Einsatz von Anfang an keine Deeskalation geplant war, sondern eine harte Linie. Dass die Polizei gleich mit Wasserwerfern angerückt ist, war darauf angelegt, Stärke zu zeigen. Auch die Ausstattung der Einsatzkräfte spricht dafür: In eine friedliche Demonstration geht man nicht mit Vollschutz, sondern mit möglichst wenig Ausstattung, um Aggressionen erst gar nicht hochkommen zu lassen. Man hat das Gefühl, die Politik wollte diesen Konflikt.
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"Faschismus ist eine nach dem Führerprinzip organisiertes, nationalistisches antidemokratisches, rechtsradikales Herrschaftssystem in Italien." So steht's im Duden. Lässt man bei dem Wörtchen rechts das Anhängsel radikal weg, dann hat man die baden-württembergische Landesregierung ziemlich genau gedeutet. Konservativ kann man diese Politik nicht mehr nennen, denn Konservative sind im hohen Maße vernünftig und deshalb häufig Gegner von S21. Herr Mappus, der Totengräber der CDU, wendet sich gegen mich und meinesgleichen, gegen seine eigene Wählerschaft. Muss man eigentlich bis zur nächsten Wahl warten, bis zum März diese Ignoranz und Gemeinheit ertragen und erdulden? Wie wird man diesen Gewaltherrscher früher los?
Heribert Rech - Innenminister von Baden-Württemberg und Schirmherr der "Stiftung gegen Gewalt an Schulen": Wenn Kinder in die vorderste Linie gebracht werden von ihren Müttern, von ihren Vätern, wenn sie instrumentalisiert werden, wenn sich Mütter mit den Kindern der Polizei in den Weg stellen, dann müssen sie eben auch mit einfacher körperlicher Gewalt weggebracht werden.
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Schwarzer Donnerstag (30. Sept. 2010): Auf die Fresse Es kamen Vergleiche mit Zuständen im Iran auf, und einer bekam von einem Opa zu hören, daß das wie im 3. Reich sei, nur daß die SA nicht maskiert gewesen sei.